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Sagt die "Österreichische Schule" Inflation oder Deflation vorher?

25.08.2012  |  Steve Saville
Es folgt ein Auszug aus einem Kommentar, der ursprünglich am 19. August 2012 auf www.speculative-investor.com veröffentlicht wurde.

Die Antwort auf die in der Überschrift gestellte Frage lautet: Nein. Das heißt, dass die "Österreichische Wirtschaftsschule“ keine Vorhersagen darüber macht, ob die Zukunft inflationär oder deflationär sein wird. Aus diesem Grund prognostizieren die einen Anhänger der "Österreichischen“ Wirtschaftstheorie Inflation und andere wiederum Deflation. Wirtschaftstheorien können eine Vorstellung davon vermitteln, was passieren wird, falls bestimmte wirtschaftspolitische Maßnahmen zum Tragen kommen; sie sagen jedoch nichts darüber aus, was unabhängig von den politischen Optionen geschehen wird. Zur Erklärung wollen wir uns zwei berühmte Zitate von Ludwig von Mises, dem wichtigsten Ökonom der "Österreichischen“ Wirtschaftsschule, genauer anschauen.

Hier das erste Zitat:

"Es gibt keine Möglichkeit, den finalen Zusammenbruch eines Booms zu verhindern, der durch Kreditexpansion erzeugt wurde. Die einzige Alternative lautet: Entweder die Krise entsteht früher durch die freiwillige Beendigung einer Kreditexpansion - oder sie entsteht später als finale und totale Katastrophe für das betreffende Währungssystem.”

Der erste Satz dieses Zitats wird häufig aus seinem Zusammenhang gerissen, um zugunsten von deflationären Entwicklungen zu argumentieren. Für sich betrachtet, könnte dieser Satz dahingehend ausgelegt werden, dass einem kredit-basierten Boom unweigerlich eine deflationäre Phase folgen muss. Aber kein guter Ökonom, und schon gar nicht der größte Ökonom des vergangenen Jahrhunderts, würde jemals behaupten, dass Preisdeflation unausweichlich sei, ohne auch die Entwicklungen des Geldangebots in die Betrachtung einzubeziehen. Das wäre so, als würde man behaupten, das Gesetz von Angebot und Nachfrage würde für Geld nicht gelten. In der wirklichen Welt gibt es immer eine Verbindung zwischen dem Geldangebot und der Kaufkraft des Geldes. Auch wenn diese Verbindung komplex ist, so ist es immer möglich, die Kaufkraft des Geldes durch die Erhöhung des Geldangebots zu senken.

Der zweite Satz des Zitats liefert hierfür die notwenige Präzisierung und Klarstellung. Er sagt im Grunde aus, dass sich der Zusammenbruch eines durch starke Kreditexpansion erzeugten Booms auf zwei Arten vollziehen kann. Erstens durch vorsätzliche Beendigung der Kreditausweitung. Das würde im Allgemeinen dann passieren, wenn im Verlauf des Korrekturprozesses nichts oder nur sehr wenig unternommen wird. Und zweitens durch eine ununterbrochene Weiterführung der Kreditexpansion, um eine Krise abzuwenden. Das würde zur totalen Katastrophe im Wahrungssystem führen, d.h. die Währung würde ihren Wert voll und ganz verlieren.

Die erste dieser Möglichkeiten ist der deflationäre Weg. Die zweite ist der inflationäre Weg (monetäre Dauerinflationierung, die zu Hyperinflation führt, wodurch die Währung so entwertet wird, dass sie nicht mehr als Geld funktionieren kann). Wichtig ist allerdings, dass das Geld nur aufgrund von Inflation zerstört werden kann. Deflation macht das Geld wertvoller.

Die Fed beschreitet aktuell den inflationären Weg, aber auf diesem muss sie nicht bleiben. Ein Richtungswechsel ist möglich.

Kommen wir nun zum zweiten Zitat von Mises:

“Diese erste Phase des inflationären Prozesses kann viele Jahre andauern. In dieser Zeit haben sich die Preise vieler Güter und Dienstleistungen noch nicht den veränderten Geldverhältnissen angepasst. Einige Menschen im Land haben immer noch nicht erkannt, dass sich hier eine Preisrevolution vollzieht, die letztendlich zu einem deutlichen Ansteigen aller Preise führen wird, obgleich die unterschiedlichen Waren und Dienstleistungen nicht im gleichen Ausmaß steigen werden. Diese Menschen sind nun immer noch im Glauben, die Preise würden eines Tages auch wieder sinken. Im Warten auf diesen Tag schränken Sie ihr Kaufverhalten ein, wodurch ihre Geldbestände gleichzeitig anwachsen. Solange die öffentliche Meinung noch von solchen Vorstellungen geprägt ist, ist es noch nicht zu spät für die Regierung. Noch kann sie ihre inflationäre Politik aufgeben.

Doch dann wachen die Massen schließlich auf. Plötzlich wird ihnen klar, dass bewusst und vorsätzlich Inflationspolitik betrieben wird und dass sie kein Ende finden wird. Es kommt zum Zusammenbruch. Die Zeit der Katastrophenhausse ist gekommen. Jetzt ist jeder darauf bedacht, sein Geld schleunigst gegen "reale“ Güter einzutauschen, ganz gleich, ob er diese braucht oder nicht und ganz gleich, wie viel Geld er für sie bezahlen muss. Innerhalb sehr kurzer Zeit, innerhalb weniger Wochen oder gar Tage, werden die Dinge, die zuvor als Geld genutzt wurden, nicht mehr als Tauschmittel eingesetzt. Sie werden zu Altpapier, gegen das keiner mehr etwas eintauschen möchte.“

Im Wesentlichen heißt das also Folgendes: Betriebt man lange genug eine inflationäre Politik, wird ein psychologischer Umkipppunkt erreicht. Nachdem dieser Punkt überschritten wurde, bricht der Wert des Geldes ein, da die Menschen mit aller Macht versuchen, ihr gesamtes Geld gegen "reale“ Güter einzutauschen. Von Mises nennt diesen monetären Zusammenbruch "crack-up boom“ ("Katastrophenhausse“). Bis zum Erreichen dieses Punktes bleibt noch Zeit, die inflationäre Politik aufzugeben.

In den USA befinden wir uns heute eindeutig noch in der ersten Phase des inflationären Prozesses. Wird dieser Weg weiter beschritten, kommt es am Ende zur "Katastrophenhausse“; aber keiner weiß genau, wann dieses Ereignis eintreten wird (und die "Österreichische“ Wirtschaftstheorie versucht sich auch nicht an zeitlichen Prognosen). Bei einer Fortführung des aktuellen politischen Kurses kann der Zusammenbruch in 5 Jahren kommen, er könnte jedoch auch noch Jahrzehnte entfernt sein. Wir haben zudem immer noch die Hoffnung, dass die politischen Entscheidungsträger aufwachen und ihren Kurs ändern werden, bevor die Massen aufwachen und die Währung aufgeben.

Zumindest hilft uns die "Österreichische“ Wirtschaftstheorie dabei, zu verstehen, welchen Schaden monetäre Inflation anrichtet und wohin eine dauerhafte Inflationspolitik letztendlich führt. Sie hilft also, die Konsequenzen verschiedener politischer Optionen besser zu verstehen. Sie macht jedoch keine spezifischen Vorhersagen darüber, ob die kommenden Jahre von Inflation oder Deflation geprägt sein werden. Denn ob es Inflation geben wird (seit vielen Jahrzehnten hat es nichts anderes als Inflation gegeben) oder aber Deflation, hängt vom zukünftigen Verhalten der Regierungen und Zentralbanken ab. Ganz gleich wie man sie definiert, in der aktuellen Phase sind weder Inflation noch Deflation unausweichlich.


© Steve Saville
www.speculative-investor.com


Regelmäßige Finanzmarktprognosen und -analysen stehen auf unserer Webseite www.speculative-investor.com zur Verfügung. Zurzeit bieten wir keine kostenlosen Probeabos an, aber Gratisbeispiele unserer Arbeit (Auszüge aus unseren regelmäßig erscheinenden Kommentaren) können Sie unter www.speculative-investor.com/new/freesamples.html abrufen.

Dieser Artikel wurde am 21. August 2012 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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