Was war nochmal Geld?
04.05.2013 | Steve Saville
Es folgt ein Auszug aus einem Kommentar, der ursprünglich am 21. April 2013 auf www.speculative-investor.com veröffentlicht wurde.
Es herrscht viel Verwirrung beim Thema Geld, gerade wenn es um die Frage geht, was nun eigentlich zum Geldangebot gehört und was nicht. Ziel dieses kurzen Artikels ist es, dieses Thema ein wenig zu entwirren.
Der Grund, warum wir dieses Thema in unserem heutigen Beitrag erneut aufzugreifen, waren die ersten Absätze aus John Hussmans Kurzbeitrag vom 15. April. Auch wenn Hussman keine einschneidenden Fehler bei seinen Kommentaren zum Geldangebot unterlaufen sind, so tragen sie dennoch eher zur allgemeinen Verwirrung bei, weil nicht klar zwischen Bankenreserven, elektronischem Geld ("Bit und Bytes") auf Sicht- und Sparkonten sowie der umlaufenden physischen Währung (Banknoten und Münzen) unterschieden wird. Im Rahmen des folgenden Artikels werde ich elektronisches Geld auf Bankkonten fortab als “Einlagewährung“ bezeichnen.
Zuerst sollte folgender Punkt verstanden werden: In der US-Wirtschaft zirkulieren nur 10% des binnenwirtschaftlichen Geldangebots (Grundlage ist das True Money Supply, TMS) in Form physischer Banknoten und Münzen. Der Rest ist Einlagewährung. Falls die prozentualen Verhältnisse unverändert blieben, würden folglich für jeden neuen Dollar in physischer Währung ca. 9 $ in Einlagewährung zum Geldangebot hinzukommen.
Als Beispiel: Da die umlaufende physische Dollar-Währung seit Beginn der "QE-Programme" der Fed im September 2008 um 320 Mrd. $ gestiegen ist, wäre es nur normal, wenn die Menge der Einlagewährung im selben Zeitraum um ca. 2,9 Billionen $ angestiegen ist - was unterm Strich eine Gesamtzuwachs beim True Money Supply von 3,2 Bill. $ ergeben würde. Unseren Berechnungen zufolge ist das TMS in diesem Zeitraum tatsächlich um 3,7 Bill. $ angewachsen, was immer noch ganz grob im Bereich der Zahlen oben liegt (und was eigentlich auch kaum anderes zu erwarten war, da die öffentliche Nachfrage nach physischer Währung sicherlich nicht mit der elektronischen Druckerpresse der Fed Schritt halten konnte).
Der zweite Punkt, der verstanden werden sollte: Bankenreserven dürfen nicht zum Geldangebot gezählten (sie sind nicht für Ausgaben innerhalb der Wirtschaft verfügbar) und werden daher nicht in die Berechnung des TMS einbezogen. (Anmerkung: Bankenreserven kommen bei der Berechnung von M1, M2, M3 und MZM ebenfalls nicht zum Tragen.) Das hat auch zur Folge, dass sich die "Bit und Bytes", die auf den Konten der Bankenkunden gehalten werden (und welche in der Tat Geldangebot sind) von jenen "Bit und Bytes" unterscheiden, die von den Geschäftsbanken als Reserven vorgehalten werden. Es ist wichtig, diese nicht zu verwechseln.
Der dritte Punkt, der verstanden werden sollte: Wenn die Fed Vermögensanlagen im Rahmen ihrer “QE-Programme“ monetisiert, dann erhöhen sich damit nicht allein die Bankenreserven; hier werden Bankenreserven UND Einlagewährung im gleichen Dollar-Umfang erhöht! Als Beispiel: Wenn ein Primärhändler der Fed Anleihen im Wert von 100 Millionen $ verkauft, dann erhöht die Fed den Kontostand des Händlers um 100 Mrd. $ und die Reserven der Bank des Händlers um ebenfalls 100 Mrd. $.
Der vierte Punkt, der verstanden werden sollte: Ob nun ein Dollar in Einlagewährung oder ein Dollar in physischer Währung zugeführt wird, macht keinen Unterschied für den inflationären Effekt. Er ist in beiden Fällen gegeben. Und schließlich muss Einlagewährung auf Wunsch auch in physische Währung konvertiert werden. Aktuell existiert deutlich mehr Einlagewährung als physische Währung, aber die Fed hätte jederzeit die Möglichkeit, Unterschied zwischen den physischen Währungsmengen, die Banken vorrätig haben und den physischen Mengen, die die Bankkunden fordern auszugleichen.
Das waren also die wichtigen Punkte, die wir (erneut) anbringen wollten. Jetzt sollen allerdings noch ein paar weitere wissenswerte Punkte folgen.
a) Geldmarktfonds (money market funds) sind kein Geld, sie sind zinsbringende Wertpapiere.
b) Termineinlagen (Festgeldkonten) sind kein Geld, sie sind Kredite an die Bank.
c) Man könnte jetzt einwenden, dass auch Spareinlagen aus denselben Gründen kein Geld seien, doch der entscheidende Unterschied zwischen diesen beiden Einlagetypen ist folgender: Spareinlagen sind auf Wunsch gleich verfügbar, während man bei Festgeldkonten die Möglichkeit unmittelbarer Nutzung für einen bestimmten Zeitraum aufgibt. Aus diesem Grund werden Sparkonten auch zum Geldangebot gezählt.
d) Das Geldangebot kann nicht durch Geld beeinflusst werden, das in oder aus dem Aktien- oder Anleihemarkt geht, weil Geld nie in oder aus irgendeinem Markt geht. Denn bei jeder Transaktion gibt es immer einen Käufer und einen Verkäufer; beim Kauf von Vermögensanlagen kommt es also zu Transfers zwischen Bankkonten und nicht zu einem Geldfluss zu oder zu einem Geldfluss aus einer bestimmten Vermögensanlage. Man kann es auch so formulieren: Das wirtschaftsweit vorhandenen Geldstände können nicht im Ergebnis steigender oder fallender Vermögenspreise schrumpfen oder sich ausweiten.
e) Die Gesamtmenge aller Barmittel in der Wirtschaft muss immer von irgendjemanden gehalten werden; ein Anstieg der Barmittelmenge spiegelt also kein allgemein steigendes Verlangen nach Barmittelbesitz wieder. Er spiegelt einfach nur einen Anstieg des Geldangebots wieder. Sollte sich zum Beispiel in den nächsten 12 Monaten das US-Geldangebot um 1 Billion $ erhöhen, dann würde sich die Summe aller Barmittelbestände in den nächsten 12 Monaten um 1 Billion $ erhöhen müssen, ganz gleich, ob die Durchschnittsperson/ das Durchschnittsunternehmen mehr Bargeld besitzen möchte oder nicht. Dazu ein weiteres Beispiel: Es wurde viel über die steigenden Geldmengen in den Bilanzen von US-Unternehmen geredet, Tatsache ist aber auch, dass irgendjemand all das zusätzliche Geld, das geschöpft wurde, halten muss. Wenn es keinen Unternehmen sind, dann eben die allgemeine Öffentlichkeit.
f) In modernen, entwickelten Ländern wie zum Beispiel den USA kann das Geldangebot nur durch Monetisierung von Wertpapieren durch Zentralbanken und/ oder durch Kreditausweitung seitens der Geschäftsbanken steigen; sinken kann es nur, wenn Zentralbanken Wertpapiere verkaufen, die Kreditvergabe der Geschäftsbanken schrumpft und/ oder wenn Geldeinlagen durch Bankenbankrotte ausgelöscht werden.
g) Unversicherte Geldeinlagen können im Fall eines Bankenbankrotts ausgelöscht werden; aus zwei Gründen wird das aber in den USA in der Regel nicht passieren. Erstens machen Eigen- und Fremdkapital der großen US-Banken im Durchschnitt ca. 30% ihrer Gesamtaktiva aus, und das heißt, dass die Banken bei ihren Gesamtanlagen einen Wertverlust von mindestens 30% verlieren müssten, bevor unversicherte Einleger ins Fadenkreuz geraten. Zweitens scheint die Fed Willens, für alles Bürgschaften zu übernehmen, indem sie von ihrer Fähigkeit, unbegrenzte Mengen Neugeld zu schöpfen, Gebrauch macht.
© Steve Saville
www.speculative-investor.com
Regelmäßige Finanzmarktprognosen und -analysen stehen auf unserer Webseite www.speculative-investor.com zur Verfügung. Zurzeit bieten wir keine kostenlosen Probeabos an, aber Gratisbeispiele unserer Arbeit (Auszüge aus unseren regelmäßig erscheinenden Kommentaren) können Sie unter www.speculative-investor.com/new/freesamples.html abrufen.
Dieser Artikel wurde am 23. April 2013 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.
Es herrscht viel Verwirrung beim Thema Geld, gerade wenn es um die Frage geht, was nun eigentlich zum Geldangebot gehört und was nicht. Ziel dieses kurzen Artikels ist es, dieses Thema ein wenig zu entwirren.
Der Grund, warum wir dieses Thema in unserem heutigen Beitrag erneut aufzugreifen, waren die ersten Absätze aus John Hussmans Kurzbeitrag vom 15. April. Auch wenn Hussman keine einschneidenden Fehler bei seinen Kommentaren zum Geldangebot unterlaufen sind, so tragen sie dennoch eher zur allgemeinen Verwirrung bei, weil nicht klar zwischen Bankenreserven, elektronischem Geld ("Bit und Bytes") auf Sicht- und Sparkonten sowie der umlaufenden physischen Währung (Banknoten und Münzen) unterschieden wird. Im Rahmen des folgenden Artikels werde ich elektronisches Geld auf Bankkonten fortab als “Einlagewährung“ bezeichnen.
Zuerst sollte folgender Punkt verstanden werden: In der US-Wirtschaft zirkulieren nur 10% des binnenwirtschaftlichen Geldangebots (Grundlage ist das True Money Supply, TMS) in Form physischer Banknoten und Münzen. Der Rest ist Einlagewährung. Falls die prozentualen Verhältnisse unverändert blieben, würden folglich für jeden neuen Dollar in physischer Währung ca. 9 $ in Einlagewährung zum Geldangebot hinzukommen.
Als Beispiel: Da die umlaufende physische Dollar-Währung seit Beginn der "QE-Programme" der Fed im September 2008 um 320 Mrd. $ gestiegen ist, wäre es nur normal, wenn die Menge der Einlagewährung im selben Zeitraum um ca. 2,9 Billionen $ angestiegen ist - was unterm Strich eine Gesamtzuwachs beim True Money Supply von 3,2 Bill. $ ergeben würde. Unseren Berechnungen zufolge ist das TMS in diesem Zeitraum tatsächlich um 3,7 Bill. $ angewachsen, was immer noch ganz grob im Bereich der Zahlen oben liegt (und was eigentlich auch kaum anderes zu erwarten war, da die öffentliche Nachfrage nach physischer Währung sicherlich nicht mit der elektronischen Druckerpresse der Fed Schritt halten konnte).
Der zweite Punkt, der verstanden werden sollte: Bankenreserven dürfen nicht zum Geldangebot gezählten (sie sind nicht für Ausgaben innerhalb der Wirtschaft verfügbar) und werden daher nicht in die Berechnung des TMS einbezogen. (Anmerkung: Bankenreserven kommen bei der Berechnung von M1, M2, M3 und MZM ebenfalls nicht zum Tragen.) Das hat auch zur Folge, dass sich die "Bit und Bytes", die auf den Konten der Bankenkunden gehalten werden (und welche in der Tat Geldangebot sind) von jenen "Bit und Bytes" unterscheiden, die von den Geschäftsbanken als Reserven vorgehalten werden. Es ist wichtig, diese nicht zu verwechseln.
Der dritte Punkt, der verstanden werden sollte: Wenn die Fed Vermögensanlagen im Rahmen ihrer “QE-Programme“ monetisiert, dann erhöhen sich damit nicht allein die Bankenreserven; hier werden Bankenreserven UND Einlagewährung im gleichen Dollar-Umfang erhöht! Als Beispiel: Wenn ein Primärhändler der Fed Anleihen im Wert von 100 Millionen $ verkauft, dann erhöht die Fed den Kontostand des Händlers um 100 Mrd. $ und die Reserven der Bank des Händlers um ebenfalls 100 Mrd. $.
Der vierte Punkt, der verstanden werden sollte: Ob nun ein Dollar in Einlagewährung oder ein Dollar in physischer Währung zugeführt wird, macht keinen Unterschied für den inflationären Effekt. Er ist in beiden Fällen gegeben. Und schließlich muss Einlagewährung auf Wunsch auch in physische Währung konvertiert werden. Aktuell existiert deutlich mehr Einlagewährung als physische Währung, aber die Fed hätte jederzeit die Möglichkeit, Unterschied zwischen den physischen Währungsmengen, die Banken vorrätig haben und den physischen Mengen, die die Bankkunden fordern auszugleichen.
Das waren also die wichtigen Punkte, die wir (erneut) anbringen wollten. Jetzt sollen allerdings noch ein paar weitere wissenswerte Punkte folgen.
a) Geldmarktfonds (money market funds) sind kein Geld, sie sind zinsbringende Wertpapiere.
b) Termineinlagen (Festgeldkonten) sind kein Geld, sie sind Kredite an die Bank.
c) Man könnte jetzt einwenden, dass auch Spareinlagen aus denselben Gründen kein Geld seien, doch der entscheidende Unterschied zwischen diesen beiden Einlagetypen ist folgender: Spareinlagen sind auf Wunsch gleich verfügbar, während man bei Festgeldkonten die Möglichkeit unmittelbarer Nutzung für einen bestimmten Zeitraum aufgibt. Aus diesem Grund werden Sparkonten auch zum Geldangebot gezählt.
d) Das Geldangebot kann nicht durch Geld beeinflusst werden, das in oder aus dem Aktien- oder Anleihemarkt geht, weil Geld nie in oder aus irgendeinem Markt geht. Denn bei jeder Transaktion gibt es immer einen Käufer und einen Verkäufer; beim Kauf von Vermögensanlagen kommt es also zu Transfers zwischen Bankkonten und nicht zu einem Geldfluss zu oder zu einem Geldfluss aus einer bestimmten Vermögensanlage. Man kann es auch so formulieren: Das wirtschaftsweit vorhandenen Geldstände können nicht im Ergebnis steigender oder fallender Vermögenspreise schrumpfen oder sich ausweiten.
e) Die Gesamtmenge aller Barmittel in der Wirtschaft muss immer von irgendjemanden gehalten werden; ein Anstieg der Barmittelmenge spiegelt also kein allgemein steigendes Verlangen nach Barmittelbesitz wieder. Er spiegelt einfach nur einen Anstieg des Geldangebots wieder. Sollte sich zum Beispiel in den nächsten 12 Monaten das US-Geldangebot um 1 Billion $ erhöhen, dann würde sich die Summe aller Barmittelbestände in den nächsten 12 Monaten um 1 Billion $ erhöhen müssen, ganz gleich, ob die Durchschnittsperson/ das Durchschnittsunternehmen mehr Bargeld besitzen möchte oder nicht. Dazu ein weiteres Beispiel: Es wurde viel über die steigenden Geldmengen in den Bilanzen von US-Unternehmen geredet, Tatsache ist aber auch, dass irgendjemand all das zusätzliche Geld, das geschöpft wurde, halten muss. Wenn es keinen Unternehmen sind, dann eben die allgemeine Öffentlichkeit.
f) In modernen, entwickelten Ländern wie zum Beispiel den USA kann das Geldangebot nur durch Monetisierung von Wertpapieren durch Zentralbanken und/ oder durch Kreditausweitung seitens der Geschäftsbanken steigen; sinken kann es nur, wenn Zentralbanken Wertpapiere verkaufen, die Kreditvergabe der Geschäftsbanken schrumpft und/ oder wenn Geldeinlagen durch Bankenbankrotte ausgelöscht werden.
g) Unversicherte Geldeinlagen können im Fall eines Bankenbankrotts ausgelöscht werden; aus zwei Gründen wird das aber in den USA in der Regel nicht passieren. Erstens machen Eigen- und Fremdkapital der großen US-Banken im Durchschnitt ca. 30% ihrer Gesamtaktiva aus, und das heißt, dass die Banken bei ihren Gesamtanlagen einen Wertverlust von mindestens 30% verlieren müssten, bevor unversicherte Einleger ins Fadenkreuz geraten. Zweitens scheint die Fed Willens, für alles Bürgschaften zu übernehmen, indem sie von ihrer Fähigkeit, unbegrenzte Mengen Neugeld zu schöpfen, Gebrauch macht.
© Steve Saville
www.speculative-investor.com
Regelmäßige Finanzmarktprognosen und -analysen stehen auf unserer Webseite www.speculative-investor.com zur Verfügung. Zurzeit bieten wir keine kostenlosen Probeabos an, aber Gratisbeispiele unserer Arbeit (Auszüge aus unseren regelmäßig erscheinenden Kommentaren) können Sie unter www.speculative-investor.com/new/freesamples.html abrufen.
Dieser Artikel wurde am 23. April 2013 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.