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Silber-Schocker

11.03.2011  |  Theodore Butler
Es folgt ein erweiterter Auszug aus dem Wochenrückblick, der ursprünglich am 5. März für Abonnenten veröffentlicht wurde.

Die große Überraschung stammte aus dem COT, wo die großen Vier ihre Netto-Short-Position insgesamt um 3.000 Kontrakte ausbauten - im Vorfeld war es allerdings zu einer Verringerung der Gesamt-Short-Position aller Commercials um 1.300 Kontrakte gekommen. Dieser Anstieg der Netto-Short-Position der großen Vier unterbrach das Abbaumuster, das seit Monaten für die konzentrierte Silber-Short-Position galt. Der Anstieg dieser konzentrierten Position kam für mich so unerwartet, dass ich zuallererst an einen Fehler dachte. Da gestern ein oder zwei Stunden nach dem COT auch noch der Bank Participation Report veröffentlicht wurde, dachte ich in der Zwischenzeit, dass sicher nicht JP Morgan hinter dem Ausbau der konzentrierten Short-Position stecken würde, sondern höchstwahrscheinlich die anderen drei Institutionen der großen Vier. In Anbetracht der ganzen Negativschlagzeilen (und Verluste) in Verbindung mit JP Morgan und ihrer großen Silber-Short-Position, dürfte sich dieser Anstieg um 3.000 Kontrakte im COT der großen Vier wohl kaum auf JP Morgan zurückführen lassen.

Wenn der COT eine Überraschung war, dann war der Bank Participation Report ein Schocker. In der Kategorie "US-Banken" ergab sich ein Anstieg um 6.000 Kontrakte auf insgesamt 25.000 leerverkaufte Silber-Kontrakte. JP Morgans Short-Position, die über die vorhergehenden 3 Monate um 11.000 Kontrakte auf insgesamt 19.000 Kontrakte zurückgegangen war, hatte sich plötzlich auf 25.000 Kontrakte (125 Millionen Unzen) aufgebläht. Nach meiner Lesart dieser Berichte scheint es mir, als hätte der große Anstieg der Silber-Leerverkäufe durch JP Morgan während der letzten COT-Berichtswoche stattgefunden - was auch für den BP-Report gilt. Bevor ich fortfahre, will ich noch Folgendes anmerken: Ich persönlich gehe davon aus, dass JP Morgan im Grunde für die gesamte Kategorie "US-Banken" im Bank Participation Report aufkommt, oder zumindest für den größten Teil. Und dafür gibt es eine ganze Reihe mathematischer Gründe. Es ist jedoch kaum entscheidend, ob noch eine weitere Bank eine ausgeprägte Netto-Short-Position beim Silber hält, denn das würde nur bedeuten, dass eben zwei US-Banken heimliche Absprachen treffen, um den Silberpreis zu manipulieren, und nicht nur eine Bank alleine agiert.

Vor zweieinhalb Jahren hatte ich mit Blick auf den Bank Participation Report ein sehr ähnliches Schockerlebnis. Damals wusste eigentlich noch keiner, dass ein Bank Participation Report überhaupt existierte. Die Ausgabe vom August 2008 brachte mich dazu, eine Serie von Artikel zu verfassen, die im Sommer jenes Jahres mit "Der rauchende Colt" begann. Meine Analysen und Schreiben führten wiederum zur laufenden CFTC-Ermittlung im Silbersektor (immer noch ohne Entscheidung) und der Enthüllung, dass JP Morgan, durch Übernahme von Bear Stearns, zum großen COMEX-Silber-Short wurde. Ich glaube zudem, dass die Aufdeckung der wahren Größe und des wahren Wesens der konzentrierten Silber-Short-Position dazu beigetragen hat, dass sich die CFTC derzeit mit der Einführung von Positionsobergrenzen beschäftigt.

War der Bank Participation Report von August 2008 schon schockierend, so ist der aktuelle sogar noch schockierender. Und zwar weil wir heute so viel mehr wissen, als wir damals wussten. Wir haben zweieinhalb Jahre darauf gewartet, dass uns irgendjemand schlüssig erklärt, wie eine US-Bank ohne zu manipulieren eine Short-Position halten kann, die 25% der Weltproduktion entspricht. Noch hat es keine Erklärung dazu gegeben, zudem ist es unwahrscheinlich, dass eine folgen wird. Wir wissen jetzt, dass Konzentration die Grundvoraussetzung für Manipulation ist. Jetzt sehen zu müssen, dass der am stärksten konzentrierte Teilnehmer seine Silber-Short-Position plötzlich um mehr als 30% ausbaut, ist also kaum noch zu fassen.

Ich möchte an dieser Stelle kurz die technischen Abläufe des gerade Geschehenen beleuchten und dann über die Motive spekulieren, die JP Morgan dazu brachten, ihre Silber-Short-Position so drastisch zu erhöhen. Über die letzten zwei COT-Berichtswochen hatten wir hauptsächlich eine Situation vom Typ Commercials gegen Commercials. Die großen Tech-Fonds hatten größtenteils vom Ausbau ihrer Silber-Long-Position Abstand genommen, obgleich die Preise sehr stark stiegen. Vor zwei Wochen erhöhten die Raptoren (die kleineren Commercials neben den großen 8) ihre Short-Position insgesamt auf 4.000 Kontrakte - der höchste Stand seit vier Jahren. Die Raptoren verkauften an die kaufenden kleineren Trader aus der nicht berichtenden Kategorie. Diese Woche stellten die Raptoren ihre komplette Short-Position plötzlich glatt und nahmen anschließend keine Veränderungen mehr vor (weder long noch short). JP Morgan war der einzige Verkäufer gegen die Rückkäufe der Raptoren, was zum starken Zuwachs der Short-Position JP Morgan führte.

Und was könnte die Motivation der Raptoren gewesen sein, ihre frisch etablierte, große Short-Position so plötzlich abzustoßen? Die plausibelste Erklärung für deren Vorgehen ist wohl die, dass die Raptoren einsahen, welch schlechtes Geschäft der Leerverkauf von Silber ist. Ich vermute, dass die Raptoren ihre Hausaufgaben erst gemacht haben, nachdem sie die große Short-Position etabliert hatten und bei steigenden Preisen Geld verloren. Diese Hausaufgaben überzeugten sie letztendlich, ganz fix von der Short-Seite des Silber-Terminmarktes zu verschwinden, und das machten sie dann auch. Was genau JP Morgan motiviert hat, die eigene Short-Position plötzlich und deutlich auszubauen, ist weniger klar und besorgniserregender.




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