Im Gespräch mit James Turk: Abwertungswettlauf wird Mittelklasse zerstören
26.10.2010 | James Turk
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wf: Wenn Sie einmal aus dem Nähkästchen plaudern würden und das derzeitige Geschäftsumfeld analysierten, dass Sie gerade auf Basis der Kundennachfrage nach Edelmetallen bei Ihrem Unternehmen GoldMoney beobachten, wie würden Sie die momentane Situation dann am besten beschreiben?James Turk: Unser Geschäft entwickelt sich rasant, aber die Öffentlichkeit ist noch gar nicht involviert. Nur jetzt, da der Goldpreis ansteigt, beginnt die breite Öffentlichkeit der Entwicklung ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Die Leute sind verängstigt, dass der Goldpreis bereits zu hoch notiert, allerdings sollten sie stattdessen lieber darüber nachdenken, ob Gold einen guten Wert darstellt - woran sich weiterhin nichts geändert hat - und ob Gold ein nützliches Anlagegut ist - was es ist, da Gold die Funktion eines Sachwerts erfüllt und aus diesem Grunde keinerlei Ausfallrisiko durch eine Gegenpartei unterliegt. Und dieses Ausfallrisiko durch eine Gegenpartei ist gerade heute besonders hervor zu heben, weil die Finanzkrise nicht vorüber ist - viele Banken sind insolvent und viele Regierungen befinden sich im Wesentlichen im Stadium des Bankrotts. Wenn man physisches Gold und physisches Silber besitzt, muss sich niemand um all die geldpolitischen und finanziellen Probleme Sorgen machen, die die Weltwirtschaft plagen und fest im Griff halten.
wf: An den Märkten steigt die Angst rapide vor einem sich auf globaler Ebene forcierenden Protektionismus. Sind diese Befürchtungen berechtigt? Und wiederholt sich die Geschichte der 1930iger Jahre in unserer heutigen Zeit nicht doch?
James Turk: Absolut, diese Bedenken sind in der Tat gerechtfertigt. Es zeichnet sich deutlich ab, dass sowohl die Regierungen als auch die Zentralbanken die Kontrolle verloren haben. Eines der sich daraus ableitenden Resultate ist, dass jedermann auf das Schlimmste vorbereitet sein sollte. Wenn Sie in den 1930iger Jahren auf die Entwicklung vorbereitet gewesen wären, dann hätten sie überlebt. Die nächsten paar Jahre werden sich schlimmer entwickeln als die 1930iger Jahre.
wf: Sehen Sie eine Lösung im voran schreitenden Währungskrieg zwischen den USA, China, Japan und Europa? Es lässt sich zum Beispiel beobachten, dass die bisherigen Interventionen der japanischen Zentralbank an den Devisenmärkten doch schlichtweg keinerlei Erfolg gezeitigt haben.
James Turk: Den Strategien, den man auf globaler Ebene folgt, basieren auf den in die Sackgasse führenden ökonomischen Theorien von John Maynard Keynes. Es gibt eine ganze Menge an Promovierten und Nobelpreisgewinnern, die sich an dieser Theorie orientieren, so dass diese Befürworter alles zu tun bereit sind, was sie können, um diese verrückten Theorien zu einem Erfolg zu machen. Im Zuge dieses Prozesses werden sowohl Papierwährungen als auch letztendlich ganze Ökonomien zerstört werden.
wf: Wie hoch schätzen Sie das Risiko eines japanischen Staatsbankrotts ein? Die Ratingagenturen berufen sich darauf, dass 95 Prozent der ausstehenden Staatsschulden Japans von Inländern gehalten würden, was ein weiterhin erstklassiges Rating rechtfertige, obwohl die öffentliche Verschuldung bereits 200 Prozent des BIPs erreicht hat.
James Turk: In other words, after Iceland, Dubai and Greece you are asking which will be the next domino to fall. It could be Japan, but it could be Portugal, the UK, a dozen other countries or even the US. If they don’t change their policies, they will all be bankrupt soon.
wf: Ambrose Evans-Pritchard schrieb vor kurzem im Daily Telegraph unter Berufung auf einen ehemaligen Goldman Sachs Hedgefonds-Guru, dass die Fed insgesamt 30 Billionen $ in Form von QE-Maßnahmen abwerfen müsste, um die ausstehenden Schulden in einer Weise zu monetisieren, damit die deflationäre Kreditimplosion in den USA umgekehrt werden könne. Glauben Sie, dass es unter den einzelnen Mitgliedern der Zentralbank dafür eine Mehrheit geben könnte? Schließlich will die Fed schon jetzt nur noch US-Staatsanleihen und keine äußerst riskanten Hypothekenbonds mehr ankaufen.
James Turk: Ein deflationärer Bust? Die Rohstoffpreise befinden sich am Steigen. Es wird einen Bust geben, allerdings wird es ein inflationärer Bust sein. Tatsächlich wird dieser Zusammenbruch hyperinflationär ablaufen, was zumindest für den US-Dollar gilt.
wf: Wie sehen Sie die Probleme an den US-Hypothekenmärkten? Die meisten Kreditgeber mussten vor kurzem ihre Prozesse zu Zwangsversteigerungen stoppen, weil sie schlichtweg nicht die notwendigen Kreditdokumente für die vergebenen Hypotheken besitzen, die sie in Form von gebündelten Anleihen an Investoren rund um die Welt verkauft haben. Befindet sich der US-Immobilienmarkt bereits in einem erneuten Abschwung?
James Turk: Es ist ein sehr Ernst zu nehmendes Chaos. Es ist eine weitere selbst verschuldete Wunde, die sich die Banken selbst zugefügt haben. Es ist schwer zu sagen, wie sich diese ganze Sache entwickeln wird, allerdings scheint klar zu sein, dass die daraus resultierenden Konsequenzen nicht besonders schön sein werden.
wf: Was würden Sie unseren Lesern empfehlen, die bislang noch nicht ausreichend im Sektor der Edelmetalle investiert sind, sich jetzt jedoch engagieren wollen? Sollte sie auf eine Preiskorrektur warten oder besser jetzt auf den fahrenden Zug aufspringen?
J.T.: Sie sollten nicht warten. Sie sollten sich auch nicht ausschließlich auf die Preisentwicklung von Gold und Silber fokussieren. Anstelle dessen sollten sie im Auge behalten, ob Gold und Silber für sie einen Nutzen aufweisen, und zweitens, ob sie weiterhin eine gute Wertanlage darstellen. Wenn man unsicher ist, wann in den Markt einzusteigen ist, würde ich empfehlen, seine Investitionen in einer Weise der Durchschnittskosten zu tätigen. Wenn man zum Beispiel vor hat, €50.000 in Gold anzulegen, dann sollte man €10.000 an einem festgelegten Tag in fünf aufeinander folgenden Monaten nacheinander erwerben. Oder man investiert €25.000 an einem bestimmten Tag in zwei aufeinander folgenden Monaten oder wählt ganz einfach selbst eine Zeitperiode, die den individuellen Bedürfnissen am besten entspricht.
wf: James, es war schön, Sie abermals hier bei uns im Gespräch zu haben. Wir wünschen Ihnen alles Gute und möchten uns bei Ihnen bedanken.
J.T.: Ich bedanke mich bei Ihnen für die Möglichkeit, meine Gedanken mit Ihren Lesern zu teilen.
© Roman Baudzus
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