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Euro-Bond - der sicherste Weg in die Pleite

12.12.2010  |  Klaus Singer
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Der Euro-Bond erinnert zudem fatal an den Ausgangspunkt der US-Immobilienkrise, als Einzel-Risiken von Hypotheken in Form verschachtelter Finanzprodukte auf den Markt kamen. Was damals ein Trugschluss war, bleibt es auch heute: Das Gesamt-Risiko wird durch noch so geschickte Bündelung der Einzel-Risiken nicht kleiner - eine Kette reißt immer an ihrem schwächsten Glied. Nur erkennt man das schwächste Glied nicht mehr.

"Es besteht die Gefahr, dass eine Gesellschaft mit unbeschränkter gegenseitiger Haftung eingeführt wird," sagt der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer, zum Euro-Bond.

Was würde der Euro-Bond Deutschland kosten? Man geht davon aus, dass die Zinsen eines Euro-Bonds 0,5 bis ein Prozentpunkt über den Zinsen liegt, die Deutschland heute zahlen muss. Steigen die Zinsen um einen Prozentpunkt, würde der deutsche Staatshaushalt nach Berechnungen der (staatlichen) Commerzbank schon in 2011 mit zwei Mrd. Euro mehr an Zinskosten belastet, bis 2015 stiegen die Kosten auf 30 Mrd. Euro. Andere Banken rechnen mittelfristig mit jährlichen Mehrkosten von rund neun Mrd. Euro. Die Bundesregierung sieht sogar eine jährliche Mehrbelastung des Bundeshaushalts von 17 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Der Hartz-IV-Etat komm auf 20 Mrd. Euro.

Um den Staatshaushalt in Balance zu halten, müsste die Mehrwertsteuer um rund zwei % steigen, wenn die Zinsen der Staatsverschuldung um ein % steigen. Man kann auch so rechnen: Die Mehrkosten entsprechen in etwa dem Betrag, den Deutschland jedes Jahr einsparen will, um bis 2016 die Vorgaben der Schuldenbremse einhalten zu können.

Jetzt kann man einwenden, das sei eben der Preis, den Deutschland zahlen muss, um in den Genuss der Vorteile der Währungsunion zu kommen. Doch dann muss auch die oben bereits angerissenen "Folgekosten" einbeziehen, nämlich die (mehr als) große Gefahr, dass die Schuldenpolitik in vielen Mitgliedsländern noch sorgloser wird. Denen wachsen auch die neuen, (billigen) Euro-Bond-Kredite über den Kopf und aus den bisher gegebenen "nur Garantien" wird eine Zahlungsverpflichtung für die Länder, die noch zahlen können. Spätestens dann kommt die Frage von Roubini, wer dann die Retter rettet.

Als Alternative hatte die deutsche Bundesregierung vorgeschlagen, mit dem "Schlaraffenland" für die Banken, in dem sie Gewinne aus risikoreichen Anlagen einstreichen und Verluste beim Steuerzahler abladen, müsse es ein Ende haben. Private Gläubiger sollen in Zukunft automatisch an den Rettungskosten für angeschlagene Euro-Staaten beteiligt werden. Eigentlich ja eine Selbstverständlichkeit, meine ich. Aber was ist schon selbstverständlich in einer bürokratischen Planwirtschaft. Der Vorschlag war sowieso nicht besonders ernst gemeint, er sollte erst ab 2013 greifen.

Zuletzt einigte man sich -typisch EU- statt dessen auf einen vagen Krisenmechanismus. Ab 2013 sei ein Forderungsverzicht der privaten Gläubiger, ein Haircut, nicht mehr ausgeschlossen, aber auch nicht automatisch vorgesehen: Wenn nach einem durchgreifenden Sanierungsprogramm keine Aussicht mehr besteht, dass ein Land seine Staatsschuld begleichen kann, werden Hilfszahlungen von einem Haircut der Banken und anderer privater Gläubiger abhängig gemacht. Dazu sollen EU-Kommission, IWF und EZB eine "Schuldentragfähigkeitsanalyse" erstellen.

Otmar Issing, ehemaliger Chefökonom der EZB, sieht in dem Verzicht auf einen Automatismus einen schweren Fehler: "Das System beruht auf Einzelfallentscheidungen und führt dadurch zu politischen Spannungen, Unsicherheiten und Schwankungen an den Märkten". Kaum vorstellbar, dass ein derart politisierter Entscheidungsprozess mit der Feststellung endet, ein Land sei insolvent.

Barry Eichengreen, einer der weltweit renommiertesten Währungsexperten von der University of California in Berkeley sagt, "Teil jeder Rettungsaktion muss eine Restrukturierung der Schulden sein, eine Umschuldung."

Ken Rogoff geht davon aus, dass die Schuldenkrise der Euro-Zone erst in der Mitte angekommen ist. Ein gewaltiger, anhaltender Wachstumsschub könnte immer noch alle Schuldenprobleme Europas kurieren - wie die aller anderen auch. Aber dieses glückliche Szenario erscheint immer unwahrscheinlicher, sagt er. Zunächst werde es weitere Rettungspakete geben, mit Portugal ganz oben auf der Liste und dann dem schwierigeren Fall Spanien.

Rogoff verweist auf die Lateinamerika-Krise der 1980er Jahre. Die meisten Analysen deuteten darauf hin, dass allen besser gedient gewesen wäre, wenn sie sich früh auf einen Teilschuldenerlass geeinigt hätten. Lateinamerikas Wiedergeburt und moderne Wachstumsdynamik entfalteten sich erst wirklich, nachdem der Brady-Plan 1987 massive Schuldenabschreibungen in der gesamten Region organisierte.

Indem Europa private Schulden verstaatlicht, folgt man aber dem Verlauf der lateinamerikanischen Schuldenkrise. Auch dort "bürgten" die Regierungen für die Schulden des Privatsektors und konnten sie dann nicht zahlen.

Eine ähnliche Umschuldung ist in Europa das plausibelste Endspiel-Szenario. Die Rettungspakete der EU und des IWF sind lediglich eine verzögernde Maßnahme: Selbst Kredite von wohlgesinnter Seite müssen schließlich irgendwann zurückgezahlt werden.

Europas Schuldenprobleme sollten eigentlich ganz gut in den Griff zu bekommen sein - sofern erforderliche Abschreibungen und Umschuldungen vorgenommen werden. Lässt man die europäischen Schuldenprobleme aber vor sich hin schwelen und wachsen, indem man sie unter den Teppich kehrt, verschlimmert man sie nur noch.

Leugnen sei keine sinnvolle Strategie zur Bewältigung einer Finanzkrise, so Rogoff. Und verweist darauf, dass die Euro-Zone erst im Juli aus den Stresstests ihrer Banken eine große Show machte und bescheinigte fast allen eine stabile Gesundheit, darunter auch den irischen.

Erwähnte Charts können über diesen Link eingesehen werden: www.timepatternanalysis.de


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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