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Gold oder Seltene Erden oder ganz was Neues: Graphit?

03.12.2010  |  Dr. Dietmar Siebholz
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Was hatte der HTR so Besonderes? Er konnte kein oder nur extrem wenig Plutonium erzeugen, also das Risiko der Proliferation (meine Empfehlung an den Iran, wenn man tatsächlich nicht beabsichtigt, Plutonium zu gewinnen) annullieren. Ferner arbeitete er noch effektiver mit Thorium, das nach Schätzungen von Geologen etwa acht- bis zehnmal mehr auf der Welt vorkommt als Uran (damit wären viele Länder in der Lage gewesen, unabhängig von den Lieferländern vor allem Kanada, USA, Australien, sowie Nigeria - und jetzt auch noch Namibia - zu sein) und der Reaktor heißt zwar Hochtemperaturreaktor, aber seine interne Sicherheit ist durch die Konzeption weitaus höher als die der herkömmlichen (also z.B. von der AREVA, Frankreich oder General Electric, USA) gebauten Systeme.

Ein wichtiger Teil dieser Sicherheitskonzeption besteht darin, dass der radioaktive "Kraftstoff", seien es die Kerne aus Uran oder Thorium von einer Hülle aus Graphit umgeben sind, also etwa nach dem Prinzip der "bunten Smarties" (fragen Sie Ihre Kinder, die wissen, was ich meine). Die Graphitumhüllung hat (da Graphit einen extrem hohen Schmelzpunkt jenseits der 3.600 Grad Celsius aufweist) zur Folge, dass ein unkontrollierbares Schmelzen mit den aus Tschernobyl oder Three Miles Island bekannten Folgen erst sehr viel später wenn überhaupt eintritt und viel Zeit für Not- und Sicherheitsmaßnahmen gewonnen wird.

China hat sich mit der englischen Gesellschaft, die die Entwicklung der HTR auf eigene Rechnung fortgesetzt hat,- so hörte ich - in Verbindung gesetzt, um eine Übernahme der Konzeption für einige der vielen in China geplanten Reaktoren zu prüfen. Gleiche Bestrebungen werden von Indien und Korea gemeldet. Was hätte das für grundsätzliche Folgen? Die Kraftwerksbauer aus den "alten" Industriestaaten würden in die bekannte Röhre schauen müssen. Das wäre an sich noch zu verkraften, weil wir ohnehin nicht mehr an diesem Spiel beteiligt wären. Die in der letzten Zeit so schön für die Zukunft hochgerechneten Nachfragemengen nach Uran müssten revidiert werden, denn sowohl China als auch Indien verfügen nach den vorliegenden Statistiken über ausreichende Thoriumvorräte und -Lagerstätten (Thorium fällt sehr häufig bei der Produktion von Seltenen Erden als sogenanntes By-Product an) und für uns Deutsche würde es heißen, subventioniert haben wir die Entwicklung mit Milliardenbeträgen, aber dank politscher Weitsicht haben wir wieder einmal die Chance vertan, eine technologische Speerspitze zu werden. Dass zudem noch an einer der Kaderschmieden Chinas, an der Tsinghua-Universität intensiv an der Weiterentwicklung der HTR-Technologie geforscht wird, bestätigt meine Vermutungen.

Was das mit Graphit zu tun hat? Die Grundausstattung jedes Reaktors dieser Uentrop-Größe würde bis zur Inbetriebnahme ca. 5.000 bis 6.000 Tonnen Graphit benötigen und der Ersatz ermüdeter Kugeln in Tennisballgröße würde pro Reaktor je nach Größe nochmals jährlich so zwischen 500 und 2.000 Tonnen Graphit erfordern.

Das mag Zukunftsmusik sein, aber ich rate Ihnen, halten Sie in dieser Richtung die Augen offen. Sehen Sie nach China und Indien und gewöhnen Sie ich daran, dass dort wohl die Zukunft stattfindet. Bauen Inder und Chinesen die Kugelhaufen-Hochtemperatur-Reaktoren, wird sich schlagartig die Nachfrage nach Graphit erhöhen.

Wichtiger und zeitnäher sind aber die folgenden neuen Einsatzgebiete von Graphit. Da ist einerseits der Einsatz in den Anoden der Batterien, die die Energie für die Hybridfahrzeuge oder für die Voll-Elektrofahrzeuge liefern sollen. Im Gegensatz zu den vielen Meldungen über die enorme Bedeutung des Lithiums und der dann folgenden Flut von neuen Lithium-Explorationsgesellschaften werden zwei Fakten überhaupt nicht beachtet. Lithium gibt es wie den sprichwörtlichen Sand am Meer z.B. in den Salzlaken und Salzseen in Südamerika (ich war kürzlich da) und – und das ist noch wichtiger: Bei der Herstellung der neuen Lithium-Ionen-Batterien braucht man je nach Größe der Batterien für die Anode dieser Batterien zwischen dem Acht- und Zwanzigfachen mehr Graphit als Lithium.

Besondere Bedeutung kommt dem Graphit auch als Rohstoff für die Kraftfahrzeugherstellung zu. Immer mehr werden nicht nur bei extremteuren Sport- oder Rennwagen Karbonfaser-Elemente eingebaut, da neben der Verfeinerung der Motorenabstimmung nur noch über leichtere Baustoffe für die KFZ für wesentliche Einsparungen beim Gewicht und damit auch indirekt beim Kraftstoffverbrauch erreicht werden können. Wenn der Trend hin zu elektrisch angetriebenen Fahrzeugen anhält und sich verstärkt, wird auch im erheblichen Umfange Graphit für die Erstellung der Karosserie benötigt, denn die Elektrofahrzeuge haben derzeit noch ein hohes Manko auszugleichen, nämlich das Zusatzgewicht der extrem schweren Batterien. Ohne Leichtbauweise mit Hilfe von Karbonfaser-Teilen - also mit Einsatz von Graphit werden die Einspar-Ziele sicherlich nicht so schnell erreicht werden können. Die Kooperationsvereinbarung zwischen SGL Carbon in Meitingen bei Augsburg und BMW in München bestätigt diese Tendenz im Automobilbau. Andere werden folgen müssen.

Es ist noch zu klären, ob für die Produktion von Karbonbauteilen der wesentlich teurere "Flocken-Graphit" oder das billigere "amorphe Graphit" oder das synthetische Graphit benötigt wird. Aber immerhin wird es Graphit sein, was bei der Automobilteile-Herstellung zum Einsatz gelangt und dann dementsprechend immer mehr für die Autoteileherstellung benötigt wird.

Gleiches gilt für die nächste Generation für die Gewinnung elektrischer Energie, nämlich für die Brennstoffzellen. Auch hier wird die Anode aus Graphit hergestellt, was darauf zurückzuführen ist, dass Graphit über besonders einzigartige Qualifikationen verfügt, also über die Wärme- und Stromleitbarkeit, über hohen Schmelzwert, über umweltgerechtes Verhalten und interne Sicherheit.

Ich will jetzt nicht die Milchmädchenrechnung aufmachen, die nahe liegen könnte, wenn man bedenkt, dass nach heutigen Erkenntnissen die Batterien der Hybrid- und Elektrofahrzeuge zwischen 3 und 7 Kilo Graphit benötigen werden.




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