Der mysteriöse Brief in Austin, Texas
29.01.2011 | Redaktion
Nach einer sprichwörtlichen Reise "von Pontius zu Pilatus" wird heute erstmalig im Internet als PDF-Photokopie der kontrovers diskutierte "Blessing-Brief" veröffentlicht, der immer wieder dann "zitiert" wird, wenn es um die Lagerung der deutschen Goldreserven in den USA geht. Zurecht?
Der "Blessing-Brief" - unter deutschen Goldbugs und jenen kritischen Zeitgenossen, die sich mit der Frage befassen, wie es um die deutschen Goldreserven bestellt ist, die bei der New Yorker Federal Reserve eingelagert sind, besitzt er eine geradezu mythisch aufgeladene Aura. Immer wieder muss dieser Brief, den der damalige Bundesbank-Präsident Karl Blessing am 30. März 1967 schrieb, als Erklärung dafür herhalten, dass Deutschland nicht in der Lage sei, seine Goldreserven aus den USA abzuziehen, um sie nach Frankfurt am Main zu verfrachten. Ein missliches Detail ist jedoch: von denjenigen, die diese Lesart des "Blessing-Briefs" vertreten, hat ihn wahrscheinlich kaum jemand je zu Gesicht bekommen.
Insbesondere wurde in der Vergangenheit auf die Erkenntnisse von Dr. Bruno Bandulet verwiesen, dem Herausgeber von "Gold&Money Intelligence". Sein im Mai 2003 erschienener Artikel "Das Gold der Deutschen" ist im Internet die Primärquelle zu der gängigen Interpretation, wonach den Vereinigten Staaten von Amerika im "Blessing-Brief" mutmaßlich die "Immobilisierung" der deutschen Goldreserven zugesichert worden sei. Weitere Vertreter dieser Analyse eines Briefes, den nur die Wenigsten je gelesen haben, sind ferner (der inzwischen verstorbene) Walter Hirt und Dr. Udo Ulfkotte - Letzterer kann zumindest bezüglich der Vermutung, dass es im "Blessing-Brief" um die dauerhafte Lagerung der deutschen Goldreserven in den USA gegangen sei, durchaus fehlinterpretiert werden.
Ein sehr konkreter Hinweis
Im Zuge meiner eigenen Nachforschungen hinsichtlich der Frage: "Wo exakt sind die deutschen Goldreserven gelagert und zu welchem Zweck?", erhielt ich vom Presse-Sekretär des Gold Anti-Trust Action Committee (siehe: www.gata.org), Chris Powell, mit dem ich diesbezüglich eng zusammenarbeite, am 3. Dezember 2010 unter der Betreffzeile "Old article from Der Spiegel" diese Email-Nachricht:
"Könnten Sie sich in Ihrer freien Zeit einmal diesen alten Artikel von Der Spiegel anschauen?
Er ist von 1971 und jemand schickte ihn mir, indem er sagte, dass dies der Schlüssel zu all unseren Fragen zu den deutschen Goldreserven sei. Vielleicht können Sie den Sinn herausfinden und mir mitteilen."
Nachdem ich das zugesandte Interview durchgegangen war, das Der Spiegel mit Karl Blessing geführt und am 3. Mai 1971 unter dem Titel "Der Brief gilt leider noch heute" veröffentlicht hatte, versuchte ich Chris Powell und zwei weitere "Mitstreiter", nämlich Max Keiser und James G. Rickards, mit Dr. Bandulet in Kontakt zu setzen. Dabei ging mir Peter Boehringer, der Vorstand der Deutschen Edelmetall Gesellschaft, unterstützend zur Hand. Das schien mir Sinn zu machen, denn wie ich mit Rückgriff auf die Interpretation von Dr. Bandulet erklärte:
"Chris, Karl Blessing war der Vorsitzende der Deutschen Bundesbank während der Sechziger Jahre. Ungefähr zur gleichen Zeit, als de Gaulle ein Kriegsschiff nach NYC schickte, um die Goldreserven Frankreichs zurückzuholen (und Präsident Johnson die Defizit-Geschwister Vietnamkrieg / Great Society laufen hatte), schrieb Blessing den berühmten Blessing-Brief, in dem er versprach, dass Deutschland niemals um die Rückführung seines Goldes von NYC nach Frankfurt bitten würde, solange die US-Armee ihre Truppen in West-Deutschland stationiert ließe. Es war ein Handel, da die USA nicht alle Kosten selbst bezahlen wollten.
Er erwähnte es nicht explizit in dem Spiegel-Interview - aber das ist der Hintergrund."
Aufgrund seiner Expertise fragte ich Dr. Bandulet, ob er den Herrschaften mehr dazu erzählen könne.
Hinterdrein schob ich noch in einer anderen Email nach:
"Ich vergaß etwas. In diesem Interview mit Der Spiegel sagte Blessing, dass Deutschland den USA versprach, dass Deutschland seine Dollarreserven nicht in Gold umtauschen würde."
Bezogen auf das, was ich zum "Blessing-Brief" geschrieben hatte, meldete sich alsbald Dimitri Speck zu Wort, der Autor von "Geheime Goldpolitik", das Anfang 2010 im Finanzbuch Verlag erschienen ist (siehe: www.geheime-goldpolitik.de), und Berater von GATA. Seine kurze Mitteilung schickte ich an alle Beteiligten, darunter auch an Dr. Bandulet, und zwar:
"Chris, der Blessing-Brief ist in der Lyndon B. Johnson Library in Austin.* Er hat nichts mit der gegenwärtigen Situation bezüglich der Lagerstätte zu tun hat. (...)
*: Brief von Karl Blessing an Mr. William M. Martin, Jr., kein Betreff, unklassizifiert, 30. März 1967, in: LBJL, NSF, NSCH: TTNAN, Box 50, 1966–67, Buch 2, Tabs 72–98 [1 von 2]“
Kurz darauf setzte ich mich mit Herrn Speck telefonisch in Verbindung, um mir seine Version des "Blessing-Briefs" auseinandersetzen zu lassen. Herr Speck meinte, dass Blessing seinem Gegenüber bei der Federal Reserve in Washington D.C., William M. Martin, zugesichert habe, dass West-Deutschland zukünftig keine Dollar-Reserven mehr in Gold umzutauschen gedachte. In seinem besagten Buch sei er auch sehr wohl kurz inhaltlich darauf eingegangen.
Die Versicherung von Seiten der Bundesbank habe zwar Konsequenzen gehabt, insofern sie den Dollar-Standard - hinter den Kulissen und gegenüber der Öffentlichkeit unausgesprochen - auf den Weg brachte; mitnichten jedoch habe Blessing zugesichert, dass die Bundesrepublik Deutschland niemals ihre Goldreserven aus den USA abziehen werde, solange dafür US-Truppen im westlichen Teil Deutschlands stationiert blieben. Ebenso sei es in keinster Weise um die Frage der Lagerorte gegangen, da New York wegen des Kalten Krieges als sicherer Aufbewahrungsort galt.
Diese Kern-Interpretation der Dinge deckt sich im Übrigen mit dem, was der ehemalige Bundesbank-Präsident Karl Otto Pöhl zum "Blessing-Brief" in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung im August 2007 erklärte. Hinsichtlich des unilateral durchgeführten "Schließens des Goldfensters" durch US-Präsident Richard Nixon am 15. August 1971 schrieb Pöhl:
"Bis dahin hatten sie [die USA] - jedenfalls theoretisch - freiwillig jeden Dollar in Gold eingetauscht, Westdeutschland als größter Besitzer von Dollar hatte darauf allerdings schon lange im sogenannten 'Blessing-Brief' verzichtet und sich damit als guter Gläubiger erwiesen."
Der "Blessing-Brief" - unter deutschen Goldbugs und jenen kritischen Zeitgenossen, die sich mit der Frage befassen, wie es um die deutschen Goldreserven bestellt ist, die bei der New Yorker Federal Reserve eingelagert sind, besitzt er eine geradezu mythisch aufgeladene Aura. Immer wieder muss dieser Brief, den der damalige Bundesbank-Präsident Karl Blessing am 30. März 1967 schrieb, als Erklärung dafür herhalten, dass Deutschland nicht in der Lage sei, seine Goldreserven aus den USA abzuziehen, um sie nach Frankfurt am Main zu verfrachten. Ein missliches Detail ist jedoch: von denjenigen, die diese Lesart des "Blessing-Briefs" vertreten, hat ihn wahrscheinlich kaum jemand je zu Gesicht bekommen.
Insbesondere wurde in der Vergangenheit auf die Erkenntnisse von Dr. Bruno Bandulet verwiesen, dem Herausgeber von "Gold&Money Intelligence". Sein im Mai 2003 erschienener Artikel "Das Gold der Deutschen" ist im Internet die Primärquelle zu der gängigen Interpretation, wonach den Vereinigten Staaten von Amerika im "Blessing-Brief" mutmaßlich die "Immobilisierung" der deutschen Goldreserven zugesichert worden sei. Weitere Vertreter dieser Analyse eines Briefes, den nur die Wenigsten je gelesen haben, sind ferner (der inzwischen verstorbene) Walter Hirt und Dr. Udo Ulfkotte - Letzterer kann zumindest bezüglich der Vermutung, dass es im "Blessing-Brief" um die dauerhafte Lagerung der deutschen Goldreserven in den USA gegangen sei, durchaus fehlinterpretiert werden.
Ein sehr konkreter Hinweis
Im Zuge meiner eigenen Nachforschungen hinsichtlich der Frage: "Wo exakt sind die deutschen Goldreserven gelagert und zu welchem Zweck?", erhielt ich vom Presse-Sekretär des Gold Anti-Trust Action Committee (siehe: www.gata.org), Chris Powell, mit dem ich diesbezüglich eng zusammenarbeite, am 3. Dezember 2010 unter der Betreffzeile "Old article from Der Spiegel" diese Email-Nachricht:
"Könnten Sie sich in Ihrer freien Zeit einmal diesen alten Artikel von Der Spiegel anschauen?
Er ist von 1971 und jemand schickte ihn mir, indem er sagte, dass dies der Schlüssel zu all unseren Fragen zu den deutschen Goldreserven sei. Vielleicht können Sie den Sinn herausfinden und mir mitteilen."
Nachdem ich das zugesandte Interview durchgegangen war, das Der Spiegel mit Karl Blessing geführt und am 3. Mai 1971 unter dem Titel "Der Brief gilt leider noch heute" veröffentlicht hatte, versuchte ich Chris Powell und zwei weitere "Mitstreiter", nämlich Max Keiser und James G. Rickards, mit Dr. Bandulet in Kontakt zu setzen. Dabei ging mir Peter Boehringer, der Vorstand der Deutschen Edelmetall Gesellschaft, unterstützend zur Hand. Das schien mir Sinn zu machen, denn wie ich mit Rückgriff auf die Interpretation von Dr. Bandulet erklärte:
"Chris, Karl Blessing war der Vorsitzende der Deutschen Bundesbank während der Sechziger Jahre. Ungefähr zur gleichen Zeit, als de Gaulle ein Kriegsschiff nach NYC schickte, um die Goldreserven Frankreichs zurückzuholen (und Präsident Johnson die Defizit-Geschwister Vietnamkrieg / Great Society laufen hatte), schrieb Blessing den berühmten Blessing-Brief, in dem er versprach, dass Deutschland niemals um die Rückführung seines Goldes von NYC nach Frankfurt bitten würde, solange die US-Armee ihre Truppen in West-Deutschland stationiert ließe. Es war ein Handel, da die USA nicht alle Kosten selbst bezahlen wollten.
Er erwähnte es nicht explizit in dem Spiegel-Interview - aber das ist der Hintergrund."
Aufgrund seiner Expertise fragte ich Dr. Bandulet, ob er den Herrschaften mehr dazu erzählen könne.
Hinterdrein schob ich noch in einer anderen Email nach:
"Ich vergaß etwas. In diesem Interview mit Der Spiegel sagte Blessing, dass Deutschland den USA versprach, dass Deutschland seine Dollarreserven nicht in Gold umtauschen würde."
Bezogen auf das, was ich zum "Blessing-Brief" geschrieben hatte, meldete sich alsbald Dimitri Speck zu Wort, der Autor von "Geheime Goldpolitik", das Anfang 2010 im Finanzbuch Verlag erschienen ist (siehe: www.geheime-goldpolitik.de), und Berater von GATA. Seine kurze Mitteilung schickte ich an alle Beteiligten, darunter auch an Dr. Bandulet, und zwar:
"Chris, der Blessing-Brief ist in der Lyndon B. Johnson Library in Austin.* Er hat nichts mit der gegenwärtigen Situation bezüglich der Lagerstätte zu tun hat. (...)
*: Brief von Karl Blessing an Mr. William M. Martin, Jr., kein Betreff, unklassizifiert, 30. März 1967, in: LBJL, NSF, NSCH: TTNAN, Box 50, 1966–67, Buch 2, Tabs 72–98 [1 von 2]“
Kurz darauf setzte ich mich mit Herrn Speck telefonisch in Verbindung, um mir seine Version des "Blessing-Briefs" auseinandersetzen zu lassen. Herr Speck meinte, dass Blessing seinem Gegenüber bei der Federal Reserve in Washington D.C., William M. Martin, zugesichert habe, dass West-Deutschland zukünftig keine Dollar-Reserven mehr in Gold umzutauschen gedachte. In seinem besagten Buch sei er auch sehr wohl kurz inhaltlich darauf eingegangen.
Die Versicherung von Seiten der Bundesbank habe zwar Konsequenzen gehabt, insofern sie den Dollar-Standard - hinter den Kulissen und gegenüber der Öffentlichkeit unausgesprochen - auf den Weg brachte; mitnichten jedoch habe Blessing zugesichert, dass die Bundesrepublik Deutschland niemals ihre Goldreserven aus den USA abziehen werde, solange dafür US-Truppen im westlichen Teil Deutschlands stationiert blieben. Ebenso sei es in keinster Weise um die Frage der Lagerorte gegangen, da New York wegen des Kalten Krieges als sicherer Aufbewahrungsort galt.
Diese Kern-Interpretation der Dinge deckt sich im Übrigen mit dem, was der ehemalige Bundesbank-Präsident Karl Otto Pöhl zum "Blessing-Brief" in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung im August 2007 erklärte. Hinsichtlich des unilateral durchgeführten "Schließens des Goldfensters" durch US-Präsident Richard Nixon am 15. August 1971 schrieb Pöhl:
"Bis dahin hatten sie [die USA] - jedenfalls theoretisch - freiwillig jeden Dollar in Gold eingetauscht, Westdeutschland als größter Besitzer von Dollar hatte darauf allerdings schon lange im sogenannten 'Blessing-Brief' verzichtet und sich damit als guter Gläubiger erwiesen."