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Wann hat der Aktienmarkt seinen "Moment der Erkenntnis"?

26.08.2010  |  Steve Saville
Es folgt ein Auszug aus einem Kommentar, der ursprünglich am 19. August 2010 auf www.speculative-investor.com veröffentlicht wurde.

Während der letzten drei Monate verschlechterten sich die US-Wirtschaftsdaten und sie werden sich wahrscheinlich auch in den kommenden drei Monaten weiter verschlechtern, aber das ist nicht unbedingt ein Problem für den Aktienmarkt. Der Aktienmarkt versucht immer die Zukunft zu diskontieren, das heißt, dass wirtschaftliche Schwäche immer nur dann eine Gefahr ist, wenn sie noch nicht diskontiert wurde. Und deswegen kommt es schon Monate bevor die Wirtschaftdaten überhaupt Anzeichen auf Verbesserung widerspiegeln am Aktiemarkt zu einer nachhaltigen Aufwärtsbewegung.

In Fällen wie diesem liegt das jedoch weniger daran, dass der Aktienmarkt schon ganz präzise hinter die vorherrschende schwache Wirtschaftlage schauen und bessere Zeiten erblicken konnte, es liegt eher daran, dass viel zusätzliche wirtschaftliche Schwäche ohnehin schon in vorherrschenden Aktienpreise eingerechnet wurde. Erneute Hinweise auf eine sich verschlechternde Wirtschaftlage in den USA werden nur dann zum Problem für den Markt, wenn er von einem rosigeren Szenario ausgeht. Angenommen, die Wirtschaftsdaten werden schlechter ausfallen, so drängt sich hinsichtlich der wahrscheinlichen Reaktion des Aktienmarkts die folgende Frage auf: Wie viel zusätzliche wirtschaftliche Schwäche erwartet der Markt gerade?

Diese Frage lässt sich nur schwer beantworten, denn nur in Zeiten extremer Stimmungsindikatoren - extrem positiv oder negativ - treten die kurzfristigen Erwartungen am Markt überaus deutlich hervor. Zum aktuellen Zeitpunkt bewegen sich die Stimmungsindikatoren aber allgemein im neutralen Bereich.

Im vergangenen Monat waren die Managementabteilungen vieler US-Großunternehmen sehr vorsichtig in ihren Richtlinien und ihrer Orientierung geblieben, wenn Konferenzschaltungen mit Analysten und Investoren abgehalten wurden. Das hat zweifellos dazu beitragen können, dass die Erwartungen am Aktienmarkt sanken. Trotzdem besteht hier noch ein großer Unterschied zwischen der Annahme, das zukünftige Wachstum werde bescheiden ausfallen und der Annahme, zukünftige Wachstum werde es nicht geben oder nur negatives.

Wir denken, dass sich der Markt auf eine Zeit des langsamen Wachstums eingestellt hat, aber nicht auf eine Zeit der wirtschaftlichen Schrumpfung. Immerhin wird in den Mainstream-Finanzmedien viel darüber gesprochen, was die Fed tun kann oder wird, um die wirtschaftliche Erholung am Laufen zu halten. Sehr selten wird dabei die Möglichkeit erwähnt, dass die Wirtschaft schon wieder in die Rezession zurückgefallen ist oder sich nie von der Rezession der Jahre 2007-2009 befreien konnte. In der allgemeinen Darstellung werden schwache Wirtschaftsdaten so behandelt, als läge hier entweder eine Anomalie vor oder als ginge all das ausschließlich auf die Probleme des Immobiliensektors zurück; zudem wird viel über die "Erholung ohne wachsenden Arbeitsmarkt" diskutiert (als bestünde überhaupt die Möglichkeit, dass sich eine Wirtschaft in einer echten Erholungsphase befinden kann, ohne dass sich die Situation am Arbeitsmarkt verbessert). Wir gehen daher von Folgendem aus: Sollten die Wirtschaftsdaten nun auf eine Rezession verweisen, so würde der Aktienmarkt innerhalb kurzer Zeit mindestens 10% seines Wertes einbüßen.

Wie man den Überlegungen zu Beginn des Artikels entnehmen kann, wird die Verschlechterung der Wirtschaftdaten in den nächsten 3 Monaten wahrscheinlich vorüber sein. Es lässt sich jetzt unmöglich absehen, ob die Verschlechterung ausreichen wird, dass sich unter den Aktienmarktteilnehmern eine kritische Masse bildet, die der Überzeugung ist, dass sich die US-Wirtschaft in einer Rezession befindet oder wieder auf dem Weg dahin ist. Wir gehen aber davon aus, dass das Risiko extrem hoch ist, dass ein solcher Moment der Erkenntnis erreicht wird.


Diskrepanz zwischen Zinssätzen und Aktienpreisen

Wie eben angemerkt, könnte der Aktienmarkt einem Erkenntnismoment entgegenstreben. In diesem Fall ist damit also der Punkt gemeint, an dem der Markt aufhört, anhaltende Erholung zu diskontieren und stattdessen beginnt, die Rezession zu diskontieren. Der Rentenmarkt hat diesen Punkt allerdings schon vor wenigen Monaten erreicht - aktuell besteht also gewissermaßen eine Erwartungsdiskrepanz zwischen Aktien- und Rentenmarkt.

Die Erwartungsdiskrepanz zeigt sich im folgenden Chart-Vergleich des NASDAQ100 Index (NDX) und der Umlaufrendite von US-Staatanleihen mit fünfjähriger Laufzeit (T-Note, FVX). Dieser Chart tauchte auch in unserem wöchentlichen Update von 2. August auf, um Folgendes festzustellen: Obwohl der NDX Gewinne zu verzeichnen hat, deuten die weiterhin sinkenden Umlaufrenditen für Anleihen mit fünfjähriger Laufzeit darauf hin, dass der zwischenzeitliche Trend am Aktienmarkt nach wie vor nach unten zeigt. Seither hat sich der NDX nicht viel bewegt, aber die Umlaufrenditen der besagten Anleihen haben ihren Abwärtskurs nicht verlassen - und sie liegen jetzt so niedrig wie zum Rezessionstief Anfang 2009.

Wenn die Inflationserwartungen niedrig sind, tendieren die Zinssätze in Erwartung wirtschaftlicher Schwäche nach unten. Also: Entweder liegt der Rentenmarkt absolut falsch oder der Aktienmarkt wird bald zu einer Aufholjagd nach unten aufbrechen.

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© Steve Saville
www.speculative-investor.com



Regelmäßige Finanzmarktprognosen und -analysen stehen auf unserer Webseite www.speculative-investor.com zur Verfügung. Zurzeit bieten wir keine kostenlosen Probeabos an, aber Gratisbeispiele unserer Arbeit (Auszüge aus unseren regelmäßig erscheinenden Kommentaren) können Sie unter www.speculative-investor.com/new/freesamples.html abrufen.

Dieser Artikel wurde am 19. August 2010 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.




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