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Euro-Bond - der sicherste Weg in die Pleite

12.12.2010  |  Klaus Singer
In der kommenden Woche sollen auf einem EU-Gipfel entscheidende Weichen für den langfristigen Schutz des Euro vor Spekulanten gestellt werden. Schon wieder?

Die Brüsseler Politbürokraten haben eine (alte) Idee: Der Euro-Bond soll es richten.

Das übliche Gegacker im Vorfeld solcher Ereignisse: Der böse Herr Juncker aus einem ziemlich unbedeutenden Euro-Land nennt unsere "Mutti" "uneuropäisch". Sie hätte seinen Euro-Bond-Vorschlag nicht einmal gelesen, bevor sie ihn ablehnte. Außerdem unterstellt er ihr "simples Denken". Er muss es wissen, er ist Chef der Eurogruppe.

Gordon Brown, zur Zeit London, sagt eine schwere Krise der Eurozone für 2011 voraus, die ein Gipfel-Treffen erforderlich mache, um sie zu lösen. Schon wieder eines? Und, zweite Frage, kommt der dann auch?

Ex-Kanzler Schmidt sagte, Merkel und Schäuble hätten keine Ahnung von den internationalen Finanzmärkten. Aber von den nationalen?

Besonders aus Ländern mit finanziellen Schwierigkeiten ist der Ruf nach dem Euro-Bond so laut wie die Rede einiger Experten, die in dieser europäischen Anleihe das Allheilmittel ausgemacht haben. Auch gegen die Allmacht der "Londoner City", wie manche betonen.

Deutschland und Frankreich, aber auch die Niederlande sind dagegen, u.a. mit dem Argument, der Euro-Bond verstoße gegen europäische Verträge. "No Bailout" - hat das jemanden interessiert, als der europäische Schutzschirm beschlossen wurde?

Bei dieser Vorstellung verwundert es nicht, dass der Euro gegen Dollar nach der Bekanntgabe der Irland-Rettung bis 1,30 durchsackte, nachdem er zuvor den Pegel bei 1,33 und die Unterseite des seit Juni etablierten Aufwärtskanals gerissen hatte. Kurz später schafft er zwar nochmals den Sprung darüber, aber das währte nicht lange. Aktuell bewegt er sich im Niemandsland zwischen 1,32 und 1,33.

Jetzt werden allmählich auch Länder mit vergleichsweise "gesunden" Staatshaushalten angefressen: Am Markt für Kreditausfallderivate zieht die Risikoprämie für Deutschland an. Ende 2009, vor der Griechenland-Hilfe im Mai, kostete es jährlich 2.600 Euro, um eine Forderung gegenüber der Bundesrepublik von einer Million Euro gegen das Risiko eines Zahlungsausfalls abzusichern. Vor dem Beschluss der Euro-Zonen-Finanzminister über das Rettungspaket für Irland lag die Prämie bei unter 4000 Euro, jetzt sind es 5100 Euro.

Mit jeder Rettungsaktion zugunsten von Euro-Krisenländern verschlechtert sich auch die Kreditwürdigkeit Deutschlands. Das ist die Botschaft der Investoren in deutsche Staatanleihen. Der Bund-Future notierte Anfang November bei gut 130, aktuell bei 124,70, die Renditen der Bundesanleihen sind in den jüngsten drei Monaten schon um etwa 50% gestiegen. (Nicht anders übrigens die 10-jährigen US-Treasuries: Seit Mitte Oktober sind deren Renditen von 2,43 auf 3,24% gestiegen, nachdem sie zuvor von Anfang April an von 4,00% aus den Sinkflug angetreten hatten.)

Nach den Vorstellungen Junckers soll der Euro-Bond von einer europäischen Schuldenagentur ausgegeben werden. Er rechnet eine Durchschnittsverzinsung von rund 3,3% für den Euro-Bond vor. Anfänglich sollen nur 40% der Staatsschulden über solche Gemeinschaftsanleihen aufgenommen werden können, für den nachrangigen Rest dürften sich Konditionen weiter verschlechtern, auch für die deutschen. Ein anderer Vorschlag sieht vor, dass ein Land sich nur bis zu 60% seiner Wirtschaftskraft in Euro-Bonds verschulden darf. Damit könnten Länder wie Spanien sich dennoch sechs oder sieben Jahre lang ausschließlich in Euro-Bonds verschulden.

Euro-Bonds führen geradewegs ins Desaster. Damit meine ich nicht, dass die "unsere" Politiker das anderenfalls verhindern können. Die Betonung liegt auf "geradewegs".

Euro-Bonds sind ein verdeckter Weg in die Transferunion. Die haushaltspolitisch solideren Länder zahlen für Schulden der unsolideren. Bei denen sinkt der Anreiz für eine gute Führung der Staatsfinanzen und Sparsamkeit. Euro-Bonds sind politisch einfacher vermittelbar als direkte Transfers; einmal angelaufen, funktionieren sie automatisch und keiner merkt es mehr - anders als bei fallweisen Rettungsaktionen.

Anders als beim (ebenfalls zweifelhaften) Grundgedanken der EU, Mittel von starken in schwache Länder zu transferieren, findet mit Euro-Bonds ein Transfer von soliden zu unsoliden Staaten statt. Die Situation ist schon pervers genug: Nach dem Durchschnittseinkommen ärmere Länder wie Deutschland subventionieren reichere wie Irland.

Die Politbürokraten wiederholen mit dem Euro-Bond den Geburts-Fehler der Gemeinschaftswährung. Die wurde eingeführt ohne zuvor die Finanzpolitik der einzelnen Länder zu vereinheitlichen. Man glaubte, dies mit vertraglichen Rahmenbedingungen sicherstellen zu können. Das Ergebnis kennen wir. Jetzt glaubt man wieder, die Probleme der Gemeinschaft ohne diese Vorbedingung durch eine übergeordnete Planwirtschaft lösen zu können.

Mit dem Euro-Bond wird "moral hazard" auf höchstem Niveau betrieben. So wie die Banken durch die diversen, vom Steuerzahler finanzierten Rettungsprogramme letztlich für ihre Fehlspekulationen belohnt wurden, sollen jetzt die Staaten vor den misslichen Konsequenzen der eigenen haushaltpolitischen Fehler bewahrt werden - auf Kosten der Steuerzahler von Länder, die etwas besser gewirtschaftet haben.




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