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"Abwertungswettlauf“ - was sich dahinter verbirgt

22.02.2013  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Das Ende der Goldeinlösbarkeit des Britischen Pfundes markierte das Ende des Gold-Devisen-Standards. Denn viele andere Länder folgten dem britischen Beispiel. In der Zeit 1929 bis 1936 kehrten sich 59 Länder von der Goldbindung ab. Wie die Briten gingen auch sie auf "Papiergeldwährungen“ über, die keinerlei Einlösbarkeit in Gold mehr vorsahen, und deren Wechselkurs sich frei am Markt bildete. Das Ergebnis waren vor allem Geldwertschwund und zuweilen sehr starke Abwertungen der Währungen gegeneinander, natürlich vor allem gegenüber dem Gold.

Der Übergang zu einem Währungssystem, das keine Verankerung mehr im Gold hatte, brachte schwere Erschütterungen mit sich - zusätzlich zu den Schwierigkeiten, für die die Große Depression sorgte. Das weltweite Wirtschafts- und Finanzsystem desintegrierte. Die wirtschaftliche Not provozierte immer mehr politische Eingriffe in das Marktgeschehen. Es kam zu Beschränkungen des internationalen Waren- und Kapitalverkehrs, Devisenkontrollen, Zöllen und anderen Hemmnissen (Protektionismus) - und vor allem Abwertungswettläufen.


Was bestimmt den Wechselkurs?

Wenn heute über einen möglichen "Abwertungswettlauf" gesprochen wird, stellt sich zunächst die Frage: Wie lässt sich der Außenwert einer Währung abwerten? Die Wirtschaftstheorie hält eine Reihe von Erklärungen bereit. Die vermutlich überzeugendste ist die folgende: Die Politik, den Außenwert der eigenen Währung (nachhaltig) zu schwächen, erfordert ein Ausweiten der Geldmenge, und zwar muss die heimische Geldmenge stärker ausgeweitet werden, als die ausländische Geldmenge zunimmt. Eine Abwertungspolitik läuft also auf eine Inflationspolitik hinaus; und ein Abwertungswettlauf liefe auf einen Wettlauf um die höchste Inflation hinaus.

Ein solcher Abwertungswettlauf wäre ökonomisch natürlich schädlich. Die Geldentwertungspolitik schadet der heimischen Investitionstätigkeit, dem Wachstum und damit auch der Beschäftigung. Sie führt aber auch für alle anderen ein schlechtes Ergebnis herbei: Wenn alle am Handel beteiligten Län-der auf eine inflationäre Abwertungspolitik einschwenken, wird es letztlich keinem Land gelingen, den Außenwert seiner Währung dauerhaft abzusen-ken. Und wie die 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts gezeigt haben, beeinträchtigen auch die denkbaren Folgeerscheinungen in Form von stark schwankenden Wechselkursen und Protektionismus die internationale Arbeits-teilung, Handel und damit den Wohlstand.


Die Not der Stunde

Mittlerweile scheint aber die Befürchtung der Regierungen, Zentralbanken und Mainstream-Ökonomen so groß geworden zu sein, die Finanz- und Wirtschaftskrise könnte sich zu einer noch größeren Misere auswachsen, dass selbst eine Beggar-thy-Neighbor-Politik wieder auf der Politikagenda erschienen ist. Die japanische Regierung hat - angesichts der zusehends dramatischeren Finanz- und Wirtschaftslage ihres Landes - bereits ein beträchtliches Ausweiten der Yen-(Basis-)Geldmenge in Aussicht gestellt - und der Yen-Außenwert ging entsprechend auf Talfahrt. Auch der Außenwert des Britischen Pfundes, ja selbst der des Schweizer Franken könnten nun Opfer der Politik der Wechselkursschwächung werden.

Einige europäische Regierungen sind mittlerweile unruhig geworden angesichts der Aussicht, der Euro-Außenwert könnte weiter erstarken. Stimmen werden laut, die von der Geldpolitik fordern, dagegen vorzugehen. Es ist übrigens ausdrücklich im EU-Vertragswerk vorgesehen, dass die Regierungen ein Wort mitzureden haben, wenn es um die Frage geht, wie der Außenwert des Euro gegenüber Drittwährungen gestaltet werden soll. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Regierungen das als eine rechtmäßige Einflussnahme auf die Geldpolitik deuten und auf eine Devisenmarktintervention der EZB zur Schwächung des Euro-Außenwertes drängen könnten.

Für Sparer und Investoren ist es vor allem wichtig zu erkennen, dass (1) sich hinter dem Begriff "Abwertungswettlauf“ in letzter Konsequenz eine Politik der Geldwertschmälerung verbirgt und dass (2) solch eine Politik die aktuellen Probleme (wie etwa ein schwaches Wirtschaftswachstum) nicht lösen, sondern lediglich neue schaffen würde. Es bleibt daher zu hoffen, dass ein internatio-naler Abwertungswettlauf ausbleibt.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



"Die Banknote oder das Staatspapiergeld haben sich nur dadurch einführen können, daß der Staat oder die Notenbank versprachen, den ausgegebenen Papiergeldschein jederzeit in Gold umzutauschen. Diese Möglichkeit der Einlösung in Gold jederzeit sicherzustellen, muss also das Bestreben aller Papiergeldherausgeber sein. Ein Staat oder eine Notenbank, die diese Möglichkeit durch Fahrlässigkeit oder Willkür verscherzen, versündigen sich gegen die Staatsbürger.“ Hjalmar Schacht, 76 Jahre meines Lebens, 1953, S. 207 - 208.




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