Die Goldpreismanipulation
30.09.2003 | Dimitri Speck
-Seit Jahren kursieren am Goldmarkt Gerüchte, Finanzinstitutionen wie die Zentralbanken würden gegen einen Anstieg des Goldkurses intervenieren. Stimmen diese Vermutungen?-
Gravierende Einwände!
Verschiedene Gründe sprechen gegen die Existenz von Interventionen der Finanzinstitutionen zugunsten eines schwachen Goldkurses: Zum einen gibt es nicht wenige Anleger, die im Falle eigener Fehlentscheidungen einen Sündenbock suchen - Goldbullen können ihn leicht in den Zentralbanken mit ihren großen Goldbeständen finden, was das Auftreten der Gerüchte erklären würde. Zum anderen ist es eben dieser große Goldbestand der Zentralbanken, der Interventionen abwegig erscheinen läßt, da ein schwacher Goldpreis in ihrem unmittelbarem Interesse liegen würde. Zudem: Was ist Gold? Gold ist wie anderes Geld ein relativ leicht handhabbarer Wertspeicher. Im Unterschied zu Dollar oder Euro aber ist Gold nicht beliebig vermehrbar, und es ist unabhängig von einem Schuldner. Nun gab es aber in den letzten Jahren kaum Inflation, und es gab nur wenige Bankpleiten. Gerade in einem solchen Umfeld sollte Gold an Bedeutung verlieren - und somit auch für Interventionen uninteressant sein.
Kann es dennoch Interventionen geben?
Dennoch ist bei genauerem Hinsehen die Existenz von Interventionen gegen einen festen Goldpreis nicht völlig abwegig. So besitzen die Zentralbanken eine Goldmenge, die ein Vielfaches des Jahresverbrauchs beträgt, ein Kursdrücken wäre somit leicht möglich. Zudem hatten und haben viele Zentralbanken ihr Gold nicht zu Marktpreisen bilanziert, ein fallender Goldpreis hätte sich nicht negativ in ihren Bilanzen ausgewirkt. Es wäre auch nicht daß erste Mal, daß der Goldpreis gedrückt würde, denn schon in den Sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts versuchten sie, einen Anstieg zu verhindern. Daß sie es diesmal geheim tun, könnte eine der Lehren aus dem 87er-Krach sein, denn die Wirksamkeit von Interventionen ist höher, wenn die Markteilnehmer von ihnen keine Kenntnis erlangen. Bevor wir mögliche Motive untersuchen, wenden uns der Frage, ob Interventionen existieren, aus einem direkten Blickwinkel zu.
Auffälligkeiten im Kursverhalten
Dazu betrachten wir Kursauffälligkeiten, denn am Kursverhalten sollten sich Interventionen naturgemäß am ehesten äußern. So wunderten sich viele Anleger, daß das als Kriseninvestment geltende Gold von Finanzkrisen der Neunziger Jahre nicht profitierte, mitunter sogar fiel, als die Panikstimmung am größten war. Auch fiel auf, daß der Jahresschlußkurs von Gold in New York in den Jahren 1997, 1998 und 1999 jeweils fast genau 289 US-Dollar je Unze betrug, beinahe so, als gäbe es eine Art Preisvereinbarung aus buchhalterischen Gründen.
Ungewöhnliches Intradaymuster
Am auffälligsten aber ist das Intradayverhalten des Goldes. Häufig fällt der Kurs binnen weniger Minuten, und das bevorzugt zu den Handelszeiten der New Yorker Terminbörse Comex. Der nachfolgende saisonale Intradaychart verdeutlicht das Muster. Er stellt den durchschnittlichen Innertagesverlauf des Goldpreises der letzten fünf Jahre dar.
-Abbildung 1: Durchschnittlicher Intraday-Verlauf der letzten 5 Jahre-
Man erkennt deutlich, daß der Goldkurs während der New Yorker Sitzung tendenziell fällt. Dies kann darauf hinweisen, daß eine Kursdrückung in den USA organisiert ist, aber auch, daß jeder aufkommende Optimismus im Keim erstickt werden soll, um Käufer abzuschrecken. Zudem ist der Kurs zu psycholgischen wichtigen Zeiten (wie den Fixings und dem Tagesschlußkurs) gedrückt.
Wann begann die Anomalie?
Nun suchen wir den Beginn dieses Intradaymusters. Da keine weiter zurückreichende Zeitreihe mit minütlichen Kursen vorliegt, wird ein Verfahren auf Basis des Londoner Vormittagsfixings (AMFix) und des New Yorker Kassaschlußkurses (NYSchluß) verwendet. Wenn der Kurs vorwiegend in New York gedrückt wird, muß dies an den Kursbewegungen zwischen dem Vormittagsfixing und dem Schlußkurs in New York sichtbar sein. Somit entspricht die Kursentwicklung während der amerikanischen Handelszeit ('NY') weitgehend dem New Yorker Schlußkurs abzüglich dem Londoner Vormittagsfing (NY Schluß - AM Fix). Entsprechend läßt sich die Kursentwicklung während der übrigen Handelszeit ('übrige Welt') darstellen als Londoner Vormittagsfing abzüglich dem New Yorker Vortagesschluß (AM Fix - NY Vortagesschluß). Wir vergleichen nun die Kursentwicklung während der amerikanischen Handelszeit mit der während übrigen Handelszeit, indem wir den zweiten Ausdruck vom ersten abziehen: NY Schluß - AM Fix - (AM Fix - NY Vortagesschluß). Davon wird zu Glättungszwecken ein Durchschnitt über 125 Tage gebildet. Die obere Linie im nächsten Chart zeigt somit die örtliche Tendenz des Goldpreises: Sie befindet sich unter Null, wenn die Kursbewegungen in New York schwächer sind als die zu den übrigen Zeiten. Da Interventionen gegen einen steigenden Goldkurs bevorzugt in New York stattfinden, ist die Linie zugleich ein Maß der Drükung: Je tiefer sie liegt, desto stärker sind die Interventionen gegen einen steigenden Goldpreis. Die untere Linie zeigt den Goldpreis.
-Abbildung 2: Gold Kursbewegung NY versus übrige Welt-
Die obere Linie befindet sich seit dem 5. August 1993, dem Beginn der Interventionen gegen einen steigenden Goldpreis, dauerhaft unter Null. Besonders stark fällt sie - entsprechend intensiv sind die Interventionsbemühungen - nach Anstiegen des Goldkurses. So war es zu Beginn 1993, aber auch 1999 (als nach dem Washington Agreement (WAG) Gold sprunghaft stieg, weil die europäischen Notenbanken ihre Goldveräußerungen begrenzten), und nach einigen kleineren Anstiegen. Im Zuge des Goldanstiegs der letzten Jahre kam es zu einem Anstieg der Linie.
Gravierende Einwände!
Verschiedene Gründe sprechen gegen die Existenz von Interventionen der Finanzinstitutionen zugunsten eines schwachen Goldkurses: Zum einen gibt es nicht wenige Anleger, die im Falle eigener Fehlentscheidungen einen Sündenbock suchen - Goldbullen können ihn leicht in den Zentralbanken mit ihren großen Goldbeständen finden, was das Auftreten der Gerüchte erklären würde. Zum anderen ist es eben dieser große Goldbestand der Zentralbanken, der Interventionen abwegig erscheinen läßt, da ein schwacher Goldpreis in ihrem unmittelbarem Interesse liegen würde. Zudem: Was ist Gold? Gold ist wie anderes Geld ein relativ leicht handhabbarer Wertspeicher. Im Unterschied zu Dollar oder Euro aber ist Gold nicht beliebig vermehrbar, und es ist unabhängig von einem Schuldner. Nun gab es aber in den letzten Jahren kaum Inflation, und es gab nur wenige Bankpleiten. Gerade in einem solchen Umfeld sollte Gold an Bedeutung verlieren - und somit auch für Interventionen uninteressant sein.
Kann es dennoch Interventionen geben?
Dennoch ist bei genauerem Hinsehen die Existenz von Interventionen gegen einen festen Goldpreis nicht völlig abwegig. So besitzen die Zentralbanken eine Goldmenge, die ein Vielfaches des Jahresverbrauchs beträgt, ein Kursdrücken wäre somit leicht möglich. Zudem hatten und haben viele Zentralbanken ihr Gold nicht zu Marktpreisen bilanziert, ein fallender Goldpreis hätte sich nicht negativ in ihren Bilanzen ausgewirkt. Es wäre auch nicht daß erste Mal, daß der Goldpreis gedrückt würde, denn schon in den Sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts versuchten sie, einen Anstieg zu verhindern. Daß sie es diesmal geheim tun, könnte eine der Lehren aus dem 87er-Krach sein, denn die Wirksamkeit von Interventionen ist höher, wenn die Markteilnehmer von ihnen keine Kenntnis erlangen. Bevor wir mögliche Motive untersuchen, wenden uns der Frage, ob Interventionen existieren, aus einem direkten Blickwinkel zu.
Auffälligkeiten im Kursverhalten
Dazu betrachten wir Kursauffälligkeiten, denn am Kursverhalten sollten sich Interventionen naturgemäß am ehesten äußern. So wunderten sich viele Anleger, daß das als Kriseninvestment geltende Gold von Finanzkrisen der Neunziger Jahre nicht profitierte, mitunter sogar fiel, als die Panikstimmung am größten war. Auch fiel auf, daß der Jahresschlußkurs von Gold in New York in den Jahren 1997, 1998 und 1999 jeweils fast genau 289 US-Dollar je Unze betrug, beinahe so, als gäbe es eine Art Preisvereinbarung aus buchhalterischen Gründen.
Ungewöhnliches Intradaymuster
Am auffälligsten aber ist das Intradayverhalten des Goldes. Häufig fällt der Kurs binnen weniger Minuten, und das bevorzugt zu den Handelszeiten der New Yorker Terminbörse Comex. Der nachfolgende saisonale Intradaychart verdeutlicht das Muster. Er stellt den durchschnittlichen Innertagesverlauf des Goldpreises der letzten fünf Jahre dar.
-Abbildung 1: Durchschnittlicher Intraday-Verlauf der letzten 5 Jahre-
Man erkennt deutlich, daß der Goldkurs während der New Yorker Sitzung tendenziell fällt. Dies kann darauf hinweisen, daß eine Kursdrückung in den USA organisiert ist, aber auch, daß jeder aufkommende Optimismus im Keim erstickt werden soll, um Käufer abzuschrecken. Zudem ist der Kurs zu psycholgischen wichtigen Zeiten (wie den Fixings und dem Tagesschlußkurs) gedrückt.
Wann begann die Anomalie?
Nun suchen wir den Beginn dieses Intradaymusters. Da keine weiter zurückreichende Zeitreihe mit minütlichen Kursen vorliegt, wird ein Verfahren auf Basis des Londoner Vormittagsfixings (AMFix) und des New Yorker Kassaschlußkurses (NYSchluß) verwendet. Wenn der Kurs vorwiegend in New York gedrückt wird, muß dies an den Kursbewegungen zwischen dem Vormittagsfixing und dem Schlußkurs in New York sichtbar sein. Somit entspricht die Kursentwicklung während der amerikanischen Handelszeit ('NY') weitgehend dem New Yorker Schlußkurs abzüglich dem Londoner Vormittagsfing (NY Schluß - AM Fix). Entsprechend läßt sich die Kursentwicklung während der übrigen Handelszeit ('übrige Welt') darstellen als Londoner Vormittagsfing abzüglich dem New Yorker Vortagesschluß (AM Fix - NY Vortagesschluß). Wir vergleichen nun die Kursentwicklung während der amerikanischen Handelszeit mit der während übrigen Handelszeit, indem wir den zweiten Ausdruck vom ersten abziehen: NY Schluß - AM Fix - (AM Fix - NY Vortagesschluß). Davon wird zu Glättungszwecken ein Durchschnitt über 125 Tage gebildet. Die obere Linie im nächsten Chart zeigt somit die örtliche Tendenz des Goldpreises: Sie befindet sich unter Null, wenn die Kursbewegungen in New York schwächer sind als die zu den übrigen Zeiten. Da Interventionen gegen einen steigenden Goldkurs bevorzugt in New York stattfinden, ist die Linie zugleich ein Maß der Drükung: Je tiefer sie liegt, desto stärker sind die Interventionen gegen einen steigenden Goldpreis. Die untere Linie zeigt den Goldpreis.
-Abbildung 2: Gold Kursbewegung NY versus übrige Welt-
Die obere Linie befindet sich seit dem 5. August 1993, dem Beginn der Interventionen gegen einen steigenden Goldpreis, dauerhaft unter Null. Besonders stark fällt sie - entsprechend intensiv sind die Interventionsbemühungen - nach Anstiegen des Goldkurses. So war es zu Beginn 1993, aber auch 1999 (als nach dem Washington Agreement (WAG) Gold sprunghaft stieg, weil die europäischen Notenbanken ihre Goldveräußerungen begrenzten), und nach einigen kleineren Anstiegen. Im Zuge des Goldanstiegs der letzten Jahre kam es zu einem Anstieg der Linie.