Lüge und Rechtsbruch - Bullische Stärke oder Ignoranz
28.11.2010 | Klaus Singer
Vor einigen Monaten wurden die europäischen Banken mit viel Tam-Tam einem Stress-Test unterzogen. Nur 7 von 91 Banken bestanden den Test damals nicht. Keine irische Bank war seinerzeit auf-, geschweige denn durchgefallen. Jetzt, nicht einmal vier Monate später, sollen einige von ihnen pleite sein.
Ich hatte mich Ende Juli mit dem Stress-Test im Artikel "Stress-Tests - alles in Butter oder alles Käse?" befasst. Die Aussage damals: Der Test war so konstruiert, dass das gute Ergebnis herauskommen musste. Als echter Härtetest konnte und kann er nicht gelten. Dass sein Verfallsdatum allerdings schon nach weniger als vier Monaten erreicht ist - wer hätte das gedacht.
Lügen haben eben kurze Beine! Als etwas anderes kann dieser Stress-Test ja wohl nicht bezeichnet werden. Und dem Betrug folgt ein weiterer Rechtsbruch: Europäische Steuerzahler werden für die Unterstützung von Banken und Staat auf der "Grünen Insel" herangezogen. Von 85 Mrd. Euro ist die Rede. "No Bailout" - so steht es in den Verträgen!
Dabei ist es gerade zwei Wochen her, da wollte Irland gar nicht gerettet werden. Bis Mitte 2011 würden keine neuen Kredite benötigt, hieß es damals aus dem früheren Spielkasino des europäischen Finanzkapitalismus (z.B. hatte die HRE hier Quartier bezogen!). Dann kamen die Polit-Bürokraten aus Brüssel und "überzeugten" die Iren, sich unter das Dach des aus Anlass der griechischen Staatspleite organisierten Rettungsfonds ESRF zu begeben.
Das irische BIP je Einwohner ist mit 37.000 Euro deutlich höher als das deutsche mit 27.000 Euro. Die Staatsverschuldung beträgt 77% des BIP (Deutschland 75%, Italien 118%, Griechenland 125%). Wo ist da das Problem? Selbst wenn man die anstehende Bankenrettung einbezieht, stiege die Staatsverschuldung in Irland "nur" auf 99%.
Es ist wie bei Griechenland. Die Rettung Irlands ist die Rettung der Banken, die Kredite an das Land ausgegeben haben. Deutsche Banken z.B. haben rund 100 Mrd. Euro ausgereicht, britische ebenso viel. Knapp 40% der deutschen Bank-Kredite gingen an Banken in Irland, nahezu der gesamte Rest an irische Unternehmen.
Ifo-Chef Sinn sagt dazu, die Irland-Krise ist nicht so dramatisch wie dargestellt. Von den angeblich in Irland im Feuer stehenden Forderungen deutscher Banken seien 100 Mrd. Euro Forderungen der Banken gegenüber ihren eigenen, in Irland sitzenden Zweckgesellschaften. Das Geld sei überall in der Welt unterwegs, mit den irischen Problemen hätte das wenig zu tun.
Die Banken haben mit der Finanzkrise und vor allem mit der Reaktion der Politik darauf gelernt, wie sie ihr Geschäftsrisiko auf Null reduzieren können. Eine willfährige Polit-Bürokratie sorgt rechtzeitig dafür, dass der Steuerzahler einspringt. Wie sagte Aufsichtsratschef Raettig von Morgan Stanley Deutschland: "Die Forderungen der deutschen Banken an Irland sind wichtig genug, um dem Land zu helfen."
Prinzipiell hat man ja Banken-seitig nichts gegen einen "Haircut", also einen teilweisen Ausfall bei notleidenden Anleihen. Nur jetzt passt es gerade überhaupt nicht, vielleicht 2013. So hat es die deutsche Bundesregierung vorgeschlagen. Bis dahin ist noch reichlich Zeit, zu überlegen, warum es dann auch nicht recht ist.
ifo-Chef Sinn hat dieser Tage die deutschen Banken kritisiert. Sie hätten in der Vergangenheit viel Geld aus Deutschland herausgeholt, sagte er in der ARD. "Die Spargelder wurden nicht in Deutschland dem Mittelstand gegeben oder den Häuslebauern, sondern wurden auf dem Wege über Zweckgesellschaften in Irland praktisch verzockt", sagte er. Es sei nicht in Ordnung, dass jetzt der Steuerzahler dafür gerade stehen muss.
W. Münchau schreibt, er sei immer mehr überzeugt, dass der Banken-Stress-Test ein Fall für eine strafrechtliche Untersuchung gegen europäische Institutionen ist, einschließlich Zentralbanken und nationalen Regulierungsbehörden. Die ganze Übung sei mit der Absicht entworfen worden, die breite Öffentlichkeit und Investoren über den wahren Zustand der Banken zu täuschen. Zumindest sei eine Flut von zivilrechtlichen Klagen von Investoren erwarten, die am Ende in der Krise Schuhe und Strümpfe verlieren.
"Längst hat die Finanzwelt die Politik fest im Griff." Das schreibt kein linkes Zentralorgan, sondern die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Es stimmt, ist aber auch nicht erst seit der Finanzkrise so. Es wird nur immer offensichtlicher.
Was richtig wäre? "Haircut" jetzt und sofort, statt Steuerzahler-Geld.
Finanzpolitisch bedeutet die permanente Bankenrettung, dass mit der Übernahme privater Schulden ganze Staaten(-Gemeinschaften) ins Desaster treiben. Ordnungspolitisch hebeln die staatlichen Eingriffe die Marktmechanismen immer weiter aus. Der Weg in die kapitalistische Planwirtschaft - das ist die fatalste Konsequenz überhaupt.
Ich hatte mich Ende Juli mit dem Stress-Test im Artikel "Stress-Tests - alles in Butter oder alles Käse?" befasst. Die Aussage damals: Der Test war so konstruiert, dass das gute Ergebnis herauskommen musste. Als echter Härtetest konnte und kann er nicht gelten. Dass sein Verfallsdatum allerdings schon nach weniger als vier Monaten erreicht ist - wer hätte das gedacht.
Lügen haben eben kurze Beine! Als etwas anderes kann dieser Stress-Test ja wohl nicht bezeichnet werden. Und dem Betrug folgt ein weiterer Rechtsbruch: Europäische Steuerzahler werden für die Unterstützung von Banken und Staat auf der "Grünen Insel" herangezogen. Von 85 Mrd. Euro ist die Rede. "No Bailout" - so steht es in den Verträgen!
Dabei ist es gerade zwei Wochen her, da wollte Irland gar nicht gerettet werden. Bis Mitte 2011 würden keine neuen Kredite benötigt, hieß es damals aus dem früheren Spielkasino des europäischen Finanzkapitalismus (z.B. hatte die HRE hier Quartier bezogen!). Dann kamen die Polit-Bürokraten aus Brüssel und "überzeugten" die Iren, sich unter das Dach des aus Anlass der griechischen Staatspleite organisierten Rettungsfonds ESRF zu begeben.
Das irische BIP je Einwohner ist mit 37.000 Euro deutlich höher als das deutsche mit 27.000 Euro. Die Staatsverschuldung beträgt 77% des BIP (Deutschland 75%, Italien 118%, Griechenland 125%). Wo ist da das Problem? Selbst wenn man die anstehende Bankenrettung einbezieht, stiege die Staatsverschuldung in Irland "nur" auf 99%.
Es ist wie bei Griechenland. Die Rettung Irlands ist die Rettung der Banken, die Kredite an das Land ausgegeben haben. Deutsche Banken z.B. haben rund 100 Mrd. Euro ausgereicht, britische ebenso viel. Knapp 40% der deutschen Bank-Kredite gingen an Banken in Irland, nahezu der gesamte Rest an irische Unternehmen.
Ifo-Chef Sinn sagt dazu, die Irland-Krise ist nicht so dramatisch wie dargestellt. Von den angeblich in Irland im Feuer stehenden Forderungen deutscher Banken seien 100 Mrd. Euro Forderungen der Banken gegenüber ihren eigenen, in Irland sitzenden Zweckgesellschaften. Das Geld sei überall in der Welt unterwegs, mit den irischen Problemen hätte das wenig zu tun.
Die Banken haben mit der Finanzkrise und vor allem mit der Reaktion der Politik darauf gelernt, wie sie ihr Geschäftsrisiko auf Null reduzieren können. Eine willfährige Polit-Bürokratie sorgt rechtzeitig dafür, dass der Steuerzahler einspringt. Wie sagte Aufsichtsratschef Raettig von Morgan Stanley Deutschland: "Die Forderungen der deutschen Banken an Irland sind wichtig genug, um dem Land zu helfen."
Prinzipiell hat man ja Banken-seitig nichts gegen einen "Haircut", also einen teilweisen Ausfall bei notleidenden Anleihen. Nur jetzt passt es gerade überhaupt nicht, vielleicht 2013. So hat es die deutsche Bundesregierung vorgeschlagen. Bis dahin ist noch reichlich Zeit, zu überlegen, warum es dann auch nicht recht ist.
ifo-Chef Sinn hat dieser Tage die deutschen Banken kritisiert. Sie hätten in der Vergangenheit viel Geld aus Deutschland herausgeholt, sagte er in der ARD. "Die Spargelder wurden nicht in Deutschland dem Mittelstand gegeben oder den Häuslebauern, sondern wurden auf dem Wege über Zweckgesellschaften in Irland praktisch verzockt", sagte er. Es sei nicht in Ordnung, dass jetzt der Steuerzahler dafür gerade stehen muss.
W. Münchau schreibt, er sei immer mehr überzeugt, dass der Banken-Stress-Test ein Fall für eine strafrechtliche Untersuchung gegen europäische Institutionen ist, einschließlich Zentralbanken und nationalen Regulierungsbehörden. Die ganze Übung sei mit der Absicht entworfen worden, die breite Öffentlichkeit und Investoren über den wahren Zustand der Banken zu täuschen. Zumindest sei eine Flut von zivilrechtlichen Klagen von Investoren erwarten, die am Ende in der Krise Schuhe und Strümpfe verlieren.
"Längst hat die Finanzwelt die Politik fest im Griff." Das schreibt kein linkes Zentralorgan, sondern die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Es stimmt, ist aber auch nicht erst seit der Finanzkrise so. Es wird nur immer offensichtlicher.
Was richtig wäre? "Haircut" jetzt und sofort, statt Steuerzahler-Geld.
Finanzpolitisch bedeutet die permanente Bankenrettung, dass mit der Übernahme privater Schulden ganze Staaten(-Gemeinschaften) ins Desaster treiben. Ordnungspolitisch hebeln die staatlichen Eingriffe die Marktmechanismen immer weiter aus. Der Weg in die kapitalistische Planwirtschaft - das ist die fatalste Konsequenz überhaupt.