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Ian Gordon: Gerüstet für den harten Kondratjew-Winter?

13.01.2011  |  The Gold Report
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The Gold Report: Der Staat druckt nun Geld, um einen Teil der öffentlich Schulden zu bezahlen, wenn die Schulden aber aus dem System gepresst werden müssen, bevor ein neuer Frühling einsetzen kann, wird der Winter damit nicht einfach nur verlängert?

Ian Gordon: Das passierte auch in Folge der Marktspitze des Jahres 1929, und die USA waren damals in einer viel besseren Position als heute. Damals waren die USA die weltgrößte Gläubigernation; ich glaube, der Staat hatte damals Gesamtschulden in Höhe von 16 Milliarden $ - heute hingegen sind fast 14 Billionen $. Hoover und Roosevelt versuchten sich an einer Rettung der Wirtschaft und pumpten Geld in sie. Sie hatten damit keinen Erfolg, aber die Staatsschulden trieben sie während der 1930er Jahre deutlich nach oben, während des 2.Weltkrieges stiegen sie dann noch weiter.


The Gold Report: Wie wollen Sie eigentlich messen, bis zu welchem Grad die Schulden wirklich aus dem System gepresst werden?

Ian Gordon: Am besten, man betrachtet die Schulden im Verhältnis zum BIP. In den USA erreichte das Verhältnis von Schulden zu BIP im Jahr 1954 seine Talsohle, und diese fiel fast exakt mit dem Beginn der Frühlingsphase der aktuellen Zyklus zusammen. Ich bin mir nicht sicher, auf welchem Weg genau die öffentlichen Schulden aus dem System gedrückt werden. Aber offensichtlich hat man die Absicht, sie "wegzuinflationieren". Dummerweise herrscht während eines Kondratjew-Winters fast immer ein deflationäres Klima, denn wenn die Wirtschaft von Schulden gereinigt wird, fallen die Preise drastisch und Geld verlässt die Wirtschaft. Unter solchen Bedingungen ist es sehr schwierig, das Geldangebot zu erhöhen. Ich wüsste also nicht, inwieweit sich die US-Regierung und die Federal Reserve mithilfe der Inflation aus dieser misslichen Lage befreien könnten. Die USA könnten tatsächlich einen sehr ähnlichen Weg beschreiten wie Griechenland, Irland, Island und so weiter - Portugal und Spanien stehen ja schon in den Startlöchern.

Für uns alle wird das eine sehr, sehr unangenehme Zeit. Unsere Prognose ist, dass sich die globale monetäre Krise im Jahr 2011 weiter vertiefen wird. Das gesamte globale Geldsystem könnte aufgrund exzessiver Staatsverschuldung kollabieren, das passierte auch in den Jahren 1931-1933. Damals verabschiedeten sich alle Länder vom Goldstandard und versuchten, sich ihren Weg aus der Depression zu inflationieren. Das globale Geldsystem brach zusammen, und bis 1944 entstand kein neues Geldsystem - erst mit Bretton Woods, als der US-Dollar zur Weltreservewährung erhoben wurde. Nach der Auflösung des alten Systems gab es nun eine Lücke von mehreren Jahren, bevor sich ein neues Geldsystem entwickelte.

Wenn das Geldsystem zusammenbricht, bricht im Grunde auch der Welthandel zusammen. Nach dem Zusammenbruch des Geldsystems im Jahr 1931 ging der Welthandel um 75% zurück. Damals konnten sich die USA den starken Isolationismus noch leisten, denn sie konnten sich selbst mit Nahrung und Öl versorgen. Großbritannien konnte auf die Handelsbeziehungen mit dem Britischen Empire zurückgreifen. Und Europa bildete sozusagen einen Einheit für sich. 2011 könnte sich etwas recht Ähnliches abzeichnen. Wir sind so gut wie sicher, dass all das zu Handelskriegen und letztendlich auch zu echtem Krieg führen wird.

Während des Handelskriegs, der sich gegen 1930 mit der Durchsetzung des Smoot-Hawley-Act in den USA abzeichnete, wurden enorme Importzölle auf ausländische Güter erhoben. Natürlich reagierten die Europäer entsprechend und erhoben massive Strafzölle gegen amerikanische Güter, die nach Europa importiert wurden. Besonders Japan wurde dabei ausgeschlossen, was auch der Grund ist, warum es aggressiv nach Rohstoffquellen zu suchen begann.


The Gold Report: Was den Westen angeht, so könnte man die USA und Europa in eine Kategorie packen. Und im Grunde packen zahlreiche Ökonomen Indien und China in eine andere Kategorie. Die letzteren wachsen und in der ersten Kategorie gibt es entweder Stagnation oder schon Schrumpfung. Halten Sie es überhaupt für möglich, dass China und Indien den internationalen Handel am Laufen halten könnten?

Ian Gordon: Wenn das globale Geldsystem zusammenbricht - und wir stehen jetzt kurz davor - dann bricht auch der Welthandel zusammen; China oder Indien könnten nichts machen, um diese Situation umzukehren. Trotzdem sehe ich China doch in einer sehr ähnlichen Situation wie damals die USA in den 20ern und 30ern.


The Gold Report: Inwieweit?

Ian Gordon: Die USA wurden zur größten Gläubigernation der Welt, sie hatten massenhaft Kredite an die Alliierten vergeben, damit diese den 1.Weltkrieg austragen konnten. Nach dem 1. Weltkrieg kam es in den USA zu einer massiven industriellen Expansion, dazu gehörte die Automobilindustrie, Luftfahrt, Kühlsysteme, Telefon, Kino und alles Mögliche. Das war wirklich die Hochzeit der Vereinigten Staaten. Und weil das Land so reich war, kam es auch häufig zu schlechten Investitionen. Die US-Banken hatten so viel Geld, dass man einen großen Teil davon verlieh - besonders an Länder wie Österreich und Deutschland. 1929, als die Kreditvergabe problematisch wurde, bekam nun auch das US-Bankensystem Probleme.

Und dasselbe geschieht meiner Meinung nach gerade in China. Das industrielle Wachstum Chinas kommt an das Wachstum der US-Industrie während der 1920er heran oder hat es sogar schon überstiegen. China ist heute die weltgrößte Gläubigernation, so wie die USA damals. In China werden enorme Mengen schlechter Investitionen getätigt, ganze Städte werden gebaut, auch wenn sie leer sind - das ist eine schlechte Investition, schlechte Kreditvergabe seitens der Banken. Ich kann mir gut vorstellen, dass das gesamte System schon ab nächstem Jahr zusammenbrechen wird.




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