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USA: Wachstumsbeschleunigung lässt auf sich warten

15.10.2010  |  Carsten Klude
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Weiterhin angespannt bleibt die Situation am Immobilienmarkt. Zwar deutet sich mittlerweile eine Bodenbildung bei den Wohnbaubeginnen und den Hausverkäufen an, allerdings ist die Preisentwicklung aufgrund der ausgelaufenen Steuererleichterung noch leicht rückläufig. Belastend wirkt sich auch aus, dass weiterhin viele Häuser zwangsversteigert werden, und der Bestand an zum Verkauf stehenden Häusern gemessen an den Verkaufszahlen auf einem relativ hohen Niveau bleibt. So würde es aktuell rund 12 Monate dauern bis der Immobilienbestand komplett verkauft wäre, im Durchschnitt der letzten Jahre wären es dagegen nur sechs Monate gewesen.

Unseres Erachtens dürfte der US-Immobilienmarkt noch für lange Zeit nicht mehr zur alten Höchstform auflaufen. Unterstellt man, dass am Immobilienmarkt wieder die durchschnittlichen Wachstumsraten der Boomjahre von 1995 bis zum Höchststand 2005 bzw. 2006 erreicht werden, würde es noch mehr als 10 Jahre dauern, bis die Hausverkäufe wieder das alte Niveau erreicht hätten und über 20 Jahre, bis die Baubeginne den alten Rekordstand erreichten. Solche Projektionen sind zwar mit erheblichen Unsicherheiten behaftet, sie zeigen aber, dass neue Rekorde kurzfristig unwahrscheinlich sind und der amerikanische Bausektor weiter unter Druck stehen dürfte.

Vor dem Hintergrund der abnehmenden Wachstumsdynamik in den USA, des angeschlagenen Arbeits- und Immobilienmarktes und des begrenzten Konsumpotenzials stellt sich die Frage, ob die US-Wirtschaft in Zukunft nicht vermehrt über den Außenhandel wachsen könnte.

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Grundsätzlich halten wir das für einen Weg, um das Wachstum in den USA zu stärken. Allerdings beträgt der Exportanteil am US-BIP nur etwas mehr als 12%, während die Ausfuhren in Deutschland einen Wert von über 45% am Bruttoinlandsprodukt erreichen. Steigen die Exporte an, hat dies daher nur vergleichbar geringe Auswirkungen auf das US-Wachstum. Um einen Prozentpunkt mehr Wachstum in den USA zu erzielen, müssten rund 8% mehr Güter und Dienstleistungen gegenüber dem Vorjahr exportiert werden (bei unveränderten Importen). Da aber die Importe in diesem Jahr stärker angestiegen sind als die Exporte, fällt der Wachstumsbeitrag des Außenhandels für die USA bisher negativ aus.

Die ökonomisch wirkungsvollere Strategie wäre daher, wenn mehr exportiert und weniger importiert würde. Die Bedingungen für die US-Exporte sind zuletzt besser geworden, weil der US-Dollar unter anderem gegenüber dem Euro an Wert verloren hat und Importe aus Europa damit teurer und Exporte nach Europa günstiger werden. Allerdings hat der Greenback trotz der zuletzt scharfen Abwertung gegenüber dem Euro seit Jahresbeginn immer noch leicht an Wert gewonnen.

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Während die USA im Handel mit Europa zuletzt wieder mehr Rückenwind bekommen haben, bleibt eine deutliche Unterstützung von der Währungsseite mit dem Handelspartner China bisher aus. Zwar hat China seine an den US-Dollar gekoppelte Währung seit Jahresbeginn um 2% aufwerten lassen, doch ist dies aus Sicht der amerikanischen Politik bei Weitem nicht ausreichend: Gefordert wird eine Aufwertung in der Größenordnung von 25% bis 40%, und zuletzt wurde der Druck auf die chinesische Regierung nochmals erhöht. So hat das US-Repräsentantenhaus jüngst ein Gesetz verabschiedet, mit dem Einfuhrzölle gegen chinesische Importe möglich werden. Die Zustimmung durch den Senat steht bisher allerdings noch aus und wird nicht mehr vor den Zwischenwahlen zum US-Kongress am 2. November erwartet. Die Gefahr eines "Währungskrieges" und gegenseitiger Handelsbeschränkungen hat damit zugenommen.

Sollte sich der Streit weiter verschärfen und würden tatsächlich Einfuhrzölle von den USA verhängt, müsste mit chinesischen Gegenmaßnahmen gerechnet werden. Dies hätte Nachteile für beide Länder zur Folge und sollte daher nicht in ihrem Interesse liegen. Doch auch wenn sich die USA durchsetzen können und China seine Währung tatsächlich signifikant aufwertet, wäre dies kein Allheilmittel für die US-Wirtschaft. Die Exporte nach China würden zwar profitieren, Importe aus China würden aber gleichzeitig teurer. Zudem profitieren auch die USA von der wirtschaftlichen Dynamik in den asiatischen Schwellenländern.

Wertet China seine Währung sehr stark auf, könnte der chinesische Exportsektor in Mitleidenschaft gezogen werden, was sich negativ auf das Wachstum in der ganzen Region auswirken würde. Unter ökonomischen Gesichtspunkten sollte daher allen Beteiligten an einer einvernehmlichen Lösung der Wechselkursstreitigkeiten gelegen sein. Wir gehen davon aus, dass bei dem G20-Gipfel am 11. und 12. November in Seoul Ansätze gefunden werden können, bei denen die Belange aller Länder berücksichtigt werden.


© Carsten Klude, Dr. Christian Jasperneite, Matthias Thiel
M.M.Warburg Investment Research

Quelle: Auszug aus "Konjunktur und Strategie" vom 07.10.2010



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