Die Katze auf der Herdplatte
13.08.2005 | Robert Rethfeld
Die New York Stock Exchange sammelt von ihren Mitgliedsfirmen Daten zur Höhe der Depotbeleihungen sowie der frei verfügbaren Mittel von Kundenkonten und gibt diese monatlich bekannt. Diese Daten sind repräsentativ, denn im Mitgliederverzeichnis der NYSE findet sich alles, war Rang und Namen hat: Traditionelle Broker wie Merrill Lnych und Goldman Sachs, aber auch Discount Broker wie Etrade oder Interactive Brokers.
Wir werden diese Zahlen nachfolgend vorstellen, weisen jedoch darauf hin, dass sie mit Verzögerung von mindestens einem Monat veröffentlicht werden und sich daher eher für die mittel- und langfristige Markteinschätzung eignen.
Ein beleihungsfähiges Konto - in der Fachsprache "Margin Account" genannt - kann umso höher beliehen werden, je höher der Wert des dazu gehörenden Aktiendepots ist. Dieser Kredit kann zum zusätzlichen Kauf von Aktien genutzt werden. Steigt der Depotwert, gelangt der Kunde in den Genuss einer Hebelwirkung, d.h. der Gesamtwert seines Kontos steigt überproportional. Der umgekehrte Fall gilt allerdings genauso.
Der folgende Chart macht deutlich, dass die Beleihung von Brokerkonten in den 90er Jahren stetig zunahm, der wirkliche Wahnsinn jedoch erst im September 1999 begann, als der addierte Passivsaldo in den beleihungsfähigen Konten bis Februar 2000 um 55 Prozent - von 180 auf 280 Mrd. Dollar - zunahm.
Anschließend ging die Verschuldung fast genauso schnell zurück, wie sie gekommen war. Fairerweise muss man sagen, dass in den 90er Jahren nicht nur die Schulden, sondern auch die andere Seite - die Guthaben - stiegen. Schulden und Guthaben werden auf dem nächsten Bild gegenüber gestellt.
Es ist gut zu erkennen, dass sich im Frühjahr 2001 ein Richtungswechsel vollzog: Die aggregierten Guthaben (grüne Linie) aller Konten überstiegen die aggregierten Schulden (rote Linie). Noch deutlicher sieht man das auf dem nächsten Chart, wo die Differenz zwischen Guthaben und Schulden mit dem blauen Linienchart abgetragen ist.
Man erkennt, dass die Risikofreudigkeit der Brokerkunden in den Jahren 2001, 2002, 2003 und 2004 deutlich eingeschränkt war. In der Summe scheuten die Anleger das Risiko, ihr Konto für Aktienkäufe zu überziehen, was sie zum Ende der 90er Jahre noch lustvoll taten.
Setzt man eine Katze auf eine heiße Herdplatte, wird sie diesen Ort fortan meiden, selbst wenn sich die Platte längst abgekühlt hat. Seit 2005 umschnurrt die Katze die Herdplatte wieder, ist aber noch nicht bereit, sie mehr als am Rand zu berühren. Doch die Lockrufe der Medien beginnen wieder zu schallen, und es werden große Belohnungen versprochen. Focus Money verspricht auf der aktuellen Titelseite "100 Prozent". Ob die Katze sich ein zweites Mal verbrennen wird? Das ist anzunehmen, doch vorher gibt’s noch das versprochene Leckerlie.
© Robert Rethfeld
www.wellenreiter-invest.de
P.S.: Wir veröffentlichen morgens gegen zwischen 7:30h und 8:00h eine tägliche Kolumne zum aktuellen Geschehen unter www.wellenreiter-invest.de, die als 14-tägiges Schnupperabo kostenlos getestet werden kann.
Wir werden diese Zahlen nachfolgend vorstellen, weisen jedoch darauf hin, dass sie mit Verzögerung von mindestens einem Monat veröffentlicht werden und sich daher eher für die mittel- und langfristige Markteinschätzung eignen.
Ein beleihungsfähiges Konto - in der Fachsprache "Margin Account" genannt - kann umso höher beliehen werden, je höher der Wert des dazu gehörenden Aktiendepots ist. Dieser Kredit kann zum zusätzlichen Kauf von Aktien genutzt werden. Steigt der Depotwert, gelangt der Kunde in den Genuss einer Hebelwirkung, d.h. der Gesamtwert seines Kontos steigt überproportional. Der umgekehrte Fall gilt allerdings genauso.
Der folgende Chart macht deutlich, dass die Beleihung von Brokerkonten in den 90er Jahren stetig zunahm, der wirkliche Wahnsinn jedoch erst im September 1999 begann, als der addierte Passivsaldo in den beleihungsfähigen Konten bis Februar 2000 um 55 Prozent - von 180 auf 280 Mrd. Dollar - zunahm.
Anschließend ging die Verschuldung fast genauso schnell zurück, wie sie gekommen war. Fairerweise muss man sagen, dass in den 90er Jahren nicht nur die Schulden, sondern auch die andere Seite - die Guthaben - stiegen. Schulden und Guthaben werden auf dem nächsten Bild gegenüber gestellt.
Es ist gut zu erkennen, dass sich im Frühjahr 2001 ein Richtungswechsel vollzog: Die aggregierten Guthaben (grüne Linie) aller Konten überstiegen die aggregierten Schulden (rote Linie). Noch deutlicher sieht man das auf dem nächsten Chart, wo die Differenz zwischen Guthaben und Schulden mit dem blauen Linienchart abgetragen ist.
Man erkennt, dass die Risikofreudigkeit der Brokerkunden in den Jahren 2001, 2002, 2003 und 2004 deutlich eingeschränkt war. In der Summe scheuten die Anleger das Risiko, ihr Konto für Aktienkäufe zu überziehen, was sie zum Ende der 90er Jahre noch lustvoll taten.
Setzt man eine Katze auf eine heiße Herdplatte, wird sie diesen Ort fortan meiden, selbst wenn sich die Platte längst abgekühlt hat. Seit 2005 umschnurrt die Katze die Herdplatte wieder, ist aber noch nicht bereit, sie mehr als am Rand zu berühren. Doch die Lockrufe der Medien beginnen wieder zu schallen, und es werden große Belohnungen versprochen. Focus Money verspricht auf der aktuellen Titelseite "100 Prozent". Ob die Katze sich ein zweites Mal verbrennen wird? Das ist anzunehmen, doch vorher gibt’s noch das versprochene Leckerlie.
© Robert Rethfeld
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