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Detlev Schlichter: Monetäre Grundprinzipien und inflationäre Depression (Teil 2/2)

10.12.2012  |  Presse
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Daily Bell: Was halten Sie von den Vorschlägen Ellen Browns, Bill Stills und Stephen Zarlengas?

Detlev Schlichter: Ich würde lieber nicht kommentieren, ich verweise aber auf die Frage nach dem Ursprung des Geldes weiter unten.


Daily Bell: Und was ist mit Silvio Gesell und Major Douglas? Sie waren in den 1930ern berühmt, und jetzt erleben ihre Theorien ein Comeback.

Detlev Schlichter: Dazu möchte ich mich lieber nicht äußern.


Daily Bell: Was halten Sie von den Sonderziehungsrechten des Internationalen Währungsfonds? Wir hier eine globale Währung auf den Weg gebracht?

Detlev Schlichter: Natürlich handelt es sich auch hier um eine weitere Form des elastischen Fiat-Geldes. Es hat schließlich wieder dieselben Probleme, die alle Systeme mit elastischem Geld haben. Was mir Sorgen macht, ist, dass wir im Fall des Zusammenbruchs unseres derzeitigen Systems möglicherweise nicht wieder zu einer Form des harten Marktgeldes zurückkehren, das außerhalb politischer Kontrolle zirkuliert, sondern dass auf die Einführung einer neuen globalen Form des Fiat-Geldes hingearbeitet wird. Das wäre eine Katastrophe.


Daily Bell: Sie schreiben, in Systemen mit elastischem Geld stauen sich Ungleichgewichte auf, die zu ökonomischen Auflösungserscheinungen und Chaos führen. Sie sind grundsätzlich unvereinbar mit Kapitalismus. Das ist eine harte Aussage! Ihr Kommentar dazu?

Detlev Schlichter: Ich denke, es führt überhaupt kein Weg an dieser Schlussfolgerung vorbei. Sie wird in meinem Buch “Paper Money Collapse” in einem ganz streng logischen Prozess abgeleitet. Unterstützung erhält sie zudem, so denke ich, durch die Arbeiten hervorragender Vertreter der monetären Ökonomie - von den klassischen britischen Ökonomen bis hin zur Österreichischen Schule der Nationalökonomie, besonders durch Ludwig von Mises. Auch von der Geschichte wird sie gestützt.

Funktionierender Kapitalismus braucht freie Preisbildung. Elastische Formen des Geldes verzerren systematisch das relative Preisgefüge. Vor 80 Jahren hätte kein führender Ökonom ein System wie das unsere als kapitalistisches System bezeichnet.


Daily Bell: Sie schreiben, dass bislang alle Papiergeldsysteme gescheitert sind. Haben Sie Beispiele?

Detlev Schlichter: Die Song-Dynastie im Süden Chinas (1127-1279), Chinas Jin-Dynastie (1115-1234), Chinas Yuan-Dynastie (1271-1368) und die frühe Phase der Ming-Dynastie (1368-1644, mit freiwilliger Rückkehr zum Primärgeld), Massachusetts und dann andere britische Kolonien im frühen 18. Jh., Frankreich (1716-1720), Nordamerika (1775-1781), Frankreich (1790-1803), Großbritannien (1797-1821, freiwillige Rückkehr zum Gold), die Vereinigten Staaten (1861-1879, freiwillige Rückkehr zum Gold), Deutschland (1914-1923). Im 20. Jahrhundert - im feindlichsten Jahrhundert für Gold-Geld und am stärksten heimgesucht von großen Staatsideologien - gab es darüber hinaus noch ganze 29 Hyperinflationen!


Daily Bell: Was halten Sie von Kerbhölzern? Wir hatten an anderer Stelle darüber geschrieben: Now Let Us Celebrate Tally Sticks ... or Not.

Detlev Schlichter: Kein Kommentar.


Daily Bell: Können Kulturen zum Primärgeld (commodity money) zurückkehren?

Detlev Schlichter: Ja. Die Chinesen waren die ersten, die mit Papiergeld experimentierten; und nach einer ganzen Reihe von Misserfolgen kehrte die Ming-Dynastie zum Primärgeld zurück. Erst ganze 500 Jahre später benutzte China dann wieder Papiergeld. Großbritannien und die Vereinigten Staaten kehrten 1821 bzw. 1879 wieder zum Gold zurück, nachdem sie inflationäre Fiat-Geldphasen erlebt hatten.

Die heutigen Herausforderungen sind enorm: Nach 40-jähriger Fiat-Geldexpansion sind die Verwerfungen gewaltig - exzessive Schuldenstände, überstrapazierte Banken und aufblähte Märkte für Vermögensanlagen. Die Rückkehr zum harten Geld würde beträchtliche Schmerzen bereiten, da die Märkte mit Sicherheit die Ungleichgewichte liquidieren würden; große Mengen von Schulden würden ausfallen (in erster Linie Staatsschulden). Es wäre schmerzhaft, aber es müsste nicht zwangsläufig lange dauern. Dürfte der Markt frei funktionieren, würde auch die Wirtschaft in Kürze ihre Talsohle durchschreiten. Die Politik will das aber nach wie vor nicht zulassen. “Nicht in meiner Amtszeit” ist das Leitprinzip.

Das Ende des billigen Geldes würde mit Sicherheit einen kleineren Banken- und Finanzsektor sowie einen viel kleineren Staat mit sich bringen. In unserem Zeitalter der Wohlfahrtsdemokratie, übergroßer Staatsausgaben und unrealistischer Erwartungen hinsichtlich der Leistungsfähigkeit des Staates ist das natürlich eine politische Herausforderung. Aber das Spiel ist sowieso bald vorbei. Und das wird bedeutende politische Konsequenzen haben.




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