Kreditzyklus: Der blinde Fleck von Fed & Co
22.01.2013 | Klaus Singer
Im modernen "central banking“ visiert jede Zentralbank irgendein Ziel abseits der Preisstabilität an, schreibt sich wirtschaftspolitische Ziele der jeweiligen Regierungen auf die Fahnen. Das 30 Jahre gültige Mantra niedriger und kontrollierter Preissteigerungen ist ebenso gefallen wie die Unabhängigkeit der Geldpolitik.
So gibt nun die Fed als Messlatte für ihre Geldpolitik einen Referenzwert für die Arbeitslosenrate aus, die Bank of Japan wird wohl in Kürze etwas Ähnliches versuchen, die Bank of England will ihre Geldpolitik künftig an der BIP-Entwicklung ausrichten und die EZB ist für die Bankenüberwachung zuständig und greift bereits mit der Ankündigung ihres OMT-Programms massiv in die Preisbildung von Staatsschulden in der Eurozone ein.
"Heute haben die Zentralbanken wahrscheinlich mehr wirtschaftspolitischen Einfluss als jemals in ihrer Geschichte. In der Finanz- und Eurokrise hat man ihnen die Aufgabe zugewiesen, verschuldete Banken und Staaten zu retten und die angeschlagene Wirtschaft wieder auf die Beine zu stellen. In der Zeit nach der akuten Krise wird dieser erweiterte Einfluss nun konsolidiert.“ Das schreibt Thomas Mayer, ehemals Chefvolkswirt der DeuBa und jetzt u.a. ihr Berater, in der FAS vom 20.1.13 und fragt: Haben die Zentralbanken sich für die Ausweitung ihres Einflusses durch besondere Vorausschau bei der Finanzkrise qualifiziert?
Antwort: Nö! Noch im Frühjahr 2007 hatte z.B. Fed-Chef Bernanke die Probleme auf dem Markt für Immobilienkredite als lokal und sektoral begrenzt eingeschätzt. Was danach geschah, wissen wir. Mayer schreibt, just als Bernanke dieses Statement abgab, begann die Kreditblase zu platzen und leitete den Abschwung im Kreditzyklus ein.
Mayer sieht das analytische Versagen von Fed & Co in volkswirtschaftlichen "Modeströmungen“ der Nachkriegszeit. Die aufgekommenen neuen Konjunkturzyklus-Theorien ignorierten den Zusammenhang mit dem Kreditzyklus, während vor dem zweiten Weltkrieg Volkswirte von Hayek bis Keynes den Konjunkturzyklus als vom Kreditzyklus getrieben ansahen.
Claudio Borio erklärt dies im BIS Working Paper No. 395 vom Dezember 2012 damit, dass der Finanzsektor nach der Großen Depression umfassend reguliert und die Kapitalmobilität stark eingeschränkt wurde. Dadurch begannen kürzere, von unstetiger Geldpolitik ausgelöste Inflationszyklen die Konjunktur zu dominieren. Die Wirtschaftszyklen verkürzten sich. Die mit rund 30 Jahren viel längeren Kreditzyklen waren durch Regulierung und Kapitalverkehrsbeschränkungen in ihrer Entfaltung gehemmt.
Mit dem Ende des Bretton Woods Regimes 1971 wurde der Finanzsektor wieder zunehmend dereguliert, der Kreditzyklus spielte bei der Konjunkturentwicklung eine immer größere Rolle. Die Wirtschaftszyklen wurden länger, die Gefahr einer Überhitzung wuchs damit an. Borio zeigt, dass das Produktionspotenzial und die Kapazitätsauslastung unterschätzt wird, wenn der Beitrag des Kreditzyklus vernachlässigt wird. Die aktuelle Lage der Konjunktur wird dann im Konjunkturzyklus früher angesiedelt als es der Realität entspricht; das birgt die Gefahr prozyklischer Geldpolitik.
Zu eben dieser prozyklischen Geldpolitik kam es. Ab den frühen 1990er Jahren nahm die Amplitude der Konjunkturzyklen ab. Diese so genannte "Große Moderation“ hielt an bis 2008 - und erreichte mit rund 15 Jahren die typische Länge des ansteigenden Teils eines Kreditzyklus.
So gibt nun die Fed als Messlatte für ihre Geldpolitik einen Referenzwert für die Arbeitslosenrate aus, die Bank of Japan wird wohl in Kürze etwas Ähnliches versuchen, die Bank of England will ihre Geldpolitik künftig an der BIP-Entwicklung ausrichten und die EZB ist für die Bankenüberwachung zuständig und greift bereits mit der Ankündigung ihres OMT-Programms massiv in die Preisbildung von Staatsschulden in der Eurozone ein.
"Heute haben die Zentralbanken wahrscheinlich mehr wirtschaftspolitischen Einfluss als jemals in ihrer Geschichte. In der Finanz- und Eurokrise hat man ihnen die Aufgabe zugewiesen, verschuldete Banken und Staaten zu retten und die angeschlagene Wirtschaft wieder auf die Beine zu stellen. In der Zeit nach der akuten Krise wird dieser erweiterte Einfluss nun konsolidiert.“ Das schreibt Thomas Mayer, ehemals Chefvolkswirt der DeuBa und jetzt u.a. ihr Berater, in der FAS vom 20.1.13 und fragt: Haben die Zentralbanken sich für die Ausweitung ihres Einflusses durch besondere Vorausschau bei der Finanzkrise qualifiziert?
Antwort: Nö! Noch im Frühjahr 2007 hatte z.B. Fed-Chef Bernanke die Probleme auf dem Markt für Immobilienkredite als lokal und sektoral begrenzt eingeschätzt. Was danach geschah, wissen wir. Mayer schreibt, just als Bernanke dieses Statement abgab, begann die Kreditblase zu platzen und leitete den Abschwung im Kreditzyklus ein.
Mayer sieht das analytische Versagen von Fed & Co in volkswirtschaftlichen "Modeströmungen“ der Nachkriegszeit. Die aufgekommenen neuen Konjunkturzyklus-Theorien ignorierten den Zusammenhang mit dem Kreditzyklus, während vor dem zweiten Weltkrieg Volkswirte von Hayek bis Keynes den Konjunkturzyklus als vom Kreditzyklus getrieben ansahen.
Claudio Borio erklärt dies im BIS Working Paper No. 395 vom Dezember 2012 damit, dass der Finanzsektor nach der Großen Depression umfassend reguliert und die Kapitalmobilität stark eingeschränkt wurde. Dadurch begannen kürzere, von unstetiger Geldpolitik ausgelöste Inflationszyklen die Konjunktur zu dominieren. Die Wirtschaftszyklen verkürzten sich. Die mit rund 30 Jahren viel längeren Kreditzyklen waren durch Regulierung und Kapitalverkehrsbeschränkungen in ihrer Entfaltung gehemmt.
Mit dem Ende des Bretton Woods Regimes 1971 wurde der Finanzsektor wieder zunehmend dereguliert, der Kreditzyklus spielte bei der Konjunkturentwicklung eine immer größere Rolle. Die Wirtschaftszyklen wurden länger, die Gefahr einer Überhitzung wuchs damit an. Borio zeigt, dass das Produktionspotenzial und die Kapazitätsauslastung unterschätzt wird, wenn der Beitrag des Kreditzyklus vernachlässigt wird. Die aktuelle Lage der Konjunktur wird dann im Konjunkturzyklus früher angesiedelt als es der Realität entspricht; das birgt die Gefahr prozyklischer Geldpolitik.
Zu eben dieser prozyklischen Geldpolitik kam es. Ab den frühen 1990er Jahren nahm die Amplitude der Konjunkturzyklen ab. Diese so genannte "Große Moderation“ hielt an bis 2008 - und erreichte mit rund 15 Jahren die typische Länge des ansteigenden Teils eines Kreditzyklus.