Geht die Globalisierung Bankrott? (Teil 1/2)
15.11.2012 | Presse
Erst kürzlich las ich wieder meinen Artikel, der vor ca. 10 Jahren in der Zeitschrift "Foreign Policy“ veröffentlicht wurde. In diesem Artikel erörterte ich ausführlich ein Argument, das ich in meinem zuvor erschienenen Buch "The Volatility Machine“ nur angerissen hatte. Das Argument: Die Haupttriebkräfte von Globalisierungsprozessen sind monetäre Expansion und die in der Folge wachsende Risikoneigung. Eine Sache hatte ich damals in meinem Buch noch nicht berücksichtigt, und das war auch das Neue an diesem Artikel: Jede Globalisierungsphase ging mit einer Phase der industriellen Revolution einher; die Ausweitung des internationalen Handels und der internationalen Kapitalflüsse war von einem bedeutendem technologischen Boom begleitet, der ebenfalls durch monetäre Expansion befördert wurde.
Beim erneuten Durchlesen meines Artikels dachte ich mir, dass seine Wiederveröffentlichung auf meinem Blog, versehen mit einigen wenigen Kommentaren, vielleicht nützlich sein könnte. Meiner Meinung nach ist der Prozess, in Verlaufe dessen sich Globalisierungstendenzen umkehren, nach wie vor bedenkenswert.
Geht die Globalisierung Bankrott?
"Nur die junge Generation, die eine akademische Bildung erfahren hat, ist in der Lage, die Herausforderungen unserer Zeit zu begreifen.“, schrieb Alphonse, ein Rothschild der dritten Generation, 1865 in einem Brief an ein Familienmitglied. Zu jener Zeit befand sich die Welt inmitten eines technologischen Booms, der die Erde in bisher ungekanntem Ausmaß zu verändern schien; Veränderungen, die mit Sicherheit die Verständnisfähigkeit der Älteren überstiegen. Zu diesem Boom gehörten auch Kapitalflüsse, die in bis in die entlegenen Winkel der Erde flossen und isolierte Gesellschaften in die Moderne zogen. Der Fortschritt schien unaufhaltbar.
Acht Jahre später brachen die Märkte auf der ganzen Welt zusammen. Plötzlich wandten sich die Investoren von Abenteuern im Ausland und neuen Technologien ab. Während der folgenden Depression galten viele der Veränderungen - wie freie Märkte, deregulierte Banken und Immigration - die von den gebildeten Jungen zuvor so begeistert aufgenommen wurden, zu beschwerlich und unangenehm, um sie weiter zu unterstützen. Scheinbar war der Prozess der Globalisierung weder unvermeidlich noch unumkehrbar.
Was wir heute ökonomische Globalisierung nennen - eine Mischung aus schnellem technischen Fortschritt, enormen Kapitalflüssen und florierendem internationalen Handel - war in den vergangenen 200 Jahren schon mehrmals zu beobachten. Während jeder dieser Phasen (wie auch der heutigen) wurden Ingenieure und Unternehmer zu Volkshelden, die Vermögen verdienten, indem sie die Welt um sich herum veränderten. Sie nutzten die Fortschritte der Wissenschaften, erweiterten ältere Entdeckungen um eine ganze Abfolge neuer Innovationen und verbreiteten die kommerziellen Anwendungen dieser Technologien in der gesamten entwickelten Welt. Die Bereiche Kommunikation und Transport waren in der Regel am stärksten davon betroffen, und jede neue technologische Fortschrittswelle sorgte dafür, dass der Globus weiter "schrumpfte“.
Trotz des Enthusiasmus für die Wissenschaften, der jede Globalisierungswelle begleitete, zeigte sich immer wieder folgende historische Gesetzmäßigkeit: Die Haupttriebkräfte der Globalisierung waren Handel und Finanzwesen, nicht Wissenschaft oder Technologie – und ganz sicher nicht Politik oder Kultur. So ist es auch kein Zufall, dass die Phasen bedeutender technologischer Fortschritte mit Expansionsphasen der Finanzmärkte sowie einer enormen Ausweitung des internationalen Handelsverkehrs zusammenfielen. Ausgangspunkt der Globalisierungsphasen waren gerade die plötzlichen Liquiditätsschübe in den weltweit führenden Bankenzentren - ob nun der Anstieg der britischen Goldreserven in den 1820ern, die enormen Veränderungen im Bereich der illiquiden Hypothekenanleihen in den 1980ern oder aber andere strukturelle Veränderungen an den Finanzmärkten.
Während Liquiditätsausweitung die globale Integration vorantrieb, sorgte Liquiditätskontraktion anschließend immer wieder dafür, dass diese Globalisierung ein unerwartetes Ende fand. Billige Kredite verschafften Investoren die Möglichkeit, mit ihrer Risikofreude Vermögen zu verdienen, und die der raschen Marktausweitung zugrunde liegende liberale Ideologie schien mit Blick auf die Vermögen, die durch steigende Vermögenswerte und neue Investitionen generiert wurden, schließlich unanfechtbar. Als sich die Bedingungen aber änderten, strömten auch die von den Finanzzentren ausgehenden Kapitalflüsse zurück.
Investoren zogen eilig ihr Geld aus riskanten Unternehmungen ab, um es in sicherere Anlagen zu investieren. Die Banken verschärften die Kreditvergabebedingungen und weigerten sich, neue Darlehen zu vergeben. Die Kurse von Vermögenswerten brachen ein. Die Kosten der Globalisierung, in Form sozialer Zerrüttung, steigender Einkommensungleichgewichte und der Dominanz ausländischer Eliten, wurden inakzeptabel. Die politischen und intellektuellen Grundfeste der Globalisierung, die einst so sicher schienen, stellten sich als schwach und anfällig heraus, die populäre Gegenreaktion auf die Logik der Globalisierung wuchs unaufhaltsam.
Beim erneuten Durchlesen meines Artikels dachte ich mir, dass seine Wiederveröffentlichung auf meinem Blog, versehen mit einigen wenigen Kommentaren, vielleicht nützlich sein könnte. Meiner Meinung nach ist der Prozess, in Verlaufe dessen sich Globalisierungstendenzen umkehren, nach wie vor bedenkenswert.
Geht die Globalisierung Bankrott?
"Nur die junge Generation, die eine akademische Bildung erfahren hat, ist in der Lage, die Herausforderungen unserer Zeit zu begreifen.“, schrieb Alphonse, ein Rothschild der dritten Generation, 1865 in einem Brief an ein Familienmitglied. Zu jener Zeit befand sich die Welt inmitten eines technologischen Booms, der die Erde in bisher ungekanntem Ausmaß zu verändern schien; Veränderungen, die mit Sicherheit die Verständnisfähigkeit der Älteren überstiegen. Zu diesem Boom gehörten auch Kapitalflüsse, die in bis in die entlegenen Winkel der Erde flossen und isolierte Gesellschaften in die Moderne zogen. Der Fortschritt schien unaufhaltbar.
Acht Jahre später brachen die Märkte auf der ganzen Welt zusammen. Plötzlich wandten sich die Investoren von Abenteuern im Ausland und neuen Technologien ab. Während der folgenden Depression galten viele der Veränderungen - wie freie Märkte, deregulierte Banken und Immigration - die von den gebildeten Jungen zuvor so begeistert aufgenommen wurden, zu beschwerlich und unangenehm, um sie weiter zu unterstützen. Scheinbar war der Prozess der Globalisierung weder unvermeidlich noch unumkehrbar.
Was wir heute ökonomische Globalisierung nennen - eine Mischung aus schnellem technischen Fortschritt, enormen Kapitalflüssen und florierendem internationalen Handel - war in den vergangenen 200 Jahren schon mehrmals zu beobachten. Während jeder dieser Phasen (wie auch der heutigen) wurden Ingenieure und Unternehmer zu Volkshelden, die Vermögen verdienten, indem sie die Welt um sich herum veränderten. Sie nutzten die Fortschritte der Wissenschaften, erweiterten ältere Entdeckungen um eine ganze Abfolge neuer Innovationen und verbreiteten die kommerziellen Anwendungen dieser Technologien in der gesamten entwickelten Welt. Die Bereiche Kommunikation und Transport waren in der Regel am stärksten davon betroffen, und jede neue technologische Fortschrittswelle sorgte dafür, dass der Globus weiter "schrumpfte“.
Trotz des Enthusiasmus für die Wissenschaften, der jede Globalisierungswelle begleitete, zeigte sich immer wieder folgende historische Gesetzmäßigkeit: Die Haupttriebkräfte der Globalisierung waren Handel und Finanzwesen, nicht Wissenschaft oder Technologie – und ganz sicher nicht Politik oder Kultur. So ist es auch kein Zufall, dass die Phasen bedeutender technologischer Fortschritte mit Expansionsphasen der Finanzmärkte sowie einer enormen Ausweitung des internationalen Handelsverkehrs zusammenfielen. Ausgangspunkt der Globalisierungsphasen waren gerade die plötzlichen Liquiditätsschübe in den weltweit führenden Bankenzentren - ob nun der Anstieg der britischen Goldreserven in den 1820ern, die enormen Veränderungen im Bereich der illiquiden Hypothekenanleihen in den 1980ern oder aber andere strukturelle Veränderungen an den Finanzmärkten.
Während Liquiditätsausweitung die globale Integration vorantrieb, sorgte Liquiditätskontraktion anschließend immer wieder dafür, dass diese Globalisierung ein unerwartetes Ende fand. Billige Kredite verschafften Investoren die Möglichkeit, mit ihrer Risikofreude Vermögen zu verdienen, und die der raschen Marktausweitung zugrunde liegende liberale Ideologie schien mit Blick auf die Vermögen, die durch steigende Vermögenswerte und neue Investitionen generiert wurden, schließlich unanfechtbar. Als sich die Bedingungen aber änderten, strömten auch die von den Finanzzentren ausgehenden Kapitalflüsse zurück.
Investoren zogen eilig ihr Geld aus riskanten Unternehmungen ab, um es in sicherere Anlagen zu investieren. Die Banken verschärften die Kreditvergabebedingungen und weigerten sich, neue Darlehen zu vergeben. Die Kurse von Vermögenswerten brachen ein. Die Kosten der Globalisierung, in Form sozialer Zerrüttung, steigender Einkommensungleichgewichte und der Dominanz ausländischer Eliten, wurden inakzeptabel. Die politischen und intellektuellen Grundfeste der Globalisierung, die einst so sicher schienen, stellten sich als schwach und anfällig heraus, die populäre Gegenreaktion auf die Logik der Globalisierung wuchs unaufhaltsam.