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Ausblicke eines Langwellenexperten (Teil 1)

03.08.2011  |  Clif Droke
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Ich denke, Bernanke glaubt tatsächlich an das, was er macht, aber es funktioniert schlicht und einfach nicht. Er begreift nicht, was hier passiert. In seinem Rechenschaftsbericht vor dem Kongress sagte Bernanke im Grunde: "Ich verstehe nicht, was mit der Wirtschaft gerade passiert." Was er nicht versteht, ist die Theorie der Langwelle. Er versteht nicht, dass er Wasser im Sieb trägt und dass wir in Wirklichkeit von den Schulden loskommen müssen und etwas Austerität brauchen. Die Vorstellung, wir könnten die Wirtschaftsprobleme ganz ohne Opfer hinter uns lassen, ist dumm; wir brauchen schmerzliche Anpassungen, um uns auf die andere Seite zu bringen.

Daneben gibt es aber auch einen positiven Aspekt - und zwar die Schwellenwirtschaften. Wenn man sich die ganze Inflations-/Deflationsfrage anschaut, zeigt sich auf Seiten der entwickelten Länder im Grund Deflation. Mit den Schwellenmärkten, ihrer wachsenden Mittelklasse und der Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen, gibt es im globalen System einen ausgleichenden inflationären Druck.


Clif Droke: Sie hatten jüngst auch die Möglichkeit einer "sanften Landung" für die aktuelle Langwelle diskutiert. Wie hoch stehen Ihrer Ansicht nach die Chancen, eine solche sanfte Landung zu schaffen und was müsste getan werden?

David Knox Barker: Also wenn die Körperschaftssteuer bei 15% wäre und sich tatsächlich reale Ausgaben einstellen würden, dann wäre ein sanftes Erreichen des Langwellentiefs wirklich machbar. Für manche Körperschaften wäre es sicher schmerzhaft. Das Problem sind auch die großen multinationalen Unternehmen, die aufgrund ihres politischen Einflusses günstige Besteuerung genießen. Die kleinen Körperschaften zahlen aber viel höhere Steuern. Ich lege beispielsweise viel Geld in kleinen Körperschaften an, und ich selbst zahle 40% Steuern, die Großen aber nicht. Die Kleinen können sich keine Zahlungen leisten, damit sie Ausnahmen in der Steuergesetzgebung bekommen. Im Grunde sind das kriminelle Zustände.

Ich würde Obama unterstützen, falls er die Körperschaftssteuer auf 15% senken würde, ich würde auch die Schließung aller Steuerschlupflöcher fordern. Warum sollte ein kleines Unternehmen, das zu kämpfen hat und 10, 50 oder 100 Angestellte beschäftigt, einen Steuersatz von 40% haben, während die anderen nichts bezahlen? Also: Senkung der Körperschaftssteuer und Schließung aller Steuerschlupflöcher; das würde meiner Ansicht nach zu einem massiven Kapitalzufluss in die USA führen - im Umfang von mehreren Billionen Dollar. Das würde alle möglichen Arten von Investitionen, Ideen und Kreativität im System freisetzen - und für einen Boom sorgen. Und am Ende würde man mit viel höheren Steuereinnahmen dastehen.


Clif Droke: Ist die Kreditkrise schon vorüber, oder wird der Schuldenaderlass und das Deleveraging weitergehen? Die Frage ist: War die 2008er Krise sprichwörtlich "ein Schuss vor den Bug" oder war es ein Einzelereignis?

David Knox Barker: Sie war ein Schuss vor den Bug. Meiner Meinung nach kommt noch eine größere Kreditkrise. Die meisten der Großbanken sind insolvent. Wir haben kein Liquiditätsproblem wir haben ein Solvenzproblem. Die Fed kann das System liquide halten, sie kann jedoch keine Solvenz schaffen.


Clif Droke: Könnten Sie das etwas genauer erklären?

David Knox Barker: Wenn die Zinsen auf null gesetzt werden, hat man im Grunde eine versteckte Besteuerung der gewissenhaften Sparer in diesem Land, die an die Großbanken geht. Der Bailout ist um einiges größer als die meisten denken. Oma Barker bekommt zum Beispiel null Prozent Zinsen auf ihr Erspartes. Die Großbanken zahlen ihr null Prozent, und sie geben dem Staat Kredite - ob nun eine 10-Jahre-Anleihe zu drei Prozent oder zu einem Mischsatz - und stecken die Differenz in die eigenen Taschen.

Hier haben wir einen enormen Bailout, über den allgemein nicht gesprochen wird, und er zerstört die Wirtschaft. Die Zinssätze wären sowieso niedrig, wenn auch nicht ganz so niedrig, und es würde nicht die Differenz geben, die die großen Banken einstreichen. Und so hält die Fed das System liquide. Sie schöpft die Einnahmen dort und auch die Einnahmen der großen Banken. Sie hat nur ein Ziel: Liquidität, nicht Solvenz.

Man hofft, mit Liquidität auch das Solvenzproblem lösen zu können, aber wenn die Preise für private und kommerzielle Immobilien abwärts tendieren, wird das Solvenzproblem größer und größer. Und irgendwann wird das Solvenzproblem die Liquidität, die die Fed ins System pumpt, einfach übermannen, und dann kommt eine neue Krisenphase und die Deflation schlägt zu.


Clif Droke: Sie hatten geschrieben, der einzige Weg aus dem globalen Finanzchaos sei Austerität. Könnte Sie Ihre Aussage etwas ausführen?

David Knox Barker: Wir haben mehr ausgegeben, als wir uns eigentlich leisten konnten - über unsere Verhältnisse gelebt. Wir müssen uns zurücknehmen, und wir müssen uns vor allem auf Kapitalbildung, Sparen und Investitionen konzentrieren. Wir können ein Schuldenproblem nicht mit mehr Schulden lösen. Das ist aberwitzig.


Clif Droke: Wie stehen die Chancen, dass eine dritte Runde QE kommt? Und falls sie kommt, wann wird es Ihrer Meinung nach so weit sein?

David Knox Barker: Ich hoffe, sie kommt nicht. Wenn die nächste große Kreditkrisenphase ansteht und Deflation ins System kommt, kann ich mir kaum vorstellen, dass Bernanke nicht die Erlaubnis für eine weitere Runde quantitativer Lockerungen bekommen wird. Ich glaube allerdings nicht, dass es politisch tragfähig ist, ein QE 3- Programm zu bringen, das die kommende Deflation stoppen würde. Um die nächste Phase der Kreditkrise zu stoppen, würde es derart viel QE brauchen, dass die Fed politische Probleme bekäme.


Clif Droke: Bill Gross von PIMCO sorgte jüngst für Schlagzeilen mit seiner negativen Einschätzung der US-Staatsanleihen. Lag Mr. Gross, nach Ihrer Interpretation der Langwelle, falsch, als er bei langfristigen Anleihen short ging? Und wie ist ihr langfristiger Ausblick auf Anleihen - mit Blick auf den langfristigen Zyklus und wo wir uns dort aktuell befinden?

David Knox Barker: Mr. Gross ist um einiges schlauer als ich, aber hier hat er sich offenbar vertan; Anleihen steigen weiter und die Zinsen sinken. Ich denke, hier sehen wir aktuell die Schwäche der Langwelle. Längerfristig gedacht, wird er schon Recht behalten, aber bis 2013 wird die langlaufende Anleihe weiter nach oben tendieren. Ich denke, die USA werden ihr Schuldenproblem begreifen und man wird sich dem Problem zuwenden. Das ist auch einer der Gründe, warum ich glaube, dass die langlaufende Anleihe weiter nach oben tendieren wird. In der entwickelten Welt haben wir ein Schuldenproblem und ein Deflationsproblem. Das heißt, die Preise der deutschen, der Schweizer und der US-amerikanischen Anleihen werden weiter steigen und die Zinsen werden sogar noch weiter sinken, denn wenn die Kreditkrise an Fahrt gewinnt, wird es noch weniger Nachfrage im System geben.

Lesen sie weiter: Teil 2 ...


© Clif Droke
www.clifdroke.com

Dieser Artikel wurde am 13.07.11 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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