Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Fiat - Fehler in allen Teilen

12.06.2012  |  Klaus Singer
- Seite 2 -
Insbesondere seit der Finanzkrise 2008 kommt hinzu, dass die Staaten in großem Stil kreditfinanzierte Bailouts für das Bankensystem betreiben. Und mittlerweile erstrecken sich Bailouts schon auf ganze Staaten (wohlgemerkt unter klarem Verstoß gegen europäische Verträge).

Damit nähert sich die staatliche Schuldenpolitik unaufhörlich dem "Minsky-Moment“, in dem die spekulative Finanzierungsblase platzt. Die Diagnose gilt für nahezu alle industrialisierten Länder und unabhängig von den besonderen Umständen der Eurokrise. Wie kommt man da wieder raus?

Austerität, das Mittel, das der IWF im Falle seines Eingreifens bei Krisen standardmäßig verabreicht, kann die Situation schnell verschlimmern und zu einer deflationären Spirale führen. Die Verschuldung zurückzuführen ist ein Mittel, das vor einer Finanzkrise vorausschauend eingesetzt werden muss. Aus den oben geschilderten Gründen "verzichtet“ man aber "gerne“ darauf. Ist die Krise bereits ausgebrochen und Gesamt-Nachfrage wie Kreditvergabe sinken, kann zusätzliches staatliches Sparen die Lage weiter verschlimmern.

Systemimmanent gedacht führt nur ein Weg aus dieser Situation heraus: Noch mehr Schulden machen. Die Bond-Märkte werden dies ab einem bestimmten Punkt nicht mehr mittragen, die Zinsen steigen auf untragbare Niveaus - siehe bei den PIIGS. Dann bleibt nur noch, dass die Notenbanken die Staatsschulden direkt oder indirekt finanzieren. Dies geschieht bereits, bei der Fed direkt über die QE-Programme und die "Operation Twist“, bei der EZB z.B. zuletzt indirekt über die LTROs.

Was nach der Theorie wünschenswerterweise folgen sollte, ist Inflation. Die lässt die Steuereinnahmen steigen, gleichzeitig sinkt der reale Wert der öffentlichen Schulden. Die Immobilienpreise steigen, das hilft notleidenden Hypotheken (z.B. in den USA), bzw. den Banken, die darauf sitzen. Die Hoffnung hierauf hatte bis vor kurzem z.B. den Hausbau-Index HGX in den USA bis auf 28% über den Stand vom Jahresanfang steigen lassen. Wenn mit den zusätzlichen Staatsschulden sinnvolle Infrastrukturprojekte finanziert werden, kann das die nominale BIP-Entwicklung positiv beeinflussen und so sogar die BIP-Schuldenquote stabilisieren und die Schuldenqualität verbessern.

Die langfristigen Folgen solcher Politik: Ordnungspolitisch ist sie eine Katastrophe, sie unterstützt "moral hazard“, neue, noch größere Spekulationsblasen sind die Folge. Marode, "systemrelevante“ Banken werden am Leben gehalten - es wäre langfristig billiger, sie sofort zu liquidieren.

Die "Märkte“ interessieren sich nicht für solche Argumente. Für sie steht im Zentrum, kurzfristige Gewinne zu erzielen. Womit, wodurch - Nebensache. Und ob das langfristig vielleicht kontraproduktiv ist - uninteressant.

Fragen wir, warum der Crack-up Boom, der nach Herbst 2008 eben mit genau den oben skizzierten Ideen los getreten wurde, nicht lange genug gehalten hat, um einen selbsttragenden Aufschwung herbeizuführen. Selbst in den USA, wo diese Ideen noch am konsequentesten verfolgt wurden, beginnt die Wirtschaft zu lahmen.

Eine Antwort gibt der folgende Chart. Die Situationen der frühen 1980er Jahre und die 2008ff sind hinsichtlich des Krisenauslösers recht gut vergleichbar. Wenn man die jährliche Entwicklung der Schuldenquote ("Debt/nomGDP y/y%chg“ im oberen Chart) verfolgt, wird deutlich, dass diese während der akuten Phase des Platzens der Schuldenblase ("Trough“) in den 80ern sogar noch anstieg und in der gesamten Folgezeit nicht negativ wurde - ganz im Gegensatz zu den zurückliegenden Jahren, als dieses Maß sogar absolut schrumpfte (bis auf minus 5%). Daraus lässt sich folgern, dass nach dem offenen Ausbruch der Finanzkrise nicht genügend Schulden gemacht wurden, um gemäß Beispiel aus den 80er Jahren den Folgen entgegenzuwirken.

Nicht vergleichbar sind die beiden Situationen aber hinsichtlich des absoluten Verschuldungsniveaus aller Wirtschafts-Sektoren zusammen („Debt“ im unteren Chart). Es beträgt heute in den USA rund 250% des BIP, damals lag es unter 100%. Auch wenn die Zinsen in den zurückliegenden 30 Jahren deutlich gefallen sind, ächzt die Volkswirtschaft unter der Zinseszins-Last der Alt-Schulden. Die Realwirtschaft wird extrem anfällig gegen künftige Unwägbarkeiten, steht auf keinem soliden Fundament mehr. Dass sie im langfristigen Vergleich seit den 1990er Jahren an Agilität verliert, lässt sich an vielen Makroindikatoren ablesen, u.a. auch daran, dass die Inflation nicht so richtig ins Laufen kommt.




Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"