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Warum die US-Inflation so niedrig ist

10.09.2005  |  Robert Rethfeld
Der Ölpreis hat sich in den vergangenen 1 ½ Jahren von 35 auf 70 Dollar verdoppelt. Erdgas hat ebenfalls ein Allzeithoch erreicht, und auch das Inflationsbarometer Kupfer befindet sich in nie gekannten Höhen. Warum ist die Inflation in den USA nicht schon längst auf Raten weit jenseits der 5%-Marke gestiegen, wie es während der beiden Ölpreisschocks der 70er Jahre der Fall war? Der folgende Chart macht das Auseinanderdriften von Rohstoffpreisen (ausgedrückt durch den CRB-Index) und Inflationsrate deutlich.

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Häufig hört man als erste Antwort auf diese Diskrepanz den Vorwurf der Manipulation. Der Eingriff der US-Administration in die Höhe der Inflationsrate mit Hilfe der hedonistischen Preismessung ist durchaus messbar. Ohne diese Art der Preisermittlung dürfte die Inflationsrate - nach früheren Berechnungen von Bill Gross (www.pimco.com) - um einen Prozentpunkt höher liegen.

Doch reicht diese Erklärung angesichts derart gestiegener Energiepreise aus? Es müssen noch andere Gründe für die zahme Inflationsentwicklung vorhanden sein. Einen Faktor glauben wir identifiziert zu haben: Die höchst unterschiedliche Preisentwicklung einzelner Rohstoffarten.

Interessant wird es, wenn man den CRB-Index in seine beiden Hauptbestandteile zerlegt, und zwar einerseits in Bodenschätze (Energie, Edelmetalle, Industriemetalle) und andererseits in nachwachsende Rohstoffe (Mais, Weizen, Sojabohnen, Magerschwein, Lebendrind, Kaffee, Kakao, Zucker, Baumwolle und Orangensaft). Die Verteilung im CRB-Index ist ungefähr pari: Die Bodenschätze haben einen Anteil von 47%, die nachwachsenden Rohstoffe einen Anteil von 53%.

Anmerkung: Aus Gründen der historischen Vergleichbarkeit beziehen wir uns auf den Original-CRB-Index mit dem Kürzel ("CI"). Seit Sommer ist ein weiterer CRB-Index ("CR") in Umlauf, der allerdings keine historische Vergangenheit hat.

Betrachtet man beide Komponenten auf einem Chart, so wird deutlich, dass sich nachwachsende Rohstoffe und Bodenschätze seit 2004 entgegengesetzt entwickeln.

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Dem Anstieg der Bodenschätze seit 2004 steht ein Preisverfall bei nachwachsenden Rohstoffen entgegen. Bei inflationsbereinigter Betrachtung (hier nicht darstellt) dürften sich die Preise für nachwachsende Rohstoffe nahe einem historischen Tief befinden.

Nachwachsende Rohstoffe nehmen großen Einfluss auf die Lebenshaltungskosten, insbesondere was die Preisgestaltung bei Gütern des täglichen Bedarfs angeht. Und diese sind vergleichsweise preiswert. Unsere Einschätzung: Inflation in größerem Ausmaß entsteht nicht, wenn nur die Energie- oder Industriemetallpreise steigen. Und auch nicht, wenn lediglich die Lebensmittelpreise zulegen. Nur wenn beides geschieht, enthält die allgemeine Preisentwicklung die für eine größere Inflation notwendige Dynamik.

Wie verhielten sich Bodenschätze und nachwachsende Rohstoffe während der beiden Inflationswellen der 70er Jahre? Der folgende Chart macht deutlich, dass die "große Zeit" der nachwachsenden Rohstoffe erst begann, als die Bodenschätze bereits ein erstes Topp geformt hatten.

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Die Monate November 1974 und April 1980 bezeichnen die Höhepunkte der beiden Inflationswellen der 70er Jahre. Das bedeutet, dass die erste Inflationswelle ihr Topp gemeinsam mit demjenigen der nachwachsenden Rohstoffe erzielte. Der Höhepunkt der zweiten Inflationswelle im Jahr 1980 wurde - zeitlich gesehen - zwischen den beiden Topps für Bodenschätze und nachwachsende Rohstoffe notiert.


Fazit

Die US-Inflationrate ist u.a. deshalb gering, weil der Preisverfall für nachwachsende Rohstoffe wie Weizen, Lebendrind oder Kaffee noch nicht gestoppt ist. Erst wenn die nachwachsenden Rohstoffe in ihrer Preisentwicklung dem Beispiel der 70er Jahre folgen, dürfte eine Inflationswelle so richtig ins Rollen kommen.


© Robert Rethfeld
www.wellenreiter-invest.de




P.S.: Wir veröffentlichen morgens gegen zwischen 7:30h und 8:00h eine tägliche Kolumne zum aktuellen Geschehen unter www.wellenreiter-invest.de, die als 14-tägiges Schnupperabo kostenlos getestet werden kann.





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