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Hat der Euro eine Zukunft?

27.06.2012  |  Carsten Klude
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Aber warum sollte ein Transferunion - denn nichts anderes wäre eine dauerhafte Unterstützung Griechenlands durch die anderen Euro-Länder - nicht funktionieren? Schließlich zeigt der deutsche Länderfinanzausgleich doch, dass Transfers durchaus ein probates Mittel sind, um strukturelle Unterschiede in verschiedenen (Bundes)Ländern auszugleichen. Zwei Punkte bereiten uns hinsichtlich dieser Idee jedoch Kopfzerbrechen: Zum einen zeigen die deutschen Erfahrungen, dass die Haushaltsdefizite in den Empfängerländern zwar vermindert werden, notwendige strukturelle Anpassungen jedoch unterbleiben, weil keine Anreize vorhanden sind, um tiefgreifende wirtschaftliche Reformen auf den Weg zu bringen. Öffentliche Haushalte bleiben somit defizitär. Dies würde in Europa vermutlich nicht anders sein, es sei denn, man würde Transferzahlungen mit harten Auflagen verbinden, doch scheint dies politisch nicht durchsetzbar zu sein, wie die "Rettung" des spanischen Bankensektors jüngst gezeigt hat, die quasi ohne Auflagen von den Geberländern finanziert wurde.

Zum anderen ist es so, dass im deutschen Länderfinanzausgleich die großen Bundesländer (gemessen am Bruttoinlandsprodukt) Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, die in den Finanzausgleich einzahlen, gleichzeitig auch die finanzstarken sind - mit Ausnahme Nordrhein-Westfalens. In der Eurozone wären die Verhältnisse aber anders, denn hier müsste Deutschland mit seiner Finanzkraft nicht nur Länder wie Griechenland, Portugal oder Irland finanziell unterstützen, was angesichts der geringen Größe dieser drei Länder sogar funktionieren könnte (alle drei zusammen haben einen Anteil von rund 6,5% am BIP der Eurozone), sondern auch Italien und Spanien, also die dritt- und viertgrößte Volkswirtschaft in der Währungsunion. Dies dürfte Deutschland und auch Frankreich dauerhaft überfordern.

Und genau dies ist unserer Meinung nach der entscheidende Punkt, der die Zukunft des Euro bedroht: Es haben eben nicht nur einige wenige, kleine Länder der Eurozone ein Schuldenproblem, sondern fast alle Länder in der Eurozone haben gemessen an ihrer Wirtschaftskraft zu viele Schulden; darunter eben auch große Volkswirtschaften wie Italien und Spanien. Um das Schuldenproblem in den Griff zu bekommen und nicht weiter ausufern zu lassen, benötigt man jedoch Wachstum. Und genau dieses Wachstum fehlt. Zwar betonen mittlerweile fast alle europäischen Politiker, dass eine wachstumsfördernde Politik wieder mehr in den Vordergrund gerückt und nicht mehr "nur" gespart werden soll, doch was heißt das?

Wenn man ehrlich ist, betreibt die Politik doch mittlerweile seit fast 40 Jahren eine vermeintlich wachstumsfördernde Politik, indem sie nämlich mehr Geld ausgibt als einnimmt. Doch genau diese Politik hat in die Schuldensackgasse geführt, aus der es nun kein Herauskommen mehr zu geben scheint.

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Nehmen wir das Beispiel Italien. Italien hat mittlerweile eine Schuldenquote von 120% des Bruttoinlandsproduktes. Im Durchschnitt über alle ausgegebenen Staatsanleihen zahlt Italien hierfür ungefähr 4% Zinsen. Der aktuelle Refinanzierungszinssatz für 10-jährige Staatsanleihen beträgt derzeit knapp 6%, doch wirkt sich dies auf den Durchschnittszinssatz noch nicht dramatisch aus. Verglichen mit den Zinsen, die Italien in den 80er und 90er Jahren am Kapitalmarkt bezahlen musste, um sich frisches Geld zu besorgen, sind die heutigen Konditionen immer noch sehr generös, denn bis Mitte der 90er Jahre lag der Durchschnittszins bei rund 12%, wobei die Spannbreite zwischen gut 8% und mehr als 20% lag!

Insofern scheint die Behauptung, dass Italien bei den derzeitigen Konditionen auf eine Staatspleite zusteuert, geradezu abenteuerlich zu sein. Dennoch kann mit Hilfe einiger einfacher Überlegungen gezeigt werden, dass Italien sehr wohl nicht nur ein Liquiditäts-, sondern tatsächlich ein Solvenzproblem hat. Denn der entscheidende Unterschied zu den 80er und 90er Jahren ist der, dass Italien damals über ein ausreichendes nominales Wirtschaftswachstum verfügte, um sich die hohen Zinsen leisten zu können. Denn das hohe Wachstum führte zu genügend hohen Steuereinnahmen, mit denen die Zinsen und andere Ausgaben bezahlt werden konnten. Heute aber ist das Wachstum so schwach, dass damit selbst die im historischen Vergleich sehr niedrigen Zinsen nicht dauerhaft bezahlt werden können. Deswegen wird der Schuldenstand Italiens in den nächsten Jahren weiter ansteigen.

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