Euro- und Schuldenkrise - (wie) geht es weiter?
27.06.2011 | Frank Amann
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7) Das beste Vorsorgeprogramm ist Ihre geistige, seelische und körperliche Gesundheit! Die Entwicklung und Bewahrung der eigenen Fähig- und Fertigkeiten sowie die körperliche und geistig-seelische Gesundheit des Einzelnen sind die besten Altersvorsorgegaranten, die sich über jede (staatlich vorgegebene) Altersgrenze hinwegsetzen. Wer diese Grundannahme verinnerlicht, hat bereits einen wesentlichen Schritt zur klugen Altersvorsorge getan, denn nichts ist krisensicherer als die Gesamtheit der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten, Kenntnisse und Ziele.Zur Erinnerung: In Deutschland kam es im 20. Jahrhundert immerhin zu zwei Währungszusammenbrüchen - mit verheerenden Konsequenzen für die Altersvorsorge seiner Bürger. Ohne die Rolle und den Zustand des Weltfinanzsystems an dieser Stelle vertiefen zu wollen, muß jedem klar sein, daß es immer nur eine relative Sicherheit bzgl. aller Geld- oder sonstiger Vermögenswerte geben kann. Insofern sollte die andere "Schiene" der Altersversorgung, die Entwicklung und Bewahrung der persönlichen sozialen, mentalen und emotionalen Kräfte sorgsam gepflegt werden.
Ergänzung: Dem gibt es nichts hinzuzufügen, es hat an Bedeutung nur noch gewonnen.
8) Ziehen Sie die Kapitalauszahlung - wo immer möglich - der Option einer Rente vor. Die reichhaltigen Angebote der Versicherungsgesellschaften, Ihr Kapital zu vereinnahmen und Ihnen dafür eine monatliche Rente zu bezahlen, schränkt Ihre Flexibilität insofern ein, als es in der Regel keine Möglichkeit gibt, diesen Schritt wieder rückgängig zu machen. Zudem kalkulieren die Versicherungsgesellschaften derartig vorsichtig, daß Sie schon steinalt werden müssen, damit nicht die Versicherungsgesellschaft, sondern Sie - es ist ja Ihr Geld - daran verdienen.
Ergänzung: U.a. die Versicherungsgesellschaften (als größte Kapitalsammelstellen) werden die großen Verlierer der Zukunft sein. Wobei - streng genommen - es nicht die Versicherungen selbst sind (einige davon werden untergehen, andere werden überleben), vielmehr ist es das Vermögen der Versicherten, das einer harten fortdauernden Belastungsprobe unterzogen werden wird. Die staatlichen Möglichkeiten, hier Auszahlungsstopps oder eine Reduktion der Leistung von Amts wegen anzuordnen, ist denkbar einfach; wer es nicht glaubt, möge einfach § 89 des Versicherungsaufsichtsgesellschaftengesetzes (VAG) lesen. Schon aus diesem Grund halten wir es für nicht besonders ratsam, Kapital bei (Lebens-) Versicherungsgesellschaften zu deponieren und darauf zu hoffen, daß da schon nichts "anbrennen" wird.
9) Je früher Sie mit dem Aufbau einer eigenen Altersvorsorge beginnen, desto besser. Wir alle kennen die Geschichte, was aus einem Cent geworden wäre, wenn man ihn bei Christi Geburt angelegt hätte. Im Übrigen ist der Mensch nun einmal ein Gewohnheitstier, und je früher er sich daran gewöhnt zu sparen, desto leichter tut er sich damit. Auch dieser Gedanke kann gar nicht früh genug in die Erziehung bei Kindern einfließen.
Ergänzung: Auch wenn man natürlich zu dem Schluß kommen könnte, daß das Sparen angesichts der bevorstehenden Herausforderung an sich gar keinen Sinn mehr macht: Wer frühzeitig (schon als Jugendlicher) immer ein Quentchen weniger ausgibt als er sich leisten könnte, wird erfahrungsgemäß immer mehr Spielräume haben, und zwar auch und gerade dann, wenn die Umstände unübersichtlich und das Budget enger zu werden droht.
10) Holen Sie sich qualifizierten Rat ein. Zahlen Sie lieber ein Honorar an einen unabhängigen Berater, als sich von einer Heerschar an Verkäufern mit Bildern von einer Yacht im Mittelmeer oder einem (gar nicht so) seniorengerechten Gefährt aus Zuffenhausen den Mund wässrig machen zu lassen. Sie haben es wahrscheinlich auch schon in anderen Bereichen Ihres Lebens gemerkt: Weniger ist manchmal mehr, und jeden Tag müssen sich die Marketingprofis der Finanzproduktanbieter wieder etwas Neues einfallen lassen, um an Ihr sauer verdientes Geld zu kommen.
Ergänzung: Unsere Tätigkeit als Berater, obwohl vielleicht auf den ersten Blick nicht erkennbar, hat sich gravierend geändert. War es uns früher wichtig, unter den vielen Finanzprodukten die individuell richtigen herauszufiltern, so wird in Zukunft z.B. die Frage nach einem halben Prozent hin oder her für die nächsten Wochen, Monate und vermutlich Jahre eher nebensächlich sein. Vielmehr wird es darauf ankommen, die eigene (Finanz-) Architektur auf die bevorstehenden immer schneller wechselnden Herausforderungen konsequent anzupassen, um den drohenden "Stürmen" bestmöglich trotzen zu können. Flexible Robustheit ist die Zauberformel - sowohl für das eigene Finanzkonzept, als auch für die eigene körperliche, geistige und seelische Konstitution. Komplizierte (und komplexe) Schönwettermodelle aller Art haben ausgedient. Das heißt nicht, daß alles, was früher richtig war, nun falsch ist, aber klar sein muß, daß wir auf unabsehbare Zeit unter dem Damoklesschwert diverser System(-zusammen)brüche zu arbeiten und zu leben haben.
© Frank Amann
Seniorberater und Aufsichtsrat der Erste Finanz- und Berater-AG in Deutschland (efv-AG)
www.efv-ag.de
(1) Außerplanmäßiger Universitätsprofessor für Volkswirtschaftslehre in Siegen
(2) Der Lastenausgleich regelte ab 1948 über diverse Gesetze, daß diejenigen denen erhebliches Vermögen verblieben war (insbesondere Immobilien), die Hälfte des Vermögens nach dem Stand vom 21.6.1948 in einen Ausgleichsfonds einzahlen mußten (in 120 vierteljährlichen Raten)