Zypern und die (Währungs-)Folgen
08.04.2013 | Klaus Singer
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Ein weiterer Beleg für die Strukturprobleme ist die Gegenüberstellung der BIP-Entwicklung in den Emerging Markets zu der in den industrialisierten Ländern.
Die Zentralbanken haben begonnen, das wirtschaftspolitische Heft selbst in die Hand zu nehmen und handeln an Stelle der Politik, der das bis zu einem gewissen Ausmaß recht ist. Das jüngste Beispiel hierfür lieferte die Bank of Japan.
Die letzten, die sich darüber Illusionen machen, dass sich die bisherige Geldflutpolitik als zunehmend ineffizient erweist, dürften die Zentralbanker selbst sein. Den Hinweis von EZB-Draghi, es werde über neue unkonventielle Maßnahmen nachgedacht, sollte man perspektivisch ernst nehmen.
Niels C. Jensen spekuliert, dass die Zentralbanken eine koordinierte Aktion vorbereiten, um das globale wirtschaftliche und monetäre System neu zu organisieren. Möglicherweise müssten hierzu die politischen Führer an die Wand gedrückt und so zu einheitlichem Handeln gezwungen werden, was nur in einer scharfen Krise möglich ist, schreibt er.
Diese neue "Ordnung“ würde zunächst wohl auf eine neue Reserverwährung hinauslaufen, die den Dollar ablöst. Damit wären die USA aus ihrem Dilemma (s.o.) befreit, was der Wirtschaft dort wohl sehr helfen wird. Der Trend, Produktion ins Land zurückzuholen, hat bereits begonnen. Mag sein, dass im selben Atemzug der Euro zu existieren aufhört - angesichts der besonders großen strukturellen Probleme und ihrer unterschiedlichen regionalen Ausprägung in Europa ist diese Währungsunion sowieso ein Auslauf-Modell.
Bis es so weit ist, dürfte die Hauptmasse der kritischen Staatsschulden in den Bilanzen der Notenbanken gelandet sein, meint Jensen. Damit ist die Kontrolle v.a. der langfristigen Zinsen auch kein Problem. Dann dürfte eine radikale Restrukturierung der Staatsschulden folgen, insbesondere des nicht in den offiziellen Bilanzen stehenden Teils (Pensionsrückstellungen, Sozialsystems usw.).
Vielleicht werden im selben Atemzug auch die größten Banken auf der Welt aufgebrochen, meint Jensen und warnt, das sei zwar alles Spekulation und würde womöglich nie eintreten. Aber wetten sollte man darauf nicht. Ob zwischenzeitlich eine neue Bullphase im Dollar-Index die nächste Finanz-Krise vorbereitet (Vorbild 1995 bis 2000/2001?) oder ob die aus einer ganz anderen (politischen oder militärischen) Ecke kommt, ist schwer zu sagen.
Genauso steht es mit dem Timing. Zunächst dürfte die laxe Geldpolitik ungebremst weiter gehen und die Risikoneigung weiterhin hoch halten, was sich u.a. an der sehr verhaltenen Reaktion auf die Zypern-Krise zeigte. Nullzinsen, Geldflut und zunehmende Risikoneigung führen zu Asset-Blasen und deren Platzen führt in die nächste Finanz-Krise - ein womöglich für die Zentralbanken im obigen Sinne nicht ganz unwillkommenes Szenario.
Ich kann der Spekulation von Jensen einiges abgewinnen. Die Zentralbanken werden den von ihnen eingeschlagenen Weg weitergehen und dafür sorgen, dass die Politik umsetzt, was sie für richtig halten. Ob die Zentralbanken dabei aber zu einer einheitlichen Strategie finden, ist eine spannende Frage. Dass die Fed so oder so dominieren wird, gilt für mich als ausgemacht. Womöglich steuert tatsächlich alles auf den (Krisenhöhe-)Punkt zu, an dem es nur noch besser werden kann. Mag sein, dass schizophrenerweise die Aktienkurse kurz davor ihr Hoch hatten.
© Klaus G. Singer
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