Suche
 
Folgen Sie uns auf:

GEAB: Von Katrina zu Sandy: Zwei Wirbelstürme und das Ende Amerikas, wie wir es kannten

21.11.2012  |  Presse
- Seite 3 -
Auch wenn wir in dieser Ausgabe wieder einmal das Schwergewicht auf die USA legen, so darf man nicht aus den Augen verlieren, dass die geopolitische Lage explosiv ist, wofür die Gründe ja auch im nachlassenden amerikanischen Einfluss zu suchen sind. Das sieht man insbesondere daran, dass sie sich in den Krisen Libyen, Syrien und Mali ganz bewusst im Hintergrund gehalten haben oder halten. Wegen ihres begrenzten finanziellen Spielraums besteht ihre neue Strategie darin, ihre Interessenwahrung an die Verbündeten zu "delegieren", Frankreich und Großbritannien in Libyen, die Westafrikanische Wirtschaftsunion CEDEAO in Mali (7), Israel in Syrien (8) usw. Dass die führende globale Macht der letzten achtzig Jahre im Mittleren Osten nicht in Erscheinung tritt, macht dort die Lage besonders schwierig: Jeder versucht borniert seine Interessen durchzusetzen und die Lage degeneriert zum Chaos.

Lösungen könnten von Russland und China oder von Europa vorangetrieben werden, aber die Europäer sind immer noch nicht soweit, sich von ihrem alten amerikanischen Verbündeten zu lösen und verurteilen sich damit zur Untätigkeit; die Russen und Chinesen hingegen genießen noch nicht die ideologische Aura der "Achse des Guten", also von Staaten, deren Interessen Hand in Hand gehen mit den wahren universellen Werten. Daher sind gegenwärtig weder Russland noch China in der Lage, die gefallene Führungsmacht USA zu ersetzen. Über eines müssen sich Russen und Chinesen jedoch klar werden: Sie werden erst dann zu globalen Führungsmächten aufsteigen, wenn es ihnen gelingt, diese universellen Werte in ihre Politik zu integrieren. Denn auf diese Fähigkeit gründet sich wahre Macht. Ansonsten bleibt nur Gewalt, aber das wäre für Russland und China wie auch für den Rest der Welt die schlechteste Lösung von allen.

Ein anderes Beispiel für die schwindende Macht Amerikas sind die Sanktionen gegen den Irak, die wirkungslos zu bleiben; das einzige, was damit erreicht wird, ist, den Hass der Iraner auf den Westen zu schüren. Das Bein haben sich die Europäer aber selbst gestellt, statt lieber iranisches Öl mit Euro zu kaufen. Nun ist es so, dass der Iran sein Öl ohne Probleme nach China und in die Türkei verkauft; und die Türkei, obwohl Nato-Mitglied, bezahlt das Öl über Dubai (9) in vollkommen legaler Weise mit Gold. Daran lässt sich ablesen, wie brüchig das westliche Bündnis geworden ist und wie einfach Länder ihre Rohölkäufe auch ohne die Verwendung von Dollar bezahlen können. Für die USA ist das eine Katastrophe, denn die Leitwährungsstellung des Dollars (und damit der amerikanische Einfluss) hängt davon ab, dass der Dollar ausschließliches Zahlungsmittel für Rohöl bleibt. In einer kommenden Ausgabe des GEAB werden wir die Bedeutung von Öl als zentrales Element der gegenwärtigen Geopolitik in all ihren Fassetten herausarbeiten.

Abschließend bleibt noch festzuhalten, dass der Einfluss Amerikas auf Europa auch immer mehr an Bedeutung verliert. Wenn die Lage in Europa auch alles andere als rosig ist, angesichts einer hohen Arbeitslosigkeit und einer zunehmenden Verarmung insbesondere in Griechenland und Spanien, fällt dennoch auf, dass die amerikanischen und britischen Medien nur noch vereinzelt und auch mit weniger Schaum vor dem Mund das Gespenst einer Explosion der Eurozone an die Wand malen; denn ein Auseinanderfallen der Währungsunion kann immer weniger glaubhaft als mögliches Szenario beschrieben werden, und die Probleme der USA wie auch die Englands drängen immer mehr in den Vordergrund. Die Reformen in Euroland, die unter Schmerzen in den letzten vier Jahren umgesetzt wurden, beginnen nun, Früchte zu tragen (10).

Die Eurozone emanzipiert sich immer stärker von den Finanzmärkten der Wall street und der Londoner City (11); im Fall der City ist es sogar Großbritannien selbst, dass sich immer stärker ins Abseits manövriert (12). Natürlich wird auch Euroland den Fall Amerikas nicht unbeschadet überstehen, aber genauso sicher ist auch, dass es von dessen Fall nicht mitgerissen werden wird. Viele Herausforderungen harren der Europäer, insbesondere die Tatsache, dass Merkels Einstellung eine Diskussion mit ihren Partnern nicht immer einfach macht. Wir werden im Übrigen in der kommenden 70. Ausgabe des GEAB eine Gesamtschau auf die politische Entwicklung in Deutschland für 2013 und danach anbieten.


© GEAB
www.leap2020.eu


Noten:

(1) Vgl. Handbuch der Politischen Antizipaton, Marie-Hélène Caillol, Editions Anticipolis

(2) Präzise für den Herbst vorhergesagte entscheidende Entwicklung

(3) Vgl. 1. und 52. Ausgabe des GEAB.

(4) Nach dem Märchen von Andersen "Des Kaisers neue Kleider". Quelle: Wikipedia

(5) Quelle: Der Spiegel, 05/11/2012

(6) Zur Lektüre wird beispielsweise empfohlen: Die düstere Zukunft Amerikas, neuer Gegner für Obama (Libération und Süddeutsche Zeitung 07/11/2012), "Die getrennten Staaten von Amerika (La Tribune, 06/11/2012), Rebuilding America (Foreign Policy, 14/11/2012), Waarom Amerika niet langer wereldmacht is (Elsevier.nl) usw.

(7) Quelle: Le Monde, 11/11/2012

(8) Quelle: The New York Times, 12/11/2012

(9) Quellen: Reuters, 23/10/2012; ZeroHedge, 23/10/2012

(10) Neustes Beispiel, eine strengere EU- Regulierung bestimmter Spekulationsprodukte (Verbot des Kaufs von CDS für Staatsanleihen, die man nicht besitzt, und Kontrolle von Leerverkäufen) blieb beinahe unbeachtet, aber stärkt die Verteidigungsfähigkeit der Euroländer gegen Spekulationsangriffe. Quelle: Le Monde, 01/11/2012.

(11) Par exemple dans le domaine, voir Ou la demande des Allemands d'avoir un droit de regard sur leur or stocké aux États-Unis (source).
Siehe hierzu z.B. Seeking Alpha (18/12/2011). Oder die Forderung des deutschen Rechnungshofs, die in den USA gelagerten deutschen Goldbestände zu überprüfen. Quelle: Der Spiegel, 30/10/2012

(12) Quellen: Financial Times (04/11/2012), Le Monde (31/10/2012), Der Spiegel (02/11/2012), etc.




Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"