US-Wirtschaft: Die Erholung ist eine Illusion - Interview mit John Williams
25.05.2012 | The Gold Report
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The Gold Report: Auf der Konferenz zogen Sie in Ihrer Präsentation dahingehend einen Vergleich zur Großen Depression. John Williams: Während der Großen Depression erreichte die geschätzte Arbeitslosenquote 1933 mit 25% ihren Höhepunkt. Das beinhaltete aber auch jene 27% der Bevölkerung, die auf Bauernhöfen lebten und arbeiteten. Heutzutage arbeiten weniger als 2% der Bevölkerung in landwirtschaftlichen Betrieben. Ein Vergleich der Arbeitslosenquoten im nicht-landwirtschaftlichen Bereich wäre in dieser Hinsicht also aussagekräftiger. Und in den 1930ern erreichte diese mit 35% ihren Höchststand. Da fehlen uns also immer noch einige Prozent.
The Gold Report: Welcher ist der präzisere Indikator: Die Beschäftigungszahlen oder das BIP?
John Williams: Die Beschäftigungsindikatoren - die Zahl abhängiger Beschäftigungsverhältnisse oder die Arbeitsplätze insgesamt - liegen weit unter ihren Höchstständen. In den letzten 10 Jahren hat es kein Stellenwachstum gegeben, trotz eines Bevölkerungswachstums von 10%. Eine wirtschaftliche Erholung lässt sich anhand der Beschäftigungszahlen, die ein gleichlaufender Indikator sind, nicht ablesen. Hier finden wir ein präziseres Abbild dessen, was in der Wirtschaft passiert, und keines der rosigen Szenarien, die aus den BIP-Schätzungen stammen.
Ein anderer statistischer Indikator, der nicht an die Inflation gekoppelt ist, ist die Zahl der Baubeginne (housing starts) in den USA. Diesen Wirtschaftsbereich hat es wahrscheinlich am schwersten getroffen. Die Zahl der Neubauten erreichte 2006 ihren Höhepunkt. Sie fiel dann um ganze 75%, und fluktuiert dort. Sie stagniert derzeit auf beispiellos niedrigen Ständen.
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So auch das Verbrauchervertrauen. Es brach ein und fluktuiert auf niedrigem Niveau.
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The Gold Report: Das Verbrauchervertrauen hängt auch mit der Liquidität der Verbraucher zusammen. Inflationsbereinigt fehlt hier eine positive Einkommensentwicklung. Ihre Statistiken zeigen, dass der reale Wochendurchschnittsverdienst für nicht-leitende Angestellte im produzierenden Gewerbe im Vergleich zum ersten Quartal 2011 um 0,6% gesunken ist. Er hatte 1973 seinen Höchststand erreicht und befindet sich seither in einem stetigen Verfall. Wie wichtig sind die realen Einkommen und die damit verbundenen Konsumentenausgaben für eine wirtschaftliche Erholung?
John Williams: Ziemlich wichtig. Wir haben keine Erholung, weil die Verbraucher in Geldnot sind. Bei den Einkommen zeigt sich ein strukturelles Problem. Wir haben viele Arbeitsplätze ans Ausland verloren - in der Regel recht gut bezahlte Arbeitsplätze im Produktionssektor - wegen des stetig wachsenden US-Handelsdefizits.
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Die Durchschnittseinkünfte sind nicht nur auf individueller Ebene sinkend, auch die Einkommen der Haushalte sinken. Als die Einkommen in den 1970ern ihre Spitzenstände erreichten, war es durchaus normal, wenn nur eine Person im Haushalt arbeitete, in der Regel Männer, die Frauen blieben zu Hause und zogen die Kinder auf. Als die Einkommen der Einzelpersonen schneller sanken und nicht mehr mit der Inflation Schritt halten konnten, mussten in vielen Haushalten zwei Personen arbeiten, um über die Runden zu kommen.
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