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Die Silber-Saga (Teil 1/2)

14.12.2012  |  Prof. Antal E. Fekete
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Man sollte auch erwähnen, dass das Horten von Gold und Silber keine Anomalie oder Fehlverhalten ist. Es ist tatsächlich Teil eines essentiellen Mechanismus, der den Zinssatz reguliert. Er unterbindet das Drücken der Zinssätze durch Banken. Wenn die Einleger erkennen, was die Banken vorhaben, ziehen sie ihre Einlagen in Form von Goldmünzen ab. Die Banken verlieren dadurch ihre Reserven und müssen ausstehende Kredite zurückfordern. Das Horten wirkt ebenso als Abschreckungsmittel gegen staatliche Ausgabefreizügigkeit und Verschwendung. Die normalen Staatsbürger werden sich angesichts zu hoher Staatsausgaben sowie fortlaufender Haushaltsdefizite beunruhigt zeigen. In Reaktion darauf werden sie eher dazu neigen, ihr liquides Vermögen in Goldmünzen zu halten anstatt in kurzfristigen Staatspapieren. Gold wie Silber waren von einer solchen Neigung zum Horten betroffen. Jetzt aber konzentrierte sie sich ausschließlich auf Gold. Die deflationären Konsequenzen liegen auf der Hand.

Instinktiv hat man das Gefühl, dass die Selbstzerstörung liquiden Vermögens in einem solch gewaltigen Umfang und innerhalb einer so kurzen Zeitspanne unmöglich spontan entstehen konnte. Dieses Ereignis lässt sich nicht allein Kraft der Kausalität erklären. Um wirklich begreifen zu können, was hier passierte, muss man zwangsläufig die Teleologie bemühen. Unter diesen Gesichtspunkt wurden die Entwicklungen aber noch nie analysiert. Zudem ist es nicht wirklich korrekt, hier von Vermögenszerstörung zu sprechen. Die Werte wurden nicht in dem Sinn zerstört, wie ein Haus bis auf die Grundfesten niederbrennt.


Heimliche Unterschlagung

Es macht ganz den Eindruck, als hätten wir es hier mit einer heimlichen Unterschlagung zu tun, von der das globale Banken-Establishment auf Kosten der Konteninhaber profierte. Der Wert ihrer Vermögensanlagen wurde nach unten manipuliert und letztendlich von der Bank übernommen. Die Straftäter kümmerten sich nicht darum, dass das verschwindende liquide Vermögen vermisst werden könnte oder Deflation verursachen würde. Genau darum ging es ja bei der Straftat. Man war zuversichtlich, dass keine Deflation entstünde, wenn man das verschwindende Silber durch Bankenkredit ersetzen würde, der auf Schulden, im Besonderen Staatsschulden, basierte. Dies ist ein deutlicher Hinweis auf staatliche Beteiligung. Höchstwahrscheinlich gab es hier eine Verschwörung zwischen dem internationalen Bankenkartell und einigen Regierungen (beispielsweise die Regierung der Vereinigten Staaten, die entweder allein oder mit der Duldung des Kaiserlichen Deutschlands handelte).

Wirtschaftshistoriker behandeln die Silber-Saga als eine natürliche, evolutionäre Entwicklung, bei der der Gold-Monometallismus den Bimetallismus ablöste und gleichzeitig dem Silberstandard abwürgte. Dieser Geschichtsbetrachtung zufolge beseitigte der Markt nach und nach Silber als Geld, da dieses neben sich noch so viele Mitwettbewerber hatte, die im Kampf um die monetäre Hegemonie die Vormachtstellung von Gold in Frage stellten. Es war Schicksal. Eine Obduktion ist unnötig, die Suche nach einem Mörder noch unnötiger. Wohin würden wir kommen, wenn jeder natürliche Tod so untersucht wird, als wäre Gewalteinwirkung im Spiel gewesen? Wie dem auch sei, sie behaupten, die Geldmengentheorie würde alle Marktprozesse erklären, die Silber aus dem Umlauf gedrängt hätten.

Allerdings scheint die Hypothese unhaltbar, dass der Markt - und keine Verschwörung aus Staat und Banken - den Silberstandard vernichtet hätte. Es gab mächtige Interessengruppen, die Silber als geprägtes monetäres Metall und gesetzliches Zahlungsmittel abschaffen wollten. Eine solche Interessengruppe mit Sonderinteressen waren die internationalen Bankenhäuser - ihr monopolitisches Streben ist gut bekannt. Sie vermieden öffentliche Debatten. Sie agierten hinter den Kulissen. Eine Monopolisierung des Goldstandards würde bedeuten, dass sie durch die Kontrolle der Goldminen auch die Geldschöpfung besser im Griff hätten. Sollte diese Hypothese stimmen, dann wissen wir, wer das Schicksal des Silberstandards besiegelte.


Wer hat’s gemacht?

Preußen gewann den Deutsch-Französischen-Krieg von 1870-1871. Das Deutsche Reich wurde am 18.Januar mit der Kaiserproklamation im Schloss Versailles gegründet. Am 28. Januar wurde Paris von den angreifenden deutschen Truppen genommen. Deutschland war bestrebt, dem von Großbritannien angeführten Goldstandard-Club beizutreten. Am 23. November 1871 verlangte Reichskanzler Bismarck von Frankreich eine Reparationszahlung von fünftausend Millionen Goldfranc (oder eine Milliarde Gold-Dollar, oder 200 Millionen Pfund), zahlbar innerhalb von vier Jahren. Nordfrankreich sollte solange unter deutsche Besatzung bleiben, bis der Betrag komplett abgezahlt wurde. Hierbei handelte es um die wohl größte Goldmenge, die jemals direkt und ohne zukünftige Zahlungsversprechen die Besitzer wechselte. Eintausend Millionen Dollar in Gold (zu 19,39 $/ oz) sind eine unglaublich hohe Geldsumme. Der Ankauf Louisianas im Jahr 1803 wurde für insgesamt 15 Millionen Dollar in Gold abgewickelt. Der Ankauf Alaskas im Jahr 1867 wurde mit 7,2 Millionen Dollar in Gold bezahlt. Die Reparationszahlungen Frankreichs an Deutschland entsprachen also 66 Louisianas oder 172 Alaskas.

Für die Deutschen muss die Verlockung, den Wert ihrer Kriegsbeute durch lautere oder unlautere Mittel zu erhöhen, unwiderstehlich gewesen sein. Er hätte zum Beispiel durch die Demonetisierung von Silber erhöht werden können. Das hätte zumindest die Nachfrage und auch die Kaufkraft des Goldes erhöht.

Frankreich zahlte die Reparationsforderungen noch vor Ablauf der Frist. Der neue Goldstandard des Deutschen Kaiserreichs wurde am 9. Juli 1873 eingeweiht, als die neue Goldmünze, die Goldmark, ihr Debut gab. Im Vorfeld wurde schon 1871 die Prägung der deutschen Silbertaler ausgesetzt - der erste offene Schritt zur Demonetisierung von Silber.




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