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Gold oder Seltene Erden oder ganz was Neues: Graphit?

03.12.2010  |  Dr. Dietmar Siebholz
- Seite 4 -
Als nächstes soll uns die Frage beschäftigen, wie groß der Weltmarkt ist und wer den Rohstoff liefert. Vor vierzig Jahren, so sagte man mir, seien die größten Lieferanten Österreich, Norwegen, die Tschechei und Nordkorea gewesen. Übrig geblieben sind in diesem Kreise nur noch Nordkorea und Norwegen, in den anderen Ländern wurde die Produktion überwiegend eingestellt, da die Herstellung infolge niedriger chinesischer Preise nicht mehr rentabel war. Ein kurzer Ausblick auf Deutschland: Im Bayerischen Wald produzierte die Graphitwerke Kropfmühl AG seit Menschengedenken Graphit. Man gab aus den gleichen Gründen die Produktion wie die in Österreich und in der Tschechei auf. Die GK AG arbeitet nun u.a. mit Lieferanten in Zimbabwe und beteiligt sich an Explorationsunternehmen in Mosambik und Madagaskar.

Die geschätzte Weltproduktion von mehr als 1,1 Mio Tonnen p.a. kommt nun nach den von mir herangezogenen Quellen u.a. zu ca. 800.000 Tonnen aus China, zu 110.000 Tonnen aus Indien, zu 92.000 Tonnen aus Brasilien, zu 56.000 Tonnen aus Nordkorea, zu 55.000 Tonnen aus der Türkei und grob geschätzte 10.000 Tonnen aus der Ukraine. Fällt Ihnen etwas auf? Es fehlen die Länder, die es am dringendsten brauchen können, also die USA, Deutschland, Frankreich, Russland, Japan und Südkorea.

Die Betrachtung von Graphit würde unvollständig sein, wenn wir nicht auf die unterschiedlichen Qualitäten des Graphits eingehen würden. Die Fachleute teilen die Qualifikationen von Naturgraphit nach der Form der Kristalle, nach der Siebgröße des Materials und der Feinheit auf (also nach den geforderten Kriterien der Verwendung). Und da ist es kein Wunder, dass besonders die großflockig kristallinen Graphite gesucht sind. Wenn also Elektrofahrzeuge und Brennstoffzellen wirklich die Zukunft des Graphitmarktes beeinflussen sollten, dann sind die hochwertigen Graphite gesucht. Und die machen aber nur einen Bruchteil der derzeit lieferbaren Graphitmengen aus.

Wenn nun die Nachfrage aufgrund der Auto-Elektrifizierung ansteigen sollte, Brennstoffzellen einsatzfähig sind oder werden und die HTR-Reaktoren nun doch wieder verwendet werden, dann hängt die Belieferung der Weltindustrie derzeit von den Ländern China, Indien, Brasilien und Nordkorea ab. Kein besonderes heiteres Bild für die USA und für Westeuropa, finde ich. Die BRIG-Staaten werden sicherlich für Russland sorgen, aber wer sorgt sich um uns?

Ganz übel sieht es bei Graphit mit der erforderlichen Exploration also der Liefersicherstellung für die Zukunft aus; nehmen Sie die deutsche Entwicklung zum Beispiel: Die Graphit Kropfmühl AG hat ihren Betrieb in Deutschland stillgelegt und ein Besucherbergwerk daraus gemacht. Fein, aber für Deutschland sicher nicht sehr sinnvoll. Viele Graphit verarbeitenden Unternehmen haben ihren Betrieb eingestellt, dank der chinesischen Konkurrenz. In Röthenbach bei Nürnberg ging ein alteingesessenes Unternehmen in die Insolvenz. Gekauft hat es die indische Marktführerin Graphite India. Nach sehr langen Recherchen habe ich nur drei bis fünf Unternehmen gefunden, die bereit sein könnten, die Exploration sofort wieder aufzunehmen und wenn alles gut gehen sollte, in zwei Jahren mit der Produktion hochwertiger Graphite zu beginnen. Bei dem australischen Unternehmen, mit dem ich in Kontakt stehe, haben sich asiatische Interessenten gemeldet und Termine wahrgenommen (siehe unten).

Zum Schluss noch zwei Hinweise, die Sie positiv oder negativ beurteilen können. Wie können Sie sich an dem sich möglicherweise an der Wertsteigerung bzw. an einem der Seltenen Erden angleichenden Trend beteiligen? Die erste schlechte Nachricht: Noch können Sie kaum einige Tonnen des besonders für die Hochtechnologie gesuchten Materials kaufen und lagern lassen; vielleicht ändert sich dies. Die nächste schlechte Nachricht: Es gibt kaum börsennotierte Produzenten. Wenn Sie einmal den deutschen Titel Graphitwerke Kropfmühl AG sehen, dann haben die ihre Produktion eingestellt und betreiben gerade als Hauptaktionär eine Mine (Lynx-Mine) in Zimbabwe und sind wohl an einer Produktionsstätte in Sri Lanka beteiligt. Keine besonders guten Standorte. Aber vielleicht erholt sich Zimbabwe aus seiner Malaise, sprich: Wann tritt die lähmende Leitfigur Mugabe ab? Und ist Sri Lanka eine sichere Basis für die Versorgung mit Graphit? Der Kurs der Kropfmühl-Aktie, die nur einen geringen Float hat, ist wegen der geringen Börsen-Umsätze sehr volatil und zu einem Engagement ist daher nicht zu raten.

Die einzige deutsche börsennotierte "Graphit-Aktie" mit grossen Umsätzen ist SGL Carbon, aber deren Umsätze resultieren ja überwiegend aus der Verarbeitung von Graphit und damit ist der Kurs eher von der Weltwirtschaft als von dem Erfolg der Rohstoffgewinnung abhängig.

Die brasilianischen Gesellschaften sind entweder in Staatsbesitz (so wurde mir in Rio gesagt) oder nicht börsennotiert. Den türkischen und den ukrainischen Titel konnte ich auch nicht an einer Börse finden. Was bleibt, ist der größte indische Hersteller "Graphite India", aber der hat kaum Naturgraphitvorkommen, sondern stellt überwiegend das aus Petroleumkoks entwickelte Produkt her (so habe ich es aus deren Geschäftsbericht entnommen), das nicht immer den Qualifikationen der neuen Technologien entspricht.

Was uns als Investoren bleibt, sind zwei kanadische Gesellschaften, eine aus den USA, die ich noch nicht bewerten konnte und ein australischer Explorer. Wie mir dessen Vorstandsvorsitzende schrieb, führt er derzeit mit asiatischen Unternehmen Gespräche über die Reaktivierung seiner Lagerstätte und des Produktionsbetriebes, der vor vielen Jahren aus Preisgründen (also als die chinesische Strategie die Preise in den Keller gejagt hatte) eingestellt wurde. Der CEO wollte mir aber nicht sagen, wer die Interessenten sind. Ich habe so meine Vermutungen, dass sie genauso wie bei den beiden australischen Explorationsunternehmen in Sachen Seltene Erden (ARAFURA und LYNAS) wohl Mandarin sprechen werden, oder wenn sie nicht aus dem Land der Mitte, dann aber aus dem Land der aufgehenden Sonne kommen. Die Japaner haben offensichtlich ihre Lektion aus dem Quasi-Embargo Chinas in Sachen Seltene Erden gelernt.

Was auffällt, ist die nahezu gleiche Langfrist-Strategie Chinas für die Seltenen Erden und Graphit. Also doch "Seltene Erden, die zweite…?"


© Dr. Dietmar Siebholz
wthlz2@gmx.de



Nachtrag:

Ich habe nach dem Hinweis auf eine Nachricht aus Australien diesen Bericht zurückgehalten. Diese Nachricht ist extrem wichtig, denn die Verleihungs-Kommission hat den Nobelpreis für Physik den beiden Wissenschaftlern an der Universität von Manchester (UK) zugesprochen, die aus Graphit sogenannte Graphene entwickelt haben und die Eigenschaften dieser weiter entwickelten. Graphene sollen ein Quantensprung in der Halbleitertechnik, verglichen mit allen derzeit verwendeten Mineralien und Metallen, sein. Für die Herstellung der Graphene braucht man Feingraphit. Bitte lesen Sie unter Wikipedia oder bei Google Details nach. Es ist sehr komplex, aber durchaus mit der Entwicklung der ersten Halbleiter zu vergleichen. Ich meine, die Chinesen wissen das seit langem, denn die beiden Wissenschaftler haben ja ihre Ausarbeitungen bereits 2004 veröffentlicht und unsere Freunde aus dem Reich der Mitte sind verstärkt seit 2005 dabei, den Graphitmarkt voll nach dem Prinzip des Marktes für Seltene Erden in den Griff zu bekommen. Die Folgen kennen wir ja von den Seltenen Erden…



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