Leider dreht sich alles um die Zentralbanken
11.08.2012 | Steve Saville
Es folgt ein Auszug aus einem Kommentar, der ursprünglich am 05. August 2012 auf www.speculative-investor.com veröffentlicht wurde.
Vorläufig planen die großen Zentralbanken, keinen noch größeren Schaden anzurichten.
Wie zu erwarten war, unternahm die Federal Reserve letzte Woche nichts. Zurzeit hat sie nur Worte anzubieten. Nach dem Treffen ihres Offenmarktausschusses gab die Fed letzten Mittwoch folgende Stellungnahme ab: "Der Ausschuss wird die eingehenden Informationen zu wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklungen genau verfolgen und im Bedarfsfall zusätzliche Anpassungsmaßnahmen treffen." Hier wurden also nur Selbstverständlichkeiten wiederholt, da der "Ausschuss" ohnehin die ganze Zeit die neu eintreffenden ökonomischen Daten genau auswertet und im Bedarfsfall zusätzliche Anpassungsmaßnahmen trifft. Immerhin sind die sogenannten Anpassungsmaßnahmen, die von der Fed getroffen werden können, unbegrenzt.
In diesem Fall ist die Wahl des Wortes "Anpassungsmaßnahmen" (engl.: accommodations) eine ganz schlechte, fast schon orwellsche Wortwahl. Wenn die Fed an den Zinssätzen und am Geldangebot herumspielt, mit dem Ziel, die Wirtschaft "anzupassen", so richtet sie damit ökonomischen Schaden an. Je stärker sie sich an Anpassungsmaßnahmen versucht, desto ungenauer gestalten sich die Zinssätze oder andere Preissignale. Das wiederum führt zu einer steigenden Zahl von Fehlentscheidungen seitens der Unternehmer und Investoren. In normalen Zeiten würden diese Anpassungsmaßnahmen innerhalb weniger Jahre zu einem offensichtlichen "Preisinflationsproblem" führen. Wenn sie allerdings in einer Kontraktionsphase von Fremdkapital oder Schulden staatfindet (also in einer Phase, in der der Privatsektor allgemein gesprochen versucht, seine Bilanzen aufzuräumen), dann wirken die Anpassungsmaßnahmen diesem Korrekturprozess entgegen und verzögern den Beginn einer nachhaltigen Erholung.
Einen Tag nachdem die US-Zentralbank ihr Versprechen, im Bedarfsfall mehr zu unternehmen (allerdings nicht sofort), abgegeben hatte, wartete die Zentralbank der Eurozone mit genau derselben Botschaft auf. Die Entscheidung der EZB, ihre "Anpassungsmaßnahmen" nicht unmittelbar zu verstärken, kam aber überraschender als die gleichlautende Entscheidung der Fed. Denn erst eine Woche zuvor, hatte Mario Draghi die Märkte mit den Worten angeheizt, die EZB werde alles erdenklich Mögliche tun, um die Kreditkosten der finanziell angeschlagenen Staaten der Eurozone zu reduzieren und den Euro zu stützen. Aktuell bedeutet “alles erdenklich Mögliche tun” scheinbar, dass erst einmal nichts unternommen wird.
Für die EZB gestalten sich die Dinge allerdings ein wenig komplizierter als für die Fed. Die Fed kann im Grunde machen, was sie will, solange dadurch nicht in Konflikt mit den kurzfristigen Zielen der US-Regierung gerät. Die EZB kann hingegen die Staatsanleihen eines Eurozone-Mitglieds nicht stützen, ohne dabei ganz offensichtlich den Steuerzahlern anderer Euro-Länder zusätzliche Kosten aufzuerlegen. Die EZB steht daher häufig im Konfliktfeld zwischen den Zielen/ Wünschen verschiedener Regierungen.
Der aktuell beste Finanzstress-Indikator innerhalb der Eurozone ist die Rendite für 10-jährige Staatsanleihen des spanischen Staates (siehe Chart unten). Als am Ende des EZB-Treffens letzten Donnerstag keine unmittelbaren Maßnahmen beschlossen wurden, bewegte sich die Rendite der spanischen Staatsanleihen mit 10-Jähriger Laufzeit über die Marke von 7%. Dies sorgte in der Folge für sinkende Kurse beim Euro und an den meisten Aktienmärkten. Aus bestimmten (uns) unbekannten Gründen sank die Rendite dann am Freitag wieder unter 7%, was kräftige Aufwärtsbewegungen beim Euro und in den Aktienmarktindizes auslöste. Vielleicht hatte die EZB also doch interveniert.
Der Aktienmarkt und die Zentralbank
Sinkendes Wachstum oder verstärkte wirtschaftliche Kontraktion in Europa, den USA, China und vielen anderen Ländern der Welt lässt sich auf ganz reale Probleme zurückführen. Der Grund dafür ist nicht sinkendes Vertrauen. Folglich lässt sich der Trend der Wirtschaftsaktivität auch nicht durch vertrauensbildende Maßnahmen dauerhaft wieder umkehren. Führt die Vertrauensbildung schließlich soweit, dass die Probleme ausgeblendet werden, kommt es erneut zu unvernünftigen, unvorsichtigen Entscheidungen, was wiederum zur Zerstörung von noch mehr Vermögen und zur zusätzlichen Schwächung der Wirtschaft führt. Mit anderen Worten: Die Probleme, die das Wirtschaftswachstum belasten, werden nicht wie von Zauberhand verschwinden, wenn alle mit hochprozentigem "Glückssaft" geimpft werden oder jeder Besuch von der "Fee des Vertrauens" bekommt.
Zudem können die Probleme überhaupt nicht durch Geldschöpfung seitens der Zentralbanken verschwinden. Geld ist allgemeines Zahlungsmittel; die Manipulation des Geldangebots kann also nur zu einer Verzerrung der Preissignale führen, auf die eine Wirtschaft angewiesen ist. Wer die Preissignale verzerrt, ruft auch schlechte Entscheidungen und die Zerstörung realen Vermögens auf den Plan. Monetäre Inflation kann mitnichten als potentielle Lösung angesehen werden, sie ist vielmehr eine der bedeutendsten Ursachen der aktuellen Probleme.
So sieht die ökonomische Wirklichkeit aus. Eigentlich diktiert die ökonomische Wirklichkeit, was an der politischen Entscheidungsfront passieren MÜSSTE. Die Mischung aus Unwissen und skrupelloser Machtpolitik führt allerdings dazu, dass häufig ein großer Unterschied zwischen dem, was passierten sollte und dem, was passiert, entsteht. Die traurige Wahrheit ist, dass es in Zukunft gewiss viel mehr monetäre Inflation geben wird. Die Frage ist nur wann. Als Antwort könnte man vielleicht Folgendes anbieten: Innerhalb der nächsten zwei Monate wird die EZB inflationieren und auch die Fed, sollte der Aktienmarkt absacken oder die Vorquartalszahlen deutlich schwächer ausfallen.
In der Zwischenzeit werden wohl die Vermutungen bezüglich der Machenschaften der Zentralbanken die stärkste Triebkraft für die Entwicklungen am Aktienmarkt bleiben. Die Kursentwicklungen einzelner Unternehmen können zwar auch nach wie vor von unternehmensspezifischen Entwicklungen beeinflusst werden, doch der allgemeine Markt steigt oder fällt in Reaktion auf Änderungen in der Erwartungshaltung dahingehend, was die Zentralbanken machen werden und wann sie es machen werden. Die Aktienmärkte dienen also nicht mehr als Vehikel einer effizienten Kapitalzuteilung an Unternehmen. Heutzutage sind sie fast ausschließlich zu einem Spekulationsinstrument hinsichtlich der Entscheidungen einer kleinen Gruppe von offiziellen Preismanipulatoren geworden. Und das ist ein Grund, warum der Goldbullenmarkt noch weit von seinem Ende entfernt ist.
© Steve Saville
www.speculative-investor.com
Regelmäßige Finanzmarktprognosen und -analysen stehen auf unserer Webseite www.speculative-investor.com zur Verfügung. Zurzeit bieten wir keine kostenlosen Probeabos an, aber Gratisbeispiele unserer Arbeit (Auszüge aus unseren regelmäßig erscheinenden Kommentaren) können Sie unter www.speculative-investor.com/new/freesamples.html abrufen.
Dieser Artikel wurde am 06. August 2012 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.
Vorläufig planen die großen Zentralbanken, keinen noch größeren Schaden anzurichten.
Wie zu erwarten war, unternahm die Federal Reserve letzte Woche nichts. Zurzeit hat sie nur Worte anzubieten. Nach dem Treffen ihres Offenmarktausschusses gab die Fed letzten Mittwoch folgende Stellungnahme ab: "Der Ausschuss wird die eingehenden Informationen zu wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklungen genau verfolgen und im Bedarfsfall zusätzliche Anpassungsmaßnahmen treffen." Hier wurden also nur Selbstverständlichkeiten wiederholt, da der "Ausschuss" ohnehin die ganze Zeit die neu eintreffenden ökonomischen Daten genau auswertet und im Bedarfsfall zusätzliche Anpassungsmaßnahmen trifft. Immerhin sind die sogenannten Anpassungsmaßnahmen, die von der Fed getroffen werden können, unbegrenzt.
In diesem Fall ist die Wahl des Wortes "Anpassungsmaßnahmen" (engl.: accommodations) eine ganz schlechte, fast schon orwellsche Wortwahl. Wenn die Fed an den Zinssätzen und am Geldangebot herumspielt, mit dem Ziel, die Wirtschaft "anzupassen", so richtet sie damit ökonomischen Schaden an. Je stärker sie sich an Anpassungsmaßnahmen versucht, desto ungenauer gestalten sich die Zinssätze oder andere Preissignale. Das wiederum führt zu einer steigenden Zahl von Fehlentscheidungen seitens der Unternehmer und Investoren. In normalen Zeiten würden diese Anpassungsmaßnahmen innerhalb weniger Jahre zu einem offensichtlichen "Preisinflationsproblem" führen. Wenn sie allerdings in einer Kontraktionsphase von Fremdkapital oder Schulden staatfindet (also in einer Phase, in der der Privatsektor allgemein gesprochen versucht, seine Bilanzen aufzuräumen), dann wirken die Anpassungsmaßnahmen diesem Korrekturprozess entgegen und verzögern den Beginn einer nachhaltigen Erholung.
Einen Tag nachdem die US-Zentralbank ihr Versprechen, im Bedarfsfall mehr zu unternehmen (allerdings nicht sofort), abgegeben hatte, wartete die Zentralbank der Eurozone mit genau derselben Botschaft auf. Die Entscheidung der EZB, ihre "Anpassungsmaßnahmen" nicht unmittelbar zu verstärken, kam aber überraschender als die gleichlautende Entscheidung der Fed. Denn erst eine Woche zuvor, hatte Mario Draghi die Märkte mit den Worten angeheizt, die EZB werde alles erdenklich Mögliche tun, um die Kreditkosten der finanziell angeschlagenen Staaten der Eurozone zu reduzieren und den Euro zu stützen. Aktuell bedeutet “alles erdenklich Mögliche tun” scheinbar, dass erst einmal nichts unternommen wird.
Für die EZB gestalten sich die Dinge allerdings ein wenig komplizierter als für die Fed. Die Fed kann im Grunde machen, was sie will, solange dadurch nicht in Konflikt mit den kurzfristigen Zielen der US-Regierung gerät. Die EZB kann hingegen die Staatsanleihen eines Eurozone-Mitglieds nicht stützen, ohne dabei ganz offensichtlich den Steuerzahlern anderer Euro-Länder zusätzliche Kosten aufzuerlegen. Die EZB steht daher häufig im Konfliktfeld zwischen den Zielen/ Wünschen verschiedener Regierungen.
Der aktuell beste Finanzstress-Indikator innerhalb der Eurozone ist die Rendite für 10-jährige Staatsanleihen des spanischen Staates (siehe Chart unten). Als am Ende des EZB-Treffens letzten Donnerstag keine unmittelbaren Maßnahmen beschlossen wurden, bewegte sich die Rendite der spanischen Staatsanleihen mit 10-Jähriger Laufzeit über die Marke von 7%. Dies sorgte in der Folge für sinkende Kurse beim Euro und an den meisten Aktienmärkten. Aus bestimmten (uns) unbekannten Gründen sank die Rendite dann am Freitag wieder unter 7%, was kräftige Aufwärtsbewegungen beim Euro und in den Aktienmarktindizes auslöste. Vielleicht hatte die EZB also doch interveniert.
Der Aktienmarkt und die Zentralbank
Sinkendes Wachstum oder verstärkte wirtschaftliche Kontraktion in Europa, den USA, China und vielen anderen Ländern der Welt lässt sich auf ganz reale Probleme zurückführen. Der Grund dafür ist nicht sinkendes Vertrauen. Folglich lässt sich der Trend der Wirtschaftsaktivität auch nicht durch vertrauensbildende Maßnahmen dauerhaft wieder umkehren. Führt die Vertrauensbildung schließlich soweit, dass die Probleme ausgeblendet werden, kommt es erneut zu unvernünftigen, unvorsichtigen Entscheidungen, was wiederum zur Zerstörung von noch mehr Vermögen und zur zusätzlichen Schwächung der Wirtschaft führt. Mit anderen Worten: Die Probleme, die das Wirtschaftswachstum belasten, werden nicht wie von Zauberhand verschwinden, wenn alle mit hochprozentigem "Glückssaft" geimpft werden oder jeder Besuch von der "Fee des Vertrauens" bekommt.
Zudem können die Probleme überhaupt nicht durch Geldschöpfung seitens der Zentralbanken verschwinden. Geld ist allgemeines Zahlungsmittel; die Manipulation des Geldangebots kann also nur zu einer Verzerrung der Preissignale führen, auf die eine Wirtschaft angewiesen ist. Wer die Preissignale verzerrt, ruft auch schlechte Entscheidungen und die Zerstörung realen Vermögens auf den Plan. Monetäre Inflation kann mitnichten als potentielle Lösung angesehen werden, sie ist vielmehr eine der bedeutendsten Ursachen der aktuellen Probleme.
So sieht die ökonomische Wirklichkeit aus. Eigentlich diktiert die ökonomische Wirklichkeit, was an der politischen Entscheidungsfront passieren MÜSSTE. Die Mischung aus Unwissen und skrupelloser Machtpolitik führt allerdings dazu, dass häufig ein großer Unterschied zwischen dem, was passierten sollte und dem, was passiert, entsteht. Die traurige Wahrheit ist, dass es in Zukunft gewiss viel mehr monetäre Inflation geben wird. Die Frage ist nur wann. Als Antwort könnte man vielleicht Folgendes anbieten: Innerhalb der nächsten zwei Monate wird die EZB inflationieren und auch die Fed, sollte der Aktienmarkt absacken oder die Vorquartalszahlen deutlich schwächer ausfallen.
In der Zwischenzeit werden wohl die Vermutungen bezüglich der Machenschaften der Zentralbanken die stärkste Triebkraft für die Entwicklungen am Aktienmarkt bleiben. Die Kursentwicklungen einzelner Unternehmen können zwar auch nach wie vor von unternehmensspezifischen Entwicklungen beeinflusst werden, doch der allgemeine Markt steigt oder fällt in Reaktion auf Änderungen in der Erwartungshaltung dahingehend, was die Zentralbanken machen werden und wann sie es machen werden. Die Aktienmärkte dienen also nicht mehr als Vehikel einer effizienten Kapitalzuteilung an Unternehmen. Heutzutage sind sie fast ausschließlich zu einem Spekulationsinstrument hinsichtlich der Entscheidungen einer kleinen Gruppe von offiziellen Preismanipulatoren geworden. Und das ist ein Grund, warum der Goldbullenmarkt noch weit von seinem Ende entfernt ist.
© Steve Saville
www.speculative-investor.com
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Dieser Artikel wurde am 06. August 2012 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.