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Einfach frei

11.05.2012  |  Presse
Wie ein völlig anderes ökonomisches Modell unsere Gesellschaft von Grund auf erneuern könnte

Stellen Sie sich vor, Sie gehen in den Supermarkt, um eine Flasche Mineralwasser zu kaufen und die Verkäuferin verlangt 20 Euro. Sie würden ihr den Vogel zeigen und einen anderen Laden aufsuchen. Nun stellen Sie sich vor, Sie sind seit Tagen in der Wüste unterwegs und kurz vorm Verdursten. Hinter der nächsten Düne steht ein Beduine und bietet Ihnen eine Flasche Wasser an. Wie viel würden Sie bezahlen? Vermutlich gäben Sie Ihr ganzes Vermögen hin, wenn Sie sicher wären, damit bis zur nächsten Oase zu kommen.

In diesem Gleichnis steckt die gesamte Essenz der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. Deren Vertreter gehen davon aus, dass ein Produkt keinen objektiven Wert hat, sondern dass der immer im Auge des Betrachters liegt. Soweit kann das jeder bei sich selbst überprüfen, es bedarf eigentlich keiner großen Erläuterung. Aber daraus ergeben sich eine ganze Reihe von Folgen, die so ziemlich allem widersprechen, was heutzutage an Hochschulen gelehrt und von "führenden" Ökonomen verbreitet wird.

Jetzt, in der Finanzkrise, erlebt die auch "Wiener Schule" genannte Philosophie eine Renaissance. Denn ihre Vertreter waren die Einzigen, welche sowohl die aktuelle als auch die 1929er-Finanzkrise vorausgesehen und eine logische Erklärung für deren Entstehung parat hatten. Als Begründer gilt Carl Menger (1840-1921), ein Wirtschaftsprofessor der Universität Wien, der, wie im Eingangsbeispiel erläutert, erkannte, dass der wirtschaftliche Wert eines Gutes nicht objektiv messbar ist, also den Waren keineswegs als inhärenter Bestandteil anhaftet, sondern alleine dem menschlichen Gehirn entspringt.

Der Ökonom Eugen Böhm von Bawerk (1851-1914) ergänzte Mengers Lehre durch die ebenfalls subjektivistische Kapitaltheorie, welche die Entstehung des Zinses erklärt: Der Zins ist der Preis dafür, dass derjenige, der Geld verleiht, auf gegenwärtigen Konsum verzichtet. Und dieser Zins hängt wiederum von den ganz persönlichen Einschätzungen des Einzelnen ab. Hier kommt der Wirtschaftswissenschaftler Ludwig von Mises (1881-1973) ins Spiel, der bereits 1912, also ein Jahr vor Gründung der amerikanischen Notenbank FED, in dem Werk "Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel" erklärte, warum ein staatliches Geldmonopol scheitern muss. Friedrich August von Hayek (1899-1992), Ökonom und Sozialphilosoph, präzisierte von Mises’ Theorie und erhielt dafür 1974 schließlich den Wirtschaftsnobelpreis.

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Die amerikanische Notenbank, kurz FED, gilt nicht nur unter Libertären als Ungeheuer


Letztendlich geht es darum: Da der Wert eines Gutes stets subjektiv ist, kann eine zentrale Planstelle den richtigen Preis dafür nicht ermitteln. Andernfalls, so Hayek, handle es sich um eine gefährliche "Anmaßung von Wissen", das ein Bürokrat oder Politiker gar nicht haben könne, denn dann müsste er für jeden einzelnen Tag und Bürger dessen Bedürfnisse und finanzielle Möglichkeiten kennen. Das aber ist unmöglich. Informationen sind immer ungleich verteilt, Ökonomen sprechen von Informationsasymmetrie. Sie führt dazu, dass Daten einer zentralen Planstelle nicht effizient genutzt werden können (Informationsineffizienz).

Heute erlässt die - nicht demokratisch gewählte - EU-Kommission bereits Gesetze für 500 Millionen Bürger (vgl. auch zeitgeist-Ausgabe 30). Jedes Gesetz schränkt deren Freiheit ein, Absprachen mit anderen zu treffen. Denn für freiwillige Vereinbarungen zwischen zwei Parteien braucht es keine Regel, außer jener: Keinem Dritten darf daraus ein Schaden entstehen. Das ist ganz einfach durch den Schutz von Freiheit, Leben und Eigentum jedes Einzelnen gewährleistet. Genau darauf soll sich der Staat nach den Vertretern der Österrei-chischen Schule beschränken.

Wenn es so schwierig ist, den Wert einer Ware herauszufinden, wie soll ein Wirtschaftssystem dann überhaupt funktionieren? So schwer es für eine Planstelle ist, so einfach ist es für den Einzelnen. Er hat im Laden eine schlichte Entscheidung zu treffen. Er sieht den Preis, weiß, wie viel Geld er zur Verfügung hat, und entscheidet, ob ihm das Produkt wert ist, was es kostet. Er muss nicht wissen, unter welchen Umständen und mit welchem Mitteleinsatz das Produkt produziert wurde, diejenigen Unternehmen, die es effizient produzieren und mit Gewinn verkaufen, überleben. Die Firmen, die das nicht tun, scheiden aus dem Wettbewerb aus. Wie von "unsichtbarer Hand" gesteuert, entsteht so auf geradezu wundersame Weise eine Ordnung, in der jeder im Verhältnis zu seinen subjektiven Bedürfnissen bestmöglich befriedigt wird. Der "Vater der Wirtschaftswissenschaften", Adam Smith (1723-1790), hatte dies schon im 18. Jahrhundert erkannt.




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