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Das Gold der EZB: Zufall oder Strategie?

04.08.2012  |  Presse
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Die EZB bilanziert ihre Goldbestände zum Marktwert - d.h sie rechnet mit den am Markt herrschenden Goldpreisen. Von der Einführung des Euros bis zum Beginn der Finanzkrise verkaufte die EZB Gold. Seither haben sich die Goldbestände der EZB aber stabil gehalten. Um die Motivationsgründe der EZB zu verstehen, muss hinzugefügt werden, dass es sich bei den EZB-Goldbeständen eigentlich um die Goldbestände der Eurozone handelt. Zwar hält auch die EZB eine gewisse Menge Gold, doch der größte Teil des Goldes wird von den einzelnen Zentralbanken gehalten (wo genau sich diese Goldbestände aber befinden, soll hier nicht zur Diskussion stehen):

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Relevant ist aber, dass jedes Mitgliedsland der Eurozone seine Goldbestände nach eigener Maßgabe verwaltet. Deutschland hat internem politischen Druck widerstanden und seine Goldbestände nicht verkauft; die Gewinne aus den Verkäufen durch die Bundesbank hätten an den Staat abgeführt werden müssen. Wie die als streng geltende Bundesbank deutlich machte, hätte dies den Anschein gehabt, man wolle das Gold verkaufen, um das Haushaltsdefizit der Regierung mitzufinanzieren. Wie man sehen kann, verkaufte Italien überhaupt kein Gold. In Gegensatz dazu waren die Niederländer bis zur Finanzkrise recht eifrige Goldverkäufer; auch Portugal verkaufte offensiv Gold. Insgesamt zeigt sich aber, dass die Goldverkäufe nicht unbedingt mit dem finanziellen Zustand der Euro-Länder in Verbindung stehen, sondern wohl eher auf kulturelle Neigungen der betreffenden Nationen im Umgang mit Gold zurückzuführen sind.

Werfen wir jetzt einen Blick über den Atlantik, um zu sehen, ob die Goldstrategie der EZB den US-Dollar das Wasser abgräbt. Die Goldbestände der Fed werden mit 42,22 $ pro Feinunze bewertet. Im folgenden Chart werden die Goldbestände der Fed allerdings zum gängigen Marktpreis bewertet.

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Der oben abgebildete Chart beginnt im Jahr 2006, um den Zeitraum der Finanzkrise in den Fokus zu rücken. Die Fed druckte aggressiver Geld als die EZB. Daher zeichnet sich auch ein deutlicherer Rückgang des prozentualen Anteils der Goldbestände an der Gesamtaktiva der Fed ab. Es besteht auf jeden Fall kein ideales Verhältnis zwischen der Höhe der Bilanzsummen und dem Goldpreis, da auch andere Faktoren Angebot und Nachfrage des Edelmetalls bestimmen. Dennoch kann die Ausweitung des Angebots an Fiat-Geld (Dollar, Euro) dessen Wert verringern, wenn man diesen mit Sachanlagen wie Gold bemisst. Wir hatten die Fed in der Vergangenheit als den Champion unter den Gelddruckern bezeichnet (gemäß der prozentualen Ausweitung der Bilanzen seit August 2008), jetzt hat sich jedoch die Bank of England diesen Titel geschnappt. Aber wir schweifen ab.

Soweit wir das beurteilen können, hielten die Zentralbanken seit Beginn der Finanzkrise ihre Goldreserven gewissermaßen aus Angst zusammen. Abgesehen davon sehen wir keine Anhaltspunkte dafür, dass die Goldreserven der EZB mittels aktiver Strategie bei ca. 15% ihrer Gesamtreserven gehalten werden. Eher hat der vergleichsweise gemäßigte geldpolitische Ansatz der EZB dazu geführt, dass sich der prozentuale Anteil der Goldreserven relativ stabil gehalten hat. Das kann sich natürlich ändern: Am 26.Juli 2012 ließ EZB-Präsident Draghi beispielsweise verlauten, er werde "alles erdenklich Mögliche zur Rettung des Euros unternehmen“ (eine Interpretationsmöglichkeit wäre, dass in nächster Zeit wieder mehr Geld gedruckt wird). Bislang deuten zumindest die kulturell bedingt unterschiedlichen Herangehensweisen im Umgang mit der Finanzkrise (nach dem Motto - Europa: Austeriätspolitik, USA: Wachstum) darauf hin, dass der Euro langfristig besser abscheiden müsste als der US-Dollar - vorausgesetzt, dass sich das nicht von der Hand zu weisende Szenario schwerer Verwerfungen in Rahmen der Euro-Schuldenkrise nicht einstellt.

Vielleicht sollte man dabei immer im Hinterkopf behalten, dass einem deflationären Schock aus historischer Sicht meist mit Inflationierung begegnet wurde. Hätte man den Marktkräften freien Lauf gelassen, hätte sich die Kreditkrise von 2008 unserer Einschätzung nach zu einem großen deflationären Schock ausgeweitet. Der Kampf der politischen Entscheidungsträger gegen die Marktkräfte könnte letztendlich zur Inflation führen. Erst kürzlich wies Bernanke solch pessimistische Stimmen gelassen zurück. Aber wie die Charts oben zeigen, war und ist Gold ein sensibler - und man muss wohl auch sagen vernünftiger und sinnvoller - Indikator für die monetäre Kampfbereitschaft unserer Zentralbanker.


© Axel Merk
www.merkfunds.com



Dieser Artikel wurde am 31. Juli 2012 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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