Die Silber-Saga (Teil 1/2)
14.12.2012 | Prof. Antal E. Fekete
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Einige Historiker sind der Überzeugung, dass die Demonetisierung von Silber durch den deutschen Staat und der anschließende Verkauf der eingeschmolzenen Münzen an den Weltmärkten die unmittelbare Ursache für den rasanten Einbruch des Silberwerts gewesen ist. Das wird allerdings durch die Tatsache widerlegt, dass der Silber-Marktpreis am 12. Februar 1873 in den USA höher war als der Münzpreis (der Tag, an dem Präsident Ulysses Grant das Coinage Act von 1873 unterzeichnete). Zu den Prägeanstalten floss kein Silber. Die Aufzeichnungen über die Prägung der Standard-Silberdollars zeigen, dass es auch von privater Seite keine Nachfrage nach zusätzlicher Silberprägung (Monetisierung) gegeben hatte. Die Situation blieb noch eine ganze Zeit lang unverändert. Die Silberminen verkauften weiterhin ihre Produktion am freien Markt. Ihnen scheint nicht bewusst gewesen zu sein, dass Silber praktisch 1871 von Deutschland und 1873 von den USA demonetisiert wurde. Für sie machte es auch keinen Unterschied: Der Markt bot ihnen einen besseren Preis.Den letzten Schlag erhielt der Silberpreis nicht mit der Demonetisierung in Deutschland. Auch nicht mit der Demonetisierung in den Vereinigten Staaten. Der Markt wusste, dass die Demonetisierungen kamen und konnte locker damit umgehen. In Indien und China gab es ja Silbermärkte, die wohlmöglich Silber in welchen Mengen auch immer aufnehmen würden. Als der Silberpreis gegenüber dem Greenback zu sinken begann, nahmen die amerikanischen Silberbergbauunternehmer die US-Prägeanstalt als potentiellen Markt für ihre Produktion ins Visier. Sie waren geschockt, als sie erfuhren, dass die Prägeanstalt schon Jahre zuvor die Prägung von Silbermünzen eingestellt hatte.
Die Anatomie eines Mordes
Es folgt chronologisch die Entstehungsgeschichte jenes Gesetzes, das zum Coinage Act of 1873 werden sollte. Dieses Gesetz eliminierte den Standard-Silberdollar beiläufig, indem es ihn nicht erwähnte. Das Gesetz entzog den Prägeanstalten die Berechtigung zum Prägen. Dieser Entzug war verfassungswidrig. Diese Münze war die einzige Silbermünze, die in unbegrenzten Mengen in privatem Auftrag geprägt werden konnte; das bedeutete also auch, dass Silber auch in den USA (die damit dem Beispiel Deutschlands folgten) demonetisiert wurde.
1868 brachte Senator John Sherman aus Ohio einen Gesetzesentwurf ein, der unter anderem vorsah, dass die US-Prägeanstalt die Prägung der gesetzlichen Silberdollars aussetzen und somit Silber in den Vereinigten Staaten demonetisieren solle. Obgleich er auf keinen Widerstand traf, ging der Entwurf im Ausschuss unter, weil der Senat mit anderen Dingen, wie den Inflationsproblemen des Greenbacks, beschäftigt war. Also schon 1868!
(2) Der US-Finanzminister Boutwell sandte den Gesetzentwurf (das zukünftige Coinage Act von 1873, das den Standard-Silberdollar wegfallen ließ) mit nachdrücklichen Empfehlungen auf Annahme am 25. April 1870 an den Kongress.
(3) Der Senat nahm den Entwurf am 10. Januar 1871 mit 36 zu 14 Stimmen an. Unter den Ja-Stimmen waren auch zwei Senatoren aus dem Silberstaat Nevada. (Zu dieser Zeit war Nevada der einzige Silberstaat, da er schon 1864 in die Union aufgenommen wurde; der zweite war Colorado im Jahr 1876, gefolgt von Montana, Idaho und Utah, die zwischen 1889 und 1896 aufgenommen wurden).
(4) Am 27. Mai 1872 wurde der Gesetzesentwurf im US-Repräsentantenhaus mit 110 zu 13 Stimmen angenommen. Die Unterstützung der Abgeordneten aus dem Silberstaat Nevada war erneut überwältigend.
(5) Am 12. Februar 1873 verlieh Präsident Grant dem Entwurf Gesetzeskraft. Man muss hinzusagen, dass alle Details und auch der gesamte Text des Gesetzesentwurfes schon ab April 1870 jedermann zugänglich waren.
25 Jahre später, 1895, erklärte Senator John Sherman (er war es, der den Gesetzesentwurf im Senat eingebracht hatte) in seiner berühmten Rede mit dem Titel „On the Crime of 1873“, dass der Gesetzesentwurf ganze 3 Jahre lang im Kongress zirkulierte:
"[E]r wurde in beiden Kammern sorgfältig geprüft, wobei dem Wegfall des Standard-Silberdollars besondere Aufmerksamkeit gewidmet wurde, wie auch den Gründen des vorgeschlagenen Wegfalls […] Es ist eigenartig, dass dieselben Männer, die das Coinage Act von 1873 unterstützten, die auf dessen Annahme drängten und auch eine ausschließliche Prägung von Goldmünzen forderten, dieselben Männer sind, die jetzt [1895] die freie Prägung von Silbermünzen fordern […]."
Später in der Rede berichtet Sherman, dass seine Kollegen, die Senatoren Jones und Steward aus dem Silberstaat Nevada,
"inständig und aufrichtig ihre Meinung vertraten, dass Gold der beste und der einzig wertvolle Standard sei. Sie änderten jedoch dann ihre Meinung, als die Produktion aus der [1858 entdeckten] Comstock Lode in Nevada deutlich anstieg und sich nach 1874 die ersten Anzeichen auf nachgebende Silberpreise zeigten. Sie wollten einen Markt für ihr Silber. Sie und ihre Freunde wollten bestehende Schulden und Verpflichtungen, die auf Grundlage von Gold festgeschrieben waren, nun in Silber bezahlen; gleichzeitig hatten sie Wert darauf gelegt, dass ihre eigenen Verträge mit Schuldnern, die Rückzahlung in Gold vorsahen.“
(The World’s Famous Orations: John Sherman, http://bartleby.com)
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© Antal E. Fekete
Professor am Intermountain Institute of Science and Applied Mathematics Missoula, US-Bundesstaat Montana
www.professorfekete.com
Dieser Artikel wurde am 27. November 2012 auf http://www.24hgold.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.