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Interview mit David Morgan ...

16.03.2011  |  Redaktion
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Geoff Candy: Damit kommen wir zu meiner nächsten Frage. Es wurde ziemlich viel darüber diskutiert, dass sich der Silber-Terminmarkt aktuell in Backwardation bewegt. Mir, mit meinem beschränkten Wissen, sagt das jetzt, dass die unmittelbare Nachfrage nach dem Metall aktuell höher ist als die zukünftige Nachfrage.

David Morgan: Das stimmt, das bedeutet es. Es trifft auf jeden Rohstoff zu - Öl befindet sich sogar noch stärker in Backwardation als Silber. Ich weiß zwar nicht, was heute zu Handelsbeginn passierte, aber was ich bisher gesehen habe - an den Terminbörsen, an der CME, der Chicago Mercantile Exchange (der Eigentümer der COMEX), so lässt sich dort eine wirklich sehr geringe Backwardation beobachten - und das auch nur in Relation zu den sehr weit entfernten Kontraktmonaten. Ich sage nicht, sie würde nicht existieren, denn man kann sich die CME-Angaben anschauen und dort Backwardation finden, aber viele scheinen nicht zu verstehen, dass es in den wirklich großen, weit entfernten Terminkontrakten, welche für die Backwardation verantwortlich sind, kaum Handel gibt. Und es ist eigentlich ziemlich normal, dass man hier tiefere Preise sieht. Es ist wirklich normal, wenn es dort nur ein paar gehandelte Kontrakte gibt - ich meine, ich selbst habe 30 Jahre lang Rohstoffe gehandelt, für mich ist das also kein Grund zur Aufregung. Es ist wirklich recht normal. Der Unterschied zwischen den beiden Kontraktmonaten, die demnächst anstehen, ist so gering, dass er unbedeutend ist.

Die Leute reden immer wieder von der Backwardation und haben meiner Meinung nach eigentlich Kassa-Preisunterschiede an den verschiedenen Märkten der Welt im Blick. Wenn man einen Kassapreis in Chicago oder New York hat, dann ist das X, und dann hat man den Preis in Hongkong, und der ist X plus ein Dollar - und das nennen sie Backwardation. Aber das ist nicht wirklich Backwardation, es zeigt, dass die Nachfrage in Hongkong so hoch ist, dass man dort bereit ist, einen Aufschlag zu zahlen. Aber dieser Aufschlag geht zu einem großen Teil auf andere Faktoren zurück - und diese Faktoren sind Transport, Verfügbarkeit und dann gibt es noch rechtliche Fragen - an einigen Orten lässt man die Kunden Gebühren zahlen, an anderen Orten muss eine Mehrwertsteuer gezahlt werden.

Man muss sich diese Dinge dann wirklich im Einzelnen und von Fall zu Fall anschauen - ich habe sie nicht alle im Kopf. Aber eines möchte ich gerne deutlich machen: Die Backwardation an den Terminbörsen ist, falls sie existiert, nicht von Bedeutung. Was die Preisunterschiede an den unterschiedlichen Orten dieser Welt betrifft - die gibt es auf jeden Fall, aber der Grund dafür muss nicht zwangsläufig eine angespannte Angebotssituation sein - es gibt also noch andere Faktoren beim physischen Silber.

Man muss sich wieder vor Augen führen, dass es vor acht Jahren in China praktisch noch keinen Silberhandel gegeben hatte. Als ich das letzte Mal in Peking war, versuchte ich Silber zu kaufen, und das einzige Silber, das man kaufen konnte, waren Essstäbchen aus Silber. Seither wurde aber der Silbermarkt in China geöffnet und das in großem Ausmaß, aber trotzdem existiert damit nicht augenblicklich auch eine voll einsatzfähige Silber-Infrastruktur - im Sinne von: Das Silber kommt vom Hafen und wandert gleich in die Tresore. Das nicht. Es wäre schwer für mich, hohe Integrität zu genießen und dann zu sagen, die Backwardation wäre einfach nur gewaltig, wo es doch eigentlich um Preisabweichungen geht.


Geoff Candy: Sie erwähnten eben Silberkäufe in China, es wird aber auch viel über die Goldnachfrage aus China geredet. Ist die Goldnachfrage dort ähnlich so hoch wie die Silbernachfrage, und wie wichtig wird dieser Markt zukünftig sein?

David Morgan: Zumindest als ich in China war, konnte ich mir ein Bild davon machen - mit Informationen von unten, also von Chinesen, die mich persönlich kennen - Namen nenne ich nicht, ich schütze meine Quellen: Ich kann Ihnen aber versprechen, dass die in meinen Augen vertrauenswürdigen Quellen mir gesagt haben, dass die Silberkäufe der chinesischen Bevölkerung nicht wirklich von solch großer Bedeutung sind und meistens nur Papierverkäufe sind. Die Chinesen gehen also in eine lokale Bank und sagen: "Ich möchte Silber kaufen." und dort sagt man "Gut, wie viel wollen Sie?"… "Das macht so und so viel Renminbi.", und dann bekommt man einen Papierzettel, ein hübsches Zertifikat, auf dem steht, dass einem jetzt so und so viel Silber gehört, welches in der Bank deponiert ist. Aber viel wichtiger ist meiner Meinung nach, was die Industrialisierung Chinas für den chinesischen Silbermarkt bedeutet.




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