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Staatsschulden, Sparen und die Konjunktur

22.05.2010  |  Klaus Singer
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Dabei könnte es so schön werden: Der schwache Euro stützt die europäische, insbesondere die deutsche Exportindustrie, China ist einer der Hauptleidtragenden dieser Entwicklung. Das Land hat lange Zeit die eigene Währung an den auch noch bewusst schwach geredeten US-Dollar gekoppelt und wurde zur Fertigungszentrale der Welt. Jetzt erstarkt der Dollar, zusätzlich wird der Euro durch die Entwicklung in der EU seit Jahresbeginn geschwächt. Durch seine starke Exportindustrie könnte Deutschland zunehmend als sicherer Hafen innerhalb der EU angesehen werden und sich starker Kapitalströme erfreuen, die ins Land gehen. Mit steigenden Steuereinnahmen könnte Deutschland die eigenen maroden Staatsfinanzen und die anderer EU-Länder mitfinanzieren.

Das alles setzt aber voraus, dass der Euro sich irgendwo zwischen 1,25 und 1,15 stabilisiert. Hier wird auch grob sein fairer Wert gegenüber dem Dollar angesiedelt. Ein starker und schneller Einbruch könnte schwere Folgen für die Weltwirtschaft nach sich ziehen bis hin zu einer erneuten Weltwirtschafts-Krise. Und davon wäre Deutschland aufgrund seiner Exportabhängigkeit dann besonders betroffen, wie es auch im positiven Falle besonders profitieren würde. Deshalb reagieren die Märkte momentan besonders sensibel auf die Entwicklung des Außenwerts des Euro.

Euro/Dollar ist aktuell etwas aus der Gefahrenzone, sei es nun mit EZB-Intervention oder mittels einer Short-Squeeze. Es hat sich mittlerweile auf Sicht einiger Tage sogar ein Aufwärtskanal etabliert. Grundsätzliche Entwarnung gibt es aber noch nicht, insbesondere dann nicht, wenn das Gegacker in Brüssel und v.a. in Berlin so weitergeht wie in den vergangenen Tagen.

Zum Dauerthema Inflation und Deflation: Der amerikanische CPI fiel zum ersten Mal innerhalb der vergangenen zwölf Monate, die Kernrate kommt auf den kleinsten Jahreszuwachs seit 1966. Die deutschen Erzeugerpreise hingegen sind im April im Zuge höherer Preise von Vorleistungsgütern mit auf Jahressicht 0,6% gestiegen. Hier dürfte sich die Bewegung des Euro niederschlagen - in Dollar notierte Rohstoffe importieren Preisauftrieb. Ein heterogenes Bild dies- und jenseits des "Großen Teiches" und keine guten Nachrichten für alle Staatsschuldner.

Die Politik und Notenbanken werden weiterhin alles daran setzen, ein inflationäres Szenario anzuschieben. Es gelingt aber nur, wenn die Konjunktur anzieht, die Produktionskapazitäten ausgelastet werden, die privaten Einkommen steigen und die deflationären Effekte einer Entschuldung kompensiert werden können. Insofern sind nach wie vor Zweifel angebracht.

Die Indikatoren, insbesondere die Positionierung in Index-Optionen im S&P 500 (siehe Chart!), die Volumenverteilung (siehe Chart!) und der VIX-Verlauf (siehe Chart!) weisen jetzt allesamt noch bärisches Entwicklungs-Potenzial auf. Die bärische Ausrichtung in Index-Optionen war in den vergangenen Jahren nur kurz nach der Lehman-Pleite und in der ersten Hälfte Oktober 2008 stärker (um etwa 30%). Die Volumenverteilung meldet beschleunigte Distribution und starken Verkaufsdruck. Der VIX ist gestern mit Gap-up nach oben über den zuletzt erreichten Hochpunkt bei rund 40 ausgebrochen. Das nächste Ziel der Bewegung dürfte bei rund 53 liegen.

Schöpfen diese Indikatoren den bärischen Spielraum aus, ist im S&P 500 mindestens das 38er Retracement des Bull-Run zwischen März 2009 und April 2010 bei rund 1010 realistisch. Das wäre immer noch ein eher bullisches Auskommen. Das (neutrale) 50er Retracement liegt bei ~950 und fällt Mitte Juni zusammen mit einer wichtigen Abwärtslinie aus Oktober 2007. Der nächste Prüfstein, wie es weiter geht, liegt beim Tief aus Februar (EoD bei knapp 1060), also nicht weit unter dem gestrigen Schlusskurs des S&P 500 (siehe Chart!).

Die starke bärische Positionierung in Index-Optionen (auch: das gestrige "total PCR" an der CBOE zählt zu den Rekordwerten in den vergangenen 5 Jahren) legt natürlich den Grundstein für eine spätere scharfe Gegenbewegung: Das Potenzial einer Short-Squeeze steigt, ihre unmittelbare Entfaltung war bis Mitte der Woche nicht unwahrscheinlich. Aktuell gibt es solche Anzeichen noch nicht wieder.

Erwähnte Charts können über diesen Link eingesehen werden: www.timepatternanalysis.de


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de








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