Suche
 
Folgen Sie uns auf:

PIGS-Staaten: Eine unendliche Geschichte

25.11.2010  |  Carsten Klude
- Seite 2 -
Wollen Irland oder Portugal Hilfen beantragen, müssen sie den Europäischen Stabilisierungsmechanismus ("Euro-Rettungsschirm") in Anspruch nehmen. Der Rettungsschirm war von den Staaten der Eurozone konzipiert und beschlossen worden, nachdem die Hilfen an Griechenland nicht zur erhofften Beruhigung an den Kapitalmärkten geführt haben. Er hat ein Volumen von bis zu 750 Milliarden Euro und besteht aus drei Säulen: Den größten Anteil hat die so genannte Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF). Wird sie in Anspruch genommen, werden über eine Zweckgesellschaft Anleihen am Kapitalmarkt emittiert, die von den Mitgliedsstaaten garantiert werden. Die so aufgenommenen Mittel werden dann an das betreffende Mitgliedsland weitergereicht. Außerdem besteht der Rettungsschirm aus einem so genannten europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus.

Die Mittel für diesen Mechanismus stammen aus dem Gemeinschaftshaushalt der Europäischen Union. Damit ein Land den Euro-Rettungsschirm in Anspruch nehmen kann, muss der Ministerrat dem Hilfsantrag mit qualifizierter Mehrheit zustimmen. Die dritte Säule des Rettungsschirmes besteht aus Kreditlinien des Internationalen Währungsfonds. Die Laufzeit des Euro-Rettungsschirms ist bis Mitte 2013 begrenzt, derzeit wird über einen dauerhaften Krisenmechanismus verhandelt. Da bisher noch kein Mitgliedsland Hilfen aus dem Rettungsschirm beantragt und gewährt bekommen hat (die Zahlungen an Griechenland kommen nicht aus dem Euro-Rettungsschirm), gibt es noch keine Erfahrungswerte, ob die Hilfen tatsächlich unproblematisch und zeitnah gewährt werden. Wir rechnen zwar diesbezüglich nicht mit Schwierigkeiten, doch stellt dies aus Investorensicht ein Restrisiko dar.

Irland muss sich zwar bis Mitte 2011 nicht am Kapitalmarkt refinanzieren, dennoch nimmt der Druck auf das Land bereits heute zu, einen Hilfsantrag zu stellen. Dies erscheint vor allem deshalb sinnvoll, weil auch das Vertrauen in die Staatsfinanzen anderer Länder schwinden könnte. Weiten sich die Risikoaufschläge auf deren Anleihen in der Folge deutlich aus, wird die Refinanzierung teurer und belastet die Staatshaushalte zusätzlich. Ein Teufelskreis kann in Gang gesetzt werden. Nimmt Irland den Rettungsschirm in Anspruch, so das Kalkül, können die Ansteckungseffekte zumindest teilweise eingedämmt werden. Unseres Erachtens kann eine "vorzeitige Rettung" Irlands zwar dazu beitragen, etwas Ruhe an den Kapitalmarkt zurückzubringen. Doch erst eine glaubwürdige und nachhaltige Haushaltspolitik und sichtbare Erfolge bei der Rückführung der Staatsschulden werden dazu führen, dass die Risikoprämien für Staatsanleihen der PIGS-Staaten dauerhaft zurückgehen.

Auch wenn an einer Konsolidierung der Staatsschulden - nicht nur in den PIGS-Staaten – kein Weg vorbei führen wird, versprechen diese Maßnahmen politisch viel Ärger und ökonomisch zunächst kaum Linderung. Im Gegenteil: Der in der Regel gewählte Weg, Steuern zu erhöhen und Ausgaben zu senken, führt zuerst zu einem Rückgang der privaten und öffentlichen Nachfrage. Trotz der höheren Steuersätze und breiterer Bemessungsgrundlagen steigt das Steueraufkommen daher kaum an oder fällt sogar, und die Lücke zwischen Staatseinnahmen und -ausgaben erhöht sich zunächst noch oder kann nur langsam geschlossen werden.

Gleichzeitig leidet das Wirtschaftswachstum unter den Sparmaßnahmen, so dass der Anteil der Schulden an der Wirtschaftsleistung ebenfalls nur langsam zurückgeht.

Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, zu denen die Konsolidierung der Staatshaushalte führen kann, zeigen sich in den südeuropäischen Ländern und in Irland bereits deutlich. Ablesen lässt sich dies zum Beispiel an einem von uns entwickelten Wirtschaftsindikator, in den Früh- und Finanzmarktindikatoren sowie realwirtschaftliche Daten eingehen. So haben sich die südeuropäischen Staaten nach der Finanzkrise zunächst in einem ähnlichen Umfang erholt wie der Rest der Eurozone. Erst zum Jahresende 2009 zeigten sich bei dem Indikator Divergenzen in der wirtschaftlichen Entwicklung, und die südeuropäischen Staaten fielen wirtschaftlich hinter den Rest der Eurozone zurück.

Open in new window


Besonders die griechische Wirtschaft leidet unter den Sparmaßnahmen. Griechenland hatte als erstes Land in der Eurozone Finanzhilfen annehmen müssen und hat bisher die größten Anstrengungen unternommen, um den aus dem Ruder laufenden Staatshaushalt wieder zu stabilisieren. Bis sich die griechische Wirtschaft von den Nebenwirkungen der massiven Sparmaßnahmen erholt hat, dürfte noch einige Zeit vergehen: Nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds wird die griechische Wirtschaft in diesem Jahr um 4,0% und im nächsten Jahr noch einmal um 2,6% schrumpfen. Auch am Arbeitsmarkt hinterlassen die griechischen Sparbemühungen nachhaltige Spuren, und die Arbeitslosenquote dürfte von 11,8% in diesem Jahr auf rund 14,6% im nächsten Jahr steigen.




Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"