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Ist die EZB solvent?

17.06.2011  |  James Turk
In einem brillanten, detailliert recherchierten Bericht der Vereinigung OpenEurope.org.uk wird die Solvenz der Europäischen Zentralbank in Frage gestellt. Die unabhängige Denkfabrik ist der Meinung, "die EU muss radikale Reformen auf Grundlage von wirtschaftlicher Liberalisierung, einer freieren und flexibleren Struktur sowie höherer Transparenz und größerer Verantwortlichkeit unternehmen", damit die "überladenen Institutionen der EU, die von den europäischen Bürgern wenig geschätzt werden […] den Herausforderungen eines schwachen Wirtschaftswachstums, steigender globaler Konkurrenz, Unsicherheit und drohender demographischer Krisen" gerecht werden können.

In der Pressemitteilung, die die Veröffentlichung des englischen Berichts (mit dem Titel "A HOUSE BUILT ON SAND? - The ECB and the hidden cost of saving the euro" // Ein Wackelkandidat? - Die EZB und die versteckten Kosten für Euro-Sparer) ankündigt, werden die wichtigen Punkte, die ich im Folgenden zitieren werde, kurz und treffend zusammengefasst.

Meine Anmerkungen dazu stehen kursiv in Klammern.

  • "Parallel zu den viele Milliarden schweren Interventionen des IWF und der EU sorgt die auch EZB für Rettungspakete, indem sie die insolventen Banken mit billigen Krediten versorgt und die wackligen Staaten der Eurozone stützt, auch wenn dies gegen die eigens aufgestellten Gesetze verstößt." [Hervorhebung durch den Autor]. Letztendlich haften die Steuerzahler für die EZB - was heißen soll, dass in den Bilanzen der EZB versteckte - und potentiell gewaltige - Kosten für die Steuerzahler lauern."

  • "Folglich machen die Bilanzen der EZB jetzt einen immer anfälligeren Eindruck. Unseren Schätzungen zufolge ist die EZB derzeit mit ca. 444 Milliarden € in problematischen EU-Wirtschaften (den sogenannten PIIGS) engagiert, was knapp dem gemeinsamen BIP der Länder Finnland und Österreich entspricht. Obwohl nicht alle dieser Finanzanlagen und Kredite per se "schlecht" sind, so könnten doch viele von ihnen der EZB schwere Verluste bereiten, sollte sich die Krise der Eurozone ausweiten. Und kritisch ist Folgendes: In insolventen Ländern wurde den angeschlagenen Banken die Auslagerung oder Verschiebung riskanter Anlagen in die Bilanzen der EZB erlaubt (wofür diese Banken im Gegenzug wiederum EZB-Kredite erhielten). Und viele dieser Finanzanlagen sind extrem schwer zu bewerten." [Aber aller Wahrscheinlichkeit nach liegt ihr eigentlicher Wert weit unter dem Buchwert, der in den Bilanzen der EZB auftaucht.]

  • "Insgesamt hat die EZB jetzt einen Verschuldungsgrad von 23 oder 24/1 erreicht und verfügt nur über 82 Milliarden € Kapital und Reserven […]. Würden die von der EZB gehaltenen Aktivposten um nur 4,25% abwerten - beispielsweise durch Buchungsverluste bei vergebenen Krediten oder angekauften Staatsanleihen - so wäre die gesamte Eigenkapitalbasis der EZB vernichtet." [Die EZB, die mit den Rettungspakten den Interessen der verschuldeten Nationalstaaten dient, ist genauso überschuldet wie diese.]

  • "Da es in Griechenland in den nächsten Jahren wahrscheinlich zum Schuldausfall kommt (in dessen Verlauf ebenfalls Banken scheitern), sind solche schweren Verluste kein weit hergeholtes Risiko mehr - auch wenn es ein neues Rettungspaket von der EU oder vom IWF geben sollte. [Open Europe zeigt sich an dieser Stelle außergewöhnlich optimistisch - "Monate" ja selbst "Wochen" gehören für einen solchen Schuldenausfall zu ganz realen Möglichkeiten; aber aus praktischer Sicht kam es in Griechenland schon zum Schuldausfall, da das Land nicht die Fähigkeit hat - und vielleicht nicht einmal den Willen - seine Schulden zurückzuzahlen.] Unseren Schätzungen zufolge hat die EZB griechische Finanzanlagen in Höhe von ca. 190 Milliarden € in ihre Bilanz genommen [mehr als das Doppelte der Eigenkapitalbasis der EZB], um damit den griechischen Staat und griechische Banken zu stützen.

    Würde die Hälfte der griechischen Schulden umgeschuldet werden - was notwenig ist, um die Verschuldung des Landes auf ein tragbares Niveau zu senken - dann würden der EZB Verluste entstehen - aus gekauften Staatsanleihen sowie von griechischen Banken hinterlegten Finanzanlagen, die sich zwischen 44,5 Mrd. € und 88 Mrd. € bewegen. Das entspräche einer Wertminderung der EZB-Aktivposten von insgesamt 2,35 % oder 3,47% - womit die Eigenkapitaldecke der europäischen Zentralbank bald vernichtet wäre." [Auch hier zeigt sich Open Europe wieder überaus nachsichtig in der Annahme, dass nur die Hälfte der griechischen Schulden umgeschuldet wird. Immerhin sind beide Hälften gleich schlecht.]





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