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Der Magier spricht

20.06.2010  |  Klaus Singer
- Seite 2 -
Angesichts dieser Zahlen bezeichnet die FAZ das 750-Mrd-Euro-Rettungspaket der Eurozone als das, was es ist (und als was wir hier die Rettung Griechenlands schon im April bezeichnet haben) - ein neues Banken-Rettungspaket.

Im spanischen Bankensystem könnte nach Einschätzung des stellvertretenden Gouverneurs der Banco de Espana ein Liquiditätsengpass drohen. Die EZB biete den Banken zwar eine Rettungsleine, dies könne aber nicht unbegrenzt fortgesetzt werden, sagte Javier Ariztegui. Hierfür macht er die "nicht funktionierenden Märkte" verantwortlich. Hören wir da nicht wieder das schrille Lied von der bösen Spekulation?

Auf dem gestrigen EU-Gipfel gestern wurde beschlossen, die Ergebnisse von Stress-Tests bei wichtigen europäischen Banken zu veröffentlichen. Dies wird als erforderlich angesehen, weil die Finanzmärkte begonnen haben, die Staatsschuldenkrise als Bankenkrise zu behandeln - wie wahr - siehe z.B. Verlauf des ETF "Estoxx50Banks" (siehe Chart!).

Die bisherige Strategie, Rettungsschirm, Bond-Kauf durch EZB und Sparpakete konnte die Finanzmärkte jedenfalls nicht beeindrucken (siehe z.B. die Bond-Spreads - siehe Chart!). Und ich bezweifle, ob das mit den Stress-Tests der Fall sein wird. Die Polit-Bürokratie in Europa verfolgt weiterhin die Hoffnungs-Strategie, dass die wirtschaftliche Erholung die Probleme im Bankensystem "von selbst" lösen wird. Damit aber könnte sie denselben Fehler wie im Japan der frühen 1990er Jahre machen, als genau diese Haltung die Erholung behindert hat. Die erforderlichen Maßnahmen, die aktive Neuordnung des Bankensystems, passierte in Japan schließlich auch - aber erst zehn jahre später. Und nicht zu vergessen: Japan bewegte sich in den 1990er Jahren in einem vergleichsweise soliden globalen Wirtschafts-Umfeld. Das ist heute nicht gegeben.

Die Finanzmärkte sehen, dass Solvenzrisiken einzelner Mitgliedsländer der Euro-Zone mit Liquiditätszufuhr bekämpft werden. Und sie befürchten, dass die Sparpakete die konjunkturelle Erholung behindern bis zunichte machen können. Irgendwelche Stress-Tests sind da bestenfalls uninteressant, im negativen Falle werden sie auch noch als Bestätigung dieser Befürchtungen genommen.

Und Nobelpreisträger Krugman warnt weiter vor europäischen Sparpaketen, insbesondere dem im Deutschland. Das führe zu einem schwachen Euro, von dem das Land perverserweise auch noch profitiere und die Konsequenzen in alle Welt exportiere. Er befürwortet jetzt offen einen Handelskrieg gegen China und Deutschland, weil beide Länder einen egozentrischen Kurs verfolgten.

Aber selbst solche schrillen Zwischenrufe können die Bullen nicht davon abhalten, zu den Aktienmärkten zurückzukehren. Der gegen Dollar steigende Euro gibt Rückenwind - eine Fortsetzung der Aufwärtsbewegung bis rund 1,25 ist drin, auch ein "Überschwinger" - hier liegt eine langfristig wichtige Widerstandszone, man könnte fast sagen "Wasserscheide". Dieses Chartgebiet wurde zur Jahreswende 2003/2004, im Herbst 2008 und im März 2009 getestet (siehe Chart!). Übergeordnet sollte man sich mit dem Gedanken einer numerischen Parität zwischen Dollar und Euro anfreunden. Auch dieser langfristige Chart lässt übrigens die über weite Strecken gegebene Synchronität zwischen S&P500 und Euro/Dollar erkennen.

Die sich festigende Aufwärtsbewegung bei Aktien wird gestützt durch das Bild der von mir verfolgten Marktindikatoren - sie zeigen nun ein per Saldo mäßig bullisches Bild (siehe Chart!).

Bei den von mir ausgewerteten Makrodaten liegt der Anteil der Indikatoren, die auf "Kontraktion" stehen, weiter bei 33%. In dieser Woche ist nun der Anteil der in Wirkung auf das BIP expansiv zu beurteilender Indikatoren ebenfalls auf 33% gestiegen. Neu zur Expansionsseite hinzugetreten ist der "Industrial Production Index" (siehe Chart!). Er ist seit Jul 2009 konsistent gestiegen (zuletzt vier Monate in Folge) und von der kfr Bewegung her kann abgeschätzt werden, dass die Aufwärtsrichtung noch anhält.

Damit rundet sich das Bild einer zögerlichen wirtschaftlichen Erholung ab. So viel lässt sich zumindest sagen: Sie ist noch nicht vorbei.

Immer wieder muss aber bei den Makrodaten auch beachtet werden: Der Basiseffekt der niedrigen y/y-Vergleichszahlen wirkt auf jeden Fall noch bis zur Jahresmitte. Damit ist die aktuelle Erholung hauptsächlich statistischer Art, kein Aufbruch zu neuen Ufern und schon gar nicht zu den Wachstumsraten der "nach 2003-Ära".

Erwähnte Charts können über diesen Link eingesehen werden: www.timepatternanalysis.de/comments/MB20100618.html


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de






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