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Basel III, Banken-Stress und die große Unsicherheit

11.09.2010  |  Klaus Singer
Am Wochenende treffen sich die "Vorturner" der Finanzmärkte, die Chefs der Notenbanken und Aufsichtsbehörden, und beraten über "Basel III".

Es geht um neue globale Eigenkapitalstandards für Banken. Wie bitte - "global"? Die USA haben bis heute nicht einmal „Basel II“ umgesetzt. Aber vielleicht machen sie jetzt mit, auch Fed-Chef Bernanke wird in Basel erwartet.

Kommt es am Wochenende zum Konsens, so wird der auf dem G20-Teffen im November in Seoul zur Abstimmung vorgelegt.

Die deutschen Banken haben schon einmal reklamiert, dass bei Inkrafttreten der neuen Regeln eine Kreditklemme droht. Man benötigte etwa 100 Mrd. Euro an neuem Eigenkapital. Wenn das nicht beizubringen sei, müsste eben die Kreditvergabe gedrosselt werden. Dem widersprach Marting Blessing, Chef der Commerzbank, gestern. Nur Theaterdonner?

Die Einzelheiten von "Basel III" sind nicht veröffentlicht, aber die Richtung ist klar. Die Definition des aufsichtsrechtlich akzeptierten "Kernkapitals" wird deutlich strenger. Mischformen von Fremd- und Eigenkapital, aber auch Posten erwarteter Einnahmen werden zu deutlich kleineren Anteilen anrechenbar sein. Strenger wird auch die Berechnung der Risiken, dadurch steigen die Aktiva im globalen Schnitt um etwa 30%.

Der Zähler der regulatorischen Schlüsselquote (Kernkapital zu risikogewichteten Aktiva) schrumpft, der Nenner wächst. Gleichzeitig soll die Untergrenze dieser Quote heraufgesetzt werden und zwar auf 6% statt jetzt 4%. Hinzu soll ein Puffer von 3% für Krisenzeiten kommen. Der Basler Vorschlag enthält noch einen zusätzlichen "antizyklischen" Puffer von 3%, der in Boomzeiten aufgebaut werden soll. Damit käme man auf eine minimale Kernkapitalquote von 12% im Boom. In dieser Definition heißt "Boom" eine signifikante Abweichung des aktuellen Verhältnisses zwischen nationalem Kreditvolumen und BIP vom langfristigen Trend.

Für die Umsetzung der einzelnen Vorschriften gelten Übergangsfristen von bis zu acht Jahren.

Die Pläne gehen meiner Meinung in die richtige Richtung, wobei mal abgewartet werden sollte, wie stark sie noch verwässert werden und wie groß die Spielräume bei der nationalen Implementation sind. Ich vermute, es läuft darauf hinaus, dass sich hinter ein paar markigen Richtlinien so viele Fußnoten und Ausnahme-Regelungen verbergen, dass am Ende nicht viel übrig bleibt. Das mach die Banken-Systeme dann jedenfalls auch nicht sicherer.

Und selbst wenn die Regelungen so umgesetzt würden wie die Vorschläge jetzt lauten, dann sind da immer noch die Zentralbanken. Die bleiben (natürlich) unreguliert. Der Chefvolkswirt von Barclays Capital für Deutschland, Thorsten Polleit, sagt denn auch: "... Schuld an der Finanz- und Wirtschaftskrise ist in letzter Konsequenz nicht mangelnde Regulierung, sondern in der Konstruktion des Geldsystems zu finden." Die Hauptschuldigen sind für ihn die Zentralbanken, die für ein Ausweiten der Geldmenge „aus dem Nichts" per Kreditgewährung sorgten. Das führe unweigerlich zu Boom-und-Bust-Zyklen und zu einer immer weiter anwachsenden Schuldenlast.

Mit dem Thema "Basel III" verwandt ist das Thema "europäischer Banken Stress-Test". Damit hatte ich mich Ende Juli schon einmal im Artikel "Stress-Tests - alles in Butter oder alles Käse?" befasst. Anfang der Woche sorgte ein Bericht des WSJ für Aufregung. Er zweifelt an, dass dieser Stress-Test die Stabilität des europäischen Bankensystems gezeigt hätte. Vielmehr legt er nahe, dass kräftig "geschummelt" worden ist.

Der Bericht hat starke Diskrepanzen und Widersprüche aufgedeckt, die zweifeln lassen, ob die Banken ihre Bestände an Staatsanleihen insbesondere von PIIGS-Ländern korrekt angegeben und richtig bewertet haben. So besitzen die französischen Banken nach Zahlen der BIS (Zentralbank der Zentralbanken) z.B. spanische Staatsschulden im Volumen von 34,7 Mrd. Euro, während beim Stress-Test nur 6,6 Mrd. Euro auftauchten. Bei griechischen Schuldpapieren stehen 20 gegen 11,6 Mrd. Euro, bei portugiesischen 15,1 gegen 4,9 Mrd. Euro.

Ob "geschummelt", "gelogen" oder nur "geschludert" - die Stress-Test-Regeln selbst hatten schon eine Hintertür geöffnet, weil nur die Staatsanleihen in den Handelsbüchern bewertet wurden. Die Bestände, die bis zur Rückzahlung gehalten werden sollen, wurden erst gar nicht untersucht. Damit bleibt es bei "Stress-Test - alles Käse".

Gestern wurde gemeldet, dass die US-Handelsbilanz für Juli einen Wert von minus 42.800 Mrd. Dollar ausweist. Im Vormonat lag der Wert bei minus 49.800 Mrd. Dollar, ein großer Teil des starken Anstiegs im Juni ist damit wieder neutralisiert.

Die Reaktion der Märkte auf diese Veröffentlichung hin war bezeichnend: Zunächst stiegen Aktienkurse und Euro/Dollar. Nachdem die Akteure eine zeitlang nachgedacht hatten, ging es wieder umgekehrt.




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