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"Abwertungswettlauf“ - was sich dahinter verbirgt

22.02.2013  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Seit einiger Zeit macht der Begriff "Abwertungswettlauf" in der Wirtschaftspresse die Runde: Immer mehr Länder könnten versuchen, den Außenwert ihrer Währung zu schwächen, um auf diese Weise ihre heimische Wirtschaft zu fördern. Eine abwertende Währung würde, so lautet die Überlegung, die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie verbessern. Dies wiederum erhöht die Exporte und stärkt die nationale Produktion und Beschäftigung.

Doch die Länder, deren Währungen dann entsprechend aufwerten, werden über kurz oder lang wohl dagegen vorgehen, denn sie wollen nicht die Leidtragenden sein. Sie könnten ihrerseits zu einer Abwertung des Außenwertes ihrer Währung greifen, um ihre heimische Industrie gegen die Folgen der Wechselkursabwertung des Auslands zu schützen. In diesem "Spiel“ entsteht ganz offensichtlich der Anreiz, der erste sein zu wollen, der abwertet. Denn so kann man hoffen, zumindest kurzfristig Wettbewerbsvorteile im Außenhandel zu erzielen, die der heimischen Wirtschaft zugutekommen. Und weil eben Währungsabwertungen des einen Landes Abwertungen der anderen Länder provozieren könnten, spricht man von der Gefahr eines "Abwertungswettlaufes“.


"Beggar thy Neighor"

Ein Abwertungswettlauf wird auch als "Beggar thy Neighor“ (übersetzt lautet es: "Bettel Deinen Nachbarn an“) bezeichnet und hat eine historische Parallele in den frühen 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs war der internationale Goldstandard zerstört (Ausnahme waren die Vereinigten Staaten von Amerika: Der US-Dollar blieb an das Gold gebunden). Es herrschte internationale "Währungsunordnung“. Während das Britische Pfund bis 1920 etwa 35 Prozent gegenüber seiner Goldparität, die vor dem Ersten Weltkrieg herrschte, verloren hatte, hatten der Französische Franc 64 Prozent, der Belgische Franc 62 Prozent, die Italienische Lira 71 Prozent und die Deutsche Reichsmark 96 Prozent gegenüber dem Gold abgewertet. Im Jahr 1922 wurde dann auf der Genua-Konferenz beschlossen, die Weltwährungsordnung gemäß einem Gold-Devisen-Standard neu zu ordnen.

Daraufhin beschloss Großbritannien im Jahr 1925, das Britische Pfund wieder an das Gold anzubinden; während des Ersten Weltkrieges war ja die Goldeinlösbarkeit des Pfundes, wie die so vieler anderer Währungen, aufgehoben worden. Die britische Regierung entschied sich, zur Vorkriegs-Goldparität zurückzukehren, die bei etwa 4,86 US-Dollar pro Pfund Sterling lag (wobei 20,67 US-Dollar für eine Feinunze Gold zu bezahlen waren). Allerdings hatte die Kriegszeit das Pfund deutlich abwerten lassen - es handelte nur noch bei etwa 3,50 US-Dollar pro Pfund, im Februar 1920 waren es nur noch 3,20 US-Dollar pro Pfund. Mit anderen Worten: Der Außenwert des Pfunds hatte um 30 bis 35 Prozent gegenüber seiner Vorkriegs-Goldparität abgewertet.

Die Rückkehr des Britischen Pfundes zum Gold zu einem Kurs von 4,86 US-Dollar führte folglich zu einer Überbewertung der britischen Währung. Weil die britischen Löhne und Preise nicht ausreichend fielen, ließen die Folgen nicht lange auf sich warten. Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit britischer Gü-ter verschlechterte sich immer mehr, es kam zu rezessiven Entwicklungen, die Arbeitslosigkeit stieg.

Dann, im Zuge der weltweiten Wirtschaftsdepression, die ab 1929 einsetzte, verschlechterte sich die britische Wirtschaftslage drastisch. Eine Spekulation gegen das Pfund setzte ein. Um den überbewerteten Pfund-Kurs zu halten, musste die Bank von England immer mehr Pfund aufkaufen gegen Herausgabe von Gold. Am 19. September 1931 setzte die Bank von England die Goldeinlösbarkeit des Pfundes aus. Nach dieser Entscheidung verlor das Pfund in nur drei Monaten etwa 30 Prozent seines Außenwertes gegenüber dem Gold beziehungsweise US-Dollar (der nach wie vor an das Gold angebunden war).




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