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Interview mit Jim Rickards: Inflation und Währungskriege (Teil 2)

14.02.2011  |  Ron Hera
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Hera: Wie kann die Federal Reserve US-Staatsschulden monetisieren, wenn sie US-Staatsanleihen am offenen Markt kauft?

Jim Rickards: Diese Dinge sind ziemlich fungibel und austauschbar. Dollars sind komplett austauschbar und US-Staatsanleihen sind quasi austauschbar, weil es sich um denselben Kredit in derselben Währung handelt. Stellen Sie sich vor, Sie wären ein institutioneller Investor und halten eine Staatsanleihe mit einer Laufzeit von 7 Jahren, die in fünf Jahren fällig wird (off-the-run, am Sekundärmarkt), und der Staat gibt eine neue Treasury note mit 5-jähriger Laufzeit heraus. Das werden natürlich die Primärhändler vermitteln, sie sind die Schnittstelle zwischen der Fed und dem institutionellen Investor.

Die Fed zieht also los und kauft am Sekundärmarkt die ältere 7-Jahre-Anleihe von, sagen wir, einer Versicherungsfirma, und die Versicherungsfirma ersetzt diese in ihrem Portfolio durch den Kauf einer neuen Anleihe mit fünfjähriger Laufzeit. Aus Sicht der Versicherungsfirma heißt das also: Sie ist eine Staatsanleihe mit 5-jähriger Laufzeit losgeworden und kaufte wieder eine Staatsanleihe mit 5-jähriger Laufzeit. Aus Sicht der Fed: Sie kaufte eine Staatsanleihe mit 5-jähriger Laufzeit mit frisch gedrucktem Geld; es ist auch Vermittlung im Spiel und verschiedene Parteien sind involviert, aber im Endeffekt ist es genau so, als ob die Fed die neuen Schulden monetisiert hätte.


Hera: Kommen wir zurück zur Inflation. Ist die Federal Reserve eigentlich in der Lage, die Inflation zu kontrollieren, wenn die Preise schließlich steigen?

Jim Rickards: Ich denke, diese Prozesse sind dynamisch instabil, und sobald man den Inflationsgeist aus der Flasche lässt, bekommt man nicht nur 2% oder 3%, man bekommt gleich 10% - so war es in den 1970ern. Schaut man sich die späten 60er und frühen 70er an, so lag die Inflation damals bei 1% oder 2%, und eines Jahres kletterte sie auf 3% und es hieß: Meine Güte, das sind jetzt 3%. Danach stieg sie auf 5%, dann auf 8%, dann auf 10% und dann auf 13%. In den fünf Jahren zwischen 1977 und 1981 erreichte die Inflation zusammengenommen also 50%. Der Wert des Dollar wurde innerhalb dieses sehr kurzen Zeitraums von fünf Jahren halbiert. Daran kann man also sehen, wie sie sich beschleunigt und außer Kontrolle gerät. Das wird wieder passieren, denke ich.


Hera: Wie stark werden die Preise in den USA steigen?

Jim Rickards: Bernanke sagt 2%, aber er will in Wirklichkeit näher an die 4% kommen. Aber er wird wohl feststellen müssen, dass sie ziemlich schnell auf 8%, 9% oder 10% steigt, womit wir an der Grenze zur Hyperinflation sind - und das ist dann ein Riesenproblem. Das wird ein Schock, auf den das amerikanische Volk nicht vorbereitet ist.


Hera: Was kann die Federal Reserve machen, wenn sich die Preisinflation beschleunigt?

Jim Rickards: Bernanke sagt ja: Ach, macht Euch keine Sorgen wegen hoher Inflation, wir haben Mittel und Wege, sie unter Kontrolle zu halten. Wenn man sich nun auf Bernanke verlässt, was ich nicht voll und ganz mache, aber wenn man sich auf ihn verlässt - und er sagt, er wolle 2% und die Inflation würde dann auf sagen wir 3% oder 4% steigen - dann sollte es am Ende möglich sein, sie wieder auf 2% zurückrufen. Wie ist das aber zu schaffen? Eine Möglichkeit sind steigende Zinssätze, aber sollte man wirklich die Zinssätze anheben, wenn die Arbeitslosenquote nahe 10% liegt? Bernanke sagt, er kann die Zinssätze anheben, und er hat ja auch die Befugnis, aber aus politischer oder ökonomischer Sicht wird es ihm in Wirklichkeit nicht möglich sein, die Zinssätze anzuheben - in Anbetracht der längsten Periode anhaltende hoher Arbeitslosigkeit seit der Großen Depression. Es wird also politisch nicht durchsetzbar sein.


Hera: Könnte die Federal Reserve zur Inflationsbekämpfung denn keine Liquidität aus den Finanzmärkten abziehen?

Jim Rickards: Es gibt noch ein anderes Problem mit QE2: Die Fed ist möglicherweise schon jetzt insolvent, wenn man rigorose Marktbewertungskriterien anlegt; und im weiteren Verlauf wird sich das immer stärker zeigen. Sagen wir, Bernanke bekommt, was er will - ganz plötzlich schleicht sich die Inflation an, und er sagt: Ok, jetzt müssen wir auf die Bremse steigen. Wie könnte das funktionieren? Und zwar, indem man QE umkehrt. Also: QE schafft Geld zum Kauf von Anleihen. Zur Umkehr muss man Anleihen an den Märkten verkaufen und das Geld herausnehmen. Das Problem ist jetzt, dass man mit Blick auf den realen Marktwert enorme Verluste beim Verkauf dieser Anleihen einfahren wird. Vor allem gibt es aber noch den Bear-Sterns-Müll - man sollte sich wieder vor Augen führen, dass es bei QE 1 nicht um US-Staatsanleihen ging, sondern um hypothekarisch gesicherte Wertpapiere. Sie können diese Anleihen nicht liquidieren, ohne dabei Pleite zu gehen.


Hera: Wie kann die Federal Reserve Bankrott gehen?

Jim Rickards: Die Fed ist auf dem Weg zu einer 3 Billionen $-Bilanz. Ihr Kapital beträgt ganz grob gesagt 60 Milliarden $. Mit 3 Billionen $ in den Bilanzen und 60 Milliarden $ Kapital haben sie ein Risiko/Eigenkapital-Verhältnis von 50:1. Das ist schlimmer als das des Long-Term Capital Management, als das Unternehmen 1998 Probleme bekam. Bei einem solchen Verhältnis von 50:1 brauch es nur einen 2%igen Wertrückgang der Anlagen, und das Eigenkapital ist ausgelöscht - nur 2% !, und der Aktienmarkt bewegt sich manchmal um 2% an einem Tag. Ein “Haircut“ von 2% auf 3 Billionen $ gerechnet, ergibt 60 Milliarden $ - und das eigene Kapital ist auf Null geschrumpft, und die Fed ist Pleite.




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