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Politik und Kapital

16.08.2011  |  Robert Rethfeld
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Die aktuelle Politik reflektiert Volksstimmungen. In Großbritannien dürfte nach den Unruhen ein gedanklicher Prozess einsetzen, etwa nach dem Motto: "War es richtig, die Ausgaben im Gefolge der Finanzkrise von 2007/08 dermaßen zusammenzustreichen? Haben wir nicht eine Verantwortung dafür, dass eine derart aggressive Unterschicht gar nicht erst entstehen kann? So dürfte das "Herz der Briten" in den kommenden Wochen und Monaten in Richtung "links" pendeln. Woher jedoch das Geld nehmen, um soziale Programme fahren zu können? Die Steuern für die Wohlhabenden erhöhen? Vorstellbar. Und wenn das nicht reicht? Dann wird Geld gedruckt, was mittelfristig zu höheren Inflationsraten führt. Doch die Erfahrung zeigt: Die Wohlhabenden können sich einigermaßen vor Inflation schützen, die unteren und mittleren Schichten nicht. Inflation ist ein Mittel, das Volksaufständen weiteren Vorschub leistet.

Aufstände sind so ziemlich das letzte, womit die Politik konfrontiert werden möchte. Ob in China in Großbritannien, in Spanien oder auch in Deutschland. Also wird die Politik näher an das Volk heranrücken. Eine Sondersituation ergibt sich in den USA. Dort werden die Werte der Gründerväter durch die Tea Party-Bewegung hochgehalten. Die Tea-Party setzt sich für eine schwächere Rolle des Staates ein. Die Bewegung ist eine rechte, konservative Bewegung.

Ausgabenkürzungen sind per se deflationär. Auch wenn die Amerikaner in ihrer Mehrheit derzeit nichts von staatlichen Konjunkturprogrammen wissen wollen: Die Zeit einer Gegenbewegung zu Tea Party wird kommen. Es werden überwiegend jüngere, sozial schwächere sein, die sich der Tea Party entgegenstellen werden. Noch vor der Wahl im November 2012 könnte diese Bewegung entstehen. Zur Wahl käme es zum "Showdown" zwischen der Tea Party und den sozial Schwachen bzw. Ausgegrenzten. Zur Tea Party und den Implikationen siehe auch unsere Kolumne: „Retter und Reaktionäre“ aus dem vergangenen Oktober.

Welche Rolle spielen in diesem Umfeld die Banken? In der "Welt" wird ein interessantes Buch des Historikers Götz Aly besprochen http://tinyurl.com/3uhsk29: „Die Kraft, aus der sich der Judenhass speist, sei der Neid. Die "Rassentheorie" von der Minderwertigkeit der Juden sei nur darüber gestülpt worden, um dem Neid eine gesellschaftlich akzeptable Begründung zu verpassen", heißt es dort. Der Aufstieg der Rothschilds ist das Paradebeispiel eines Weges aus beengten Verhältnissen im Frankfurter jüdischen Ghetto zu einer großen Bankiers-Dynastie. Schon vor der Finanzkrise vorhandene Neid- und Missgunstgefühle gegenüber den Banken sind durch die Finanzkrise und die Bail-Outs durch den Staat verstärkt worden. Es ist anzunehmen, dass sich die Antipathie gegenüber den Banken in den kommenden Monaten weiter verstärken wird, sollten die politischen Strömungen links und rechts des Mainstreams hinzugewinnen. Ein System verstaatlichter Geld- und Kreditverwaltung ist durchaus vorstellbar.

Während die Gesellschaft in Zeiten des Aufschwungs einer breiten Strömung ohne große Konturen gleichkommt, zerfällt sie in einem länger andauernden Abschwung in Untergruppierungen. Diese entwickeln spitz zueinander stehende Lösungsansätze für ein weiteres gesellschaftliches Miteinander. Sich schärfende Konturen führen zu gesellschaftlichen Auseinandersetzungen.

In Zeiten, in denen die Ungleichverteilung von Arbeitsplätzen und Einkommen zunimmt, entwickeln sich Verteilungskämpfe, die von den Parteien aufgesogen werden. Eine nicht ganz unwichtige Frage steht im Raum: Es geht darum, wer die Zeche der Verschuldung zahlt. Die Wohlhabenden - die sich mit Gold oder Sachwerten gegen Inflation schützen - müssten ein Interesse haben, Inflation zuzulassen. Die unteren und mittleren Einkommensschichten müssten Inflation fürchten. Sie dürften an Einkommenssteuer-Erhöhungen bzw. an der Wiedereinführung der Vermögenssteuer interessiert sein. Die politische Debatte wird diese Strömungen auch in Deutschland reflektieren. Der Rückgang der Linken ist der vergleichsweise geringen Arbeitslosigkeit in Deutschland zu verdanken. Das kann und wird sich mit der nächsten Rezession verändern. Steuererhöhungen insbesondere im oberen Einkommenssektor werden weltweit als eine Lösungsmöglichkeit für die Verschuldungskrise angesehen werden.

Die Partei "Die Linke" spielt aktuell kaum eine Rolle. Wenn heute Bundestagswahlen wären, würde die Partei einen Anteil von 7% erreichen. Im Wirtschaftskrisenjahr 2009 erreichte die Linke einen Anteil von 13%. Profiteure des seit Mitte 2009 laufenden Aufschwungs sind die Grünen als "Wohlfühlpartei". In einer Phase des wirtschaftlichen Abschwungs dürfte die Linke als "Unwohlfühlpartei" ähnliche Prozentwerte erreichen wie heute die Grünen. Wir haben diese Zusammenhänge bereits im Jahr 2004 in unserer Kolumne namens "Rechts, Links, Bürgerlich" beschrieben.

Verfolgen Sie die Entwicklung der Finanzmärkte in unserer handelstäglichen Frühausgabe.


© Robert Rethfeld
www.wellenreiter-invest.de



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