Gold: Preissturz beschädigt Image als "sicherer Hafen"
22.04.2013 | Thorsten Proettel
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Höhere Goldkäufe in China fraglichIn Indien führte der Preissturz ebenfalls zu erhöhten Goldkäufen von Kleinanlegern, nachdem der schwache Außenwert der Rupie und die Erhöhung der Importsteuer das Edelmetall über einen längeren Zeitraum seit Ende 2011 für viele Menschen unerschwinglich erschienen ließ. Dieser Nachholbedarf wird nun abgebaut. Fraglich ist hingegen wie sich die Anleger in China als dem weltweit zweitgrößtem Goldmarkt verhalten. In der Vergangenheit war eine hohe Goldnachfrage stets das Ergebnis von hohem Wirtschaftswachstum mit steigender Kaufkraft und umgekehrt.
Die jüngst veröffentlichten Daten zum Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal 2013 enttäuschten jedenfalls. Anstatt um 8% wie von den meisten Volkswirten erwartet stieg die Wirtschaftsleistung nur um 7,7% gegenüber dem Vorjahresquartal. Außerdem wird den Chinesen eine gewisse Spielermentalität im Umgang mit Kapitalanlagen nachgesagt. Gefragt sind demnach vor allem bislang im Wert gestiegene Anlagen. Der heftige Preisrutsch kratzt an diesem Image und ein weniger großes Interesse chinesischer Anleger an Gold wäre denkbar.
Image von Goldanlagen hat gelitten
Der Nimbus des Goldes als "sicherer Hafen“ ist aber nicht nur in China, sondern weltweit zumindest ein Stück weit beschädigt. Vermutlich werden deshalb auch in den Notenbanken, die bislang Gold aufkauften, Überlegungen angestrengt, ob weitere Käufe sinnvoll sind. Ob sich die rekordhohen Erwerbungen der Notenbanken aus dem Jahr 2012 mit 535 Tonnen auch dieses Jahr erreicht werden können ist ohnehin offen. Bislang zählte Russland zu den größten Käufern doch die erwähnte Zielmarke eines Goldanteils in Höhe von 10% der Währungsreserven wurde bereits letztes Jahre annährend erreicht und die Neuerwerbungen deshalb gedrosselt.
Treiber der Goldhausse verlieren Bedeutung
Daneben behalten weiterhin die schon mehrfach an dieser Stelle beschriebenen Gründe für das Ende der langfristigen Goldhausse seit 2001 ihre Gültigkeit. Das Dehedging der Goldminen, das durch die Abwicklung über Bullion Banks zu einer zusätzlichen Goldnachfrage führt ist weitgehend abgeschlossen. Möglich ist dagegen ein eher zunehmendes Absicherungsinteresse, wodurch vermehrt Gold auf den Markt kommen würde. Die Dynamik der erst seit der Jahrtausendwende frei auf dem Goldmarkt agierenden Schwellenländer China und Indien dürfte zukünftig weniger hoch ausfallen wie in der Vergangenheit. Und der Nachholbedarf westlicher Anleger nach rund drei Dekaden Goldabstinenz wurde bereits in den Jahren 2007 bis 2011 abgearbeitet.
Probleme weiterhin vorhanden
Gleichwohl muss auch festgehalten werden, dass der Rückgang des Goldpreises keineswegs mit einem Rückgang der Unsicherheiten verbunden ist, die von der Staatsschuldenkrise in den Europa und anderen Problemen ausgehen. Außerdem hat sich an den grundsätzlichen strategischen Absicherungseigenschaften des Edelmetalls nichts geändert.
Fazit
Der starke Absturz des Goldpreises von 1.560 USD Anfang April auf 1.321 USD im Tief führte bislang nur zu einer leichten Erholung der Notierungen, die sich aktuell ungefähr bei 1.390 USD je Feinunze bewegen. Die starken Goldkäufe von Kleinanlegern in der westlichen Welt und auch in Indien dürften kurzfristig eine weitere Preiserholung unterstützen.
Im weiteren Verlauf rechnen wir allerdings mit einem Rückgang des Goldpreises in den Bereich von 1.350 bis 1.300 USD, da vermutlich der Abverkauf von Goldanlagen anhalten wird. Für diese Annahme spricht im wichtigen Anlegermarkt USA das hohe Wirtschaftswachstum von voraussichtlich 2% in diesem Jahr und 3% 2014. Außerdem macht die Aktienhausse Umschichtungen in Dividendentitel attraktiv. Trotz der starken ETC-Verkäufe sollte nicht vergessen werden, dass der Weltmarktführer SPDR aus den USA bislang nur einen Rückgang seiner Goldbestände in Höhe von etwa 15% seit dem Höchststand verkraften musste.
Im Umkehrschluss bedeutet dies ein hohes Potenzial für weitere Verkäufe. Außerdem werden viele Goldanleger höhere Preise vermutlich als willkommene Ausstiegsgelegenheit nutzen. Die neue ultralockere Geldpolitik Japans dürfte hingegen kaum ins Gewicht fallen, da dort Goldanlagen von der alternden Bevölkerung trotz horrender Staatsverschuldung in den letzten Jahren sogar per Saldo verkauft wurden. Die Marke von 1.300 USD je Feinunze dürfte sich allerdings vorerst als Preisuntergrenze etablieren. Die Notierungen werden in diesem Bereich vermutlich von einer nachlassenden Minenförderung gestützt und angesichts der nach wie vor vorhandenen Probleme rund um Banken, Währungen und Staatsfinanzen dürften sich die Anlegerverkäufe auf taktische Positionen aber nicht auf strategische konzentrieren.
© Thorsten Proettel
Commodity Analyst
Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
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