Eine etwas andere Weihnachtsgeschichte: Von Gewinnern und Verlierern in der Eurozone
28.12.2010 | Carsten Klude
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Kein Wunder, denn längst ist aus der Volkswirtschaft mit der roten Laterne des dauernden Wachstumsschlusslichtes die neue Konjunkturlokomotive Europas geworden. Die vermeintliche Schwäche, nämlich eine starke Fokussierung auf das verarbeitende Gewerbe und auf die Export-wirtschaft, ist mittlerweile zum Erfolgsfaktor geworden, dem andere Länder nacheifern wollen. Deutschland ist zugleich das beste Beispiel dafür, dass strukturelle Anpassungsprozesse nicht von heute auf morgen gelingen, sondern vor allem eines benötigen: Zeit. Und dazu etwas Glück und Geschick, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen politischen Entscheidungen durchzusetzen.
So beispielsweise geschehen in Deutschland während der Krise 2008/2009 als die Große Koalition einen als Umweltprämie deklarierten Verschrottungsbonus für Altautos beschloss, der eine klare Subvention und Bevorzugung für Deutschlands wichtigsten Industriesektor, die Automobilbranche, darstellte. Diese politische Entscheidung wurde zum damaligen Zeitpunkt von vielen genauso stark kritisiert wie die Maßnahmen zur Ausweitung des Kurzarbeitergeldes. Im Nachhinein stellten sich beide Entscheidungen jedoch als goldrichtig heraus. Nicht, weil die Kritiker alle dumm und einfältig waren, sondern weil die wirtschaftliche Krise nur von kurzer Dauer war und die Maßnahmen halfen, eine kleine Durststrecke zu überwinden. Glück gehabt. Aber trotzdem hat sich die damalige schwarz-rote Regierung für ihre Beschlüsse rückblickend die Schulnote eins verdient.
Doch die Rückkehr auf das Treppchen der stärksten Wirtschaftsnationen gelang Deutschland nicht allein dank des Glücks richtiger politischer Weichenstellungen. Der Unterschied zur Weihnachtsgeschichte, die ein wirkliches Wunder ist, liegt darin, dass sich Deutschland seinen Aufstieg hart erarbeitet hat. Denn vor allem der Lohnzurückhaltung der vergangenen 15 Jahre ist es geschuldet, dass die deutsche Wirtschaft immer wettbewerbsfähiger wurde und schließlich von der Schwäche der Konkurrenz profitierte. Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sind die realen Löhne und Gehälter in Deutschland allein zwischen den Jahren 2000 bis 2009 um 4,5% gesunken. Demgegenüber sind die Reallöhne in Finnland und Norwegen um mehr als 20% angestiegen, in Großbritannien um 14% und in Frankreich um fast 9%. Statt den Aufschwung auf einem Kartenhaus aus Schulden aufzubauen, widerstand der deutsche Verbraucher der Versuchung, mit billigem Geld einen Konsum- und Immobilienboom zu initiieren.
Doch sollte man nicht vergessen, dass die Lohnzurückhaltung keine den Deutschen angeborene Eigenschaft ist, sondern darauf beruht, dass auch Deutschland seine Strukturkrise hatte. So erwies sich die deutsche Wiedervereinigung als schwerer ökonomischer Brocken, der nicht so ohne Weiteres zu verdauen war. Die Produktivität der ostdeutschen Arbeitnehmer war zu gering und die fast überall in die Tat umgesetzte Forderung der Gewerkschaften "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" führte dazu, dass die Lohnstückkosten in der deutschen Industrie Anfang der 90er Jahre explodierten und die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands im Vergleich zu vielen anderen Volkswirtschaften abnahm. Doch seit 1994 sind die Lohnstückkosten in Deutschland kaum mehr gestiegen, und die Früchte dieser Entwicklung können nun, gut 15 Jahre später, geerntet werden.
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