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Ausblicke eines Langwellenexperten (Teil 1)

03.08.2011  |  Clif Droke
David Knox Barker ist einer der führenden Experten auf dem Gebiet des langfristigen Wirtschaftzyklus, auch bekannt als Kondratjew-Zyklus ("K Wave"). Barker kann auf eine beeindruckende Karriere als Finanzmarktautor und Langzyklenanalyst verweisen, er ist zudem Unternehmer im Wachstumsbereich der Nanotechnologie.

In den späten 1980er und in den 1990er Jahren war Barker bekannt für seine aufschlussreichen und akkuraten Einschätzungen zur US-Wirtschaft und den Finanzmärkten, die er in seinem Newsletter "K Wave Report" veröffentlichte. Heute beschäftigt er sich in seinem Long Wave Dynamics Letter mit den globalen Finanzmärkten und den zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklungen.

Barker und ich sprachen kürzlich über seine Sicht auf die zukünftigen Entwicklungen in den USA und den Schwellenwirtschaften, wobei die Szenarien Inflation/ Deflation im Fokus standen. Thema war unter anderem auch die Schuldenkrise, China und die zukünftige Entwicklung des Ölpreises. Es folgt eine Transkription dieses Interviews.


Clif Droke: Mr. Barker, wo befinden wir uns im inflationären/ deflationären Zyklus? Gehen Sie immer noch davon aus, dass wir bis zum erwarteten Langzyklentief im Jahr 2012 noch jede Menge Deflation bekommen werden?

David Knox Barker: Ja. Ich bin immer noch im deflationären Lager. [Der Zyklus] könnte sich aufgrund quantitativer Lockerungen und staatlicher Stimuli über 2012 hinaus erstrecken. Im Jahr 2013 erwarte ich dann wirklich die Talsohle der Langwelle - mit Blick auf das, was seit letztem Jahr in Form staatlicher Stimuli auf den Weg gebracht wurde. Denken Sie an die 600 Milliarden $ durch QE: Langfristig bewirkt das meiner Meinung nach gar nichts, aber auf kurze Sicht wird der Zyklus etwas gestreckt. Auf lange Sicht machen quantitative Lockerungen die Deflation aber nur noch schlimmer, als sie normalerweise wäre.


Clif Droke: Wie das?

David Knox Barker: Quantitative Lockerungen und Gelddrucken machen einen großen Unterschied. Bei quantitativen Lockerungen entsteht auch immer eine Gegenschuld. Und wenn man eine hochbesteuerte Person oder Unternehmen ist, weiß man, dass irgendjemand diese Schulden letztendlich begleichen muss - wahrscheinlich man selbst. Es hat also tatsächlich eine dämpfende Wirkung auf die Wirtschaft.

Und es gibt auch noch einen weiteren Aspekt bezüglich quantitativer Lockerungen, den Bernanke meiner Meinung nach nicht zur Kenntnis nimmt: Er heizt die Deflation mit QE an, weil damit Betreiber und Produzenten am Markt gehalten werden, die vielleicht schon nicht mehr im Geschäft sein sollten; die Hersteller im gesamten Güter- und Dienstleistungsbereich würden so wieder Preismacht erhalten. Wenn die schwächeren Betreiber aber im Geschäft bleiben dürfen, hat das letztendlich einen deflationären Effekt.


Clif Droke: In letzter Zeit hörte man immer wieder das Mantra "wir brauchen höhere Steuern", um das fiskale Chaos in den USA zu beseitigen. Sind Steuererhöhungen in einer Rezession aus Ihrer Sicht nicht ein Beispiel schlechter Wirtschaftspolitik?

David Knox Barker: Steuererhöhungen wären im langfristigen Zyklus derzeit ein Desaster. Wenn heute die frühen 1990er wären, könnte man darüber reden. Wir haben es mit Ausgaben und Besteuerung versucht, und es funktioniert nicht. Der einzige Ausweg sind niedrigere Körperschaftssteuern. Ich bin für eine faire Besteuerung, aber ich merke, dass diese wahrscheinlich nicht kommen wird. Das Nächstbeste wäre eine radikale Senkung der Körperschaftssteuer, um Stellenwachstum und Geschäftsinvestitionen zu stimulieren. Ohne eine Senkung des Steuersatzes wird es dazu ganz einfach nicht kommen.

Es ist schon komisch, dass die Medien bei dieser Thematik immer Leute in den Fokus rücken, die schon ihren gerechten Anteil zahlen, aber wenn ich von einer Senkung der Körperschaftssteuer rede, dann nicht, weil ich zu den Großunternehmen nett sein will. Ich möchte nett zu den Angestellten sein. Alles was steigende Körperschaftssteuern bringen, sind steigende Preise und sinkende Löhne. Irgendwann werden wir auch einen Politiker haben, der das zum Ausdruck bringen kann. Es ist gar nicht so schwer zu durchsteigen: Wenn man die Steuern für die Unternehmen erhöht, zahlen die ihren Angestellten weniger und verlangen mehr für ihre Produkte.


Clif Droke: In Ihrer letzten Ausgabe von Long Wave Dynamics schrieben sie: "Ab einen bestimmten Punkt ziehen Schulden rückläufige Erträge nach sich, und die entwickelte Welt hat diesen Punkt schon vor einiger Zeit erreicht." Das würde doch auch erklären, warum sich die Wirtschaft, trotzdem die Fed krampfhaft versucht, Liquidität bereitzustellen, bisher nicht revitalisieren konnte?

David Knox Barker: Richtig. Es gibt Überproduktion in allen Bereichen, und das geschieht mithilfe steigender Verschuldung. Der Grundansatz von QE war angeblich die Steigerung der Kreditaufnahme und der Unternehmensaktivität. Überall, in allen Bereichen von Dienstleistungen bis Produktion, herrscht aktuell Überproduktion, von allem wird zuviel produziert. Was wir brauchen, sind völlig neue Industrien - und die kommen mit langzyklischen Innovationen und niedrigeren Steuern. Der Stimulus funktioniert aber einfach nicht - und hier triff der alte Spruch "Wasser im Sieb tragen" wirklich zu. Die Hedgefonds wollen Kredite aufnehmen, um Rohstoffe zu kaufen. Und die Banken nehmen das geschöpfte Geld und kaufen damit US-Staatsanleihen. Sie schaffen aber keine Wirtschaftsaktivität und echtes, nachhaltiges Wachstum.




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