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Aktienmarkt am Scheideweg? Robuste Konjunktur trotz höherer politischer Risiken

01.03.2011  |  Carsten Klude
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Für Anleger bestehen allerdings auch Risiken, wenn sie bereits jetzt Aktien aus den zyklischen Branchen abgeben, die von einem Ölpreisanstieg besonders betroffen sind, oder wenn sie ihre Aktienquote insgesamt reduzieren. Denn die konjunkturelle Entwicklung ist bisher nicht von den Unruhen im Nahen Osten und in Nordafrika beeinträchtigt, und die wirtschaftliche Dynamik ist weiterhin sehr hoch. So sind die Einkaufsmanagerindizes in Europa noch einmal deutlich angestiegen, in Deutschland blieben sie insgesamt auf einem hohen Niveau.

Darüber hinaus hat sich auch der wichtigste deutsche Frühindikator - der Ifo-Geschäftsklimaindex - noch einmal verbessern können. Die vom Münchner Wirtschaftsforschungsinstitut befragten Unternehmen schätzten die aktuelle Lage besser als im Vormonat ein, und die Geschäftserwartungen hellten sich ebenfalls noch einmal auf. Dies bestätigt unsere Einschätzung, dass die deutsche Wirtschaft auch in diesem Jahr überdurchschnittlich stark wachsen wird, und die anderen europäischen Länder ebenfalls zunehmend an Konjunkturdynamik gewinnen.

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In den USA stehen die Signale für die Wirtschaft ebenfalls auf grün. Beinahe alle wichtigen Frühindikatoren haben sich in den letzten Monaten verbessert, der Aufschwung geht durch alle Regionen und hat neben den Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe und dem Dienstleistungssektor auch die Konsumenten erfasst. Die Zeichen mehren sich zudem, dass sich die bisher desolate Lage am US-Arbeitsmarkt etwas entspannen wird. Insgesamt dürfte die US-Wirtschaft vor diesem Hintergrund 2011 um 3,5% bis 4% wachsen können.

Darüber hinaus scheint es so, dass die Notenbank Fed die Leitzinsen nicht so schnell anheben wird. So konnten sich die Notenbanker in der vergangenen Sitzung des Offenmarktausschusses nicht darauf einigen, den Diskontsatz von 0,75% auf 1% anzuheben. Den Diskontsatz müssen - etwas vereinfacht dargestellt - Banken zahlen, die sich gegen Sicherheiten direkt bei der US-Notenbank kurzfristig Geld leihen. Vor der Finanzkrise betrug der Abstand zwischen dem Diskontsatz und dem Leitzins rund einen Prozentpunkt. Im Laufe der Finanzkrise wurde der Diskontsatz allerdings stärker gesenkt als die Leitzinsen, um den Geschäftsbanken auf diesem Weg mehr Liquidität zur Verfügung zu stellen.

Wie wir schon im Februar 2010 festgestellt haben, ist das Ausleihvolumen über das Diskontfenster allerdings nach der Finanzkrise erheblich zurückgegangen. Es hätte sich insofern bei der Anhebung lediglich um einen symbolischen Schritt gehandelt, der daneben kaum weitere Auswirkungen gehabt hätte. Dies zeigt unseres Erachtens, dass die Fed sich schwer tun könnte, ihre sehr expansive Geldpolitik aufzugeben. Auch wenn dies mittelfristig einen Risikofaktor darstellt, wirkt es sich kurzfristig unterstützend auf die Konjunktur und den Aktienmarkt aus.

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Die Stimmung der Anleger dürfte von den Demonstrationen und Unruhen nur temporär belastet werden, solange nicht weitere Länder betroffen werden oder die Auseinandersetzungen an Schärfe gewinnen. Alle Beteiligten haben ein Interesse daran, die Konflikte möglichst schnell zu lösen und den Ölexport als eine der wichtigsten Einnahmequellen nicht stocken zu lassen bzw. wieder schnell in Gang zu bringen. Wir können allerdings angesichts der unübersichtlichen Nachrichtenlage und der vielen Unwägbarkeiten bei der politischen Entwicklung in den betroffenen Ländern auch nicht ausschließen, dass sich die Situation weiter verschärft.

Unseres Erachtens ist es noch zu früh, bereits jetzt Sektoren zu verkaufen, die von einem dauerhaften Ölpreisanstieg am härtesten betroffen wären. Auch eine Reduzierung der Aktienquote steht derzeit nicht zur Diskussion. Die Nachrichtenlage sollte stattdessen weiter genau verfolgt werden. Wenn sich die Anzeichen mehren, dass auch andere maßgebliche Ölförderländer zunehmend politisch instabil werden, dann besteht Handlungsbedarf. Beruhigt sich die Situation wieder - was wir derzeit für die wahrscheinlichere Entwicklung halten -, dann sind unseres Erachtens weiter steigende Aktienkurse zu erwarten, und für bisher unterinvestierte Anleger wäre der Zeitpunkt zum Kauf von Aktien sogar günstig.


© Carsten Klude, Dr. Christian Jasperneite, Matthias Thiel
M.M.Warburg Investment Research

Quelle: Auszug aus "Konjunktur und Strategie" vom 24.02.2011



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