Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Geldpolitik: Nicht ohne Risiken und Nebenwirkungen

03.06.2013  |  Carsten Klude
- Seite 2 -
Steigende Immobilienpreise haben - auch dank eines boomenden Aktienmarktes - dazu beigetragen, dass sich die Vermögenssituation der meisten Privathaushalte verbessert hat, wodurch das Konsumentenvertrauen zuletzt auf ein Fünfjahreshoch angestiegen ist. Zuversichtliche Konsumenten sind wiederum bereit, neue Schulden aufzunehmen (für die außerdem nur geringe Zinsen zu bezahlen sind), womit der Kauf von Autos und anderen Wirtschaftsgütern finanziert werden kann. Ein "virtuos cycle“ ist die Folge, der letztendlich sogar dazu führen kann, dass die Schuldenquote des Staates in Zukunft stabilisiert, vielleicht sogar reduziert werden kann. Vorausgesetzt, das Wirtschaftswachstum ist hoch genug.

Open in new window


Im Unterschied zu den USA ist in der Eurozone hingegen nichts von einem derartigen positiven Wirtschaftskreislauf zu erkennen, obwohl auch die EZB die Zinsen massiv gesenkt und den Bankensektor mit Liquidität geflutet hat (man denke an die beiden 3-Jahres-Tender, die Ende 2011 und Anfang 2012 begeben wurden). Der entscheidende Unterschied zwischen den USA und der Eurozone liegt darin, dass der geldpolitische Transmissionsmechanismus in der Europäischen Währungsunion nicht funktioniert. Die Liquidität, die die EZB den europäischen Banken zur Verfügung stellt, wird von diesen eben nicht dazu verwendet, neue Kredite zu vergeben.

Dies hat verschiedene Gründe. So haben europäische Banken - vor allem die aus der Peripherie - zum Teil immer noch erhebliche Kreditrisiken in ihren Büchern. Da im Unterschied zu den USA die Häuserpreise in vielen europäischen Ländern weiter sinken, erschlechtert sich damit die Qualität der Kreditsicherheiten. Zudem sorgt die geringe Wettbewerbsfähigkeit der Eurozone dafür, dass die wirtschaftliche Dynamik geringer bleibt als es in den USA der Fall ist. Als Folge hiervon entlassen viele Unternehmen ihre Arbeiter und Angestellten, wodurch die Arbeitslosigkeit weiter ansteigt. Sinkende Erträge bei den Unternehmen und steigende Arbeitslosenquoten bedeuten für die Banken, dass auch noch die Qualität ihrer Kreditnehmer sinkt. Auch dies wirkt sich negativ auf die Kreditvergabe aus. Und zu guter (eher schlechter) Letzt führt die zunehmende Regulierung der Banken in der Eurozone dazu, dass weniger Kredite vergeben werden können.

So hat beispielsweise der Deutsche Bundestag in der vergangenen Woche beschlossen, die Eigenkapitalvorschriften für Banken zu verschärfen (Basel III). Bis zum Jahr 2019 müssen Banken ihre Kernkapitalquote von bislang vier auf dann sieben Prozent erhöhen. Für systemrelevante Banken wird diese Quote sogar auf neun Prozent (für national systemrelevante Banken wie die Commerzbank) bzw. auf 10,5 Prozent (für global systemrelevante Banken wir die Deutsche Bank) angehoben. Im Unterschied zu den USA kommt es in der Eurozone somit also zu einem "vicious cycle“, einem Teufelskreis, der dazu führt, dass die Schuldenquote nicht stabilisiert werden kann, sondern weiter ansteigt, weil das gesamtwirtschaftliche Wachstum zu gering ist.

Im Ergebnis führen die strukturellen Rahmenbedingungen in der Eurozone also dazu, dass die Geldpolitik der EZB weniger effektiv ist als die der amerikanischen Notenbank. Nur wenn die EZB alle bisherigen Regeln und Vorsätze über Bord werfen würde und schnellstmöglich dazu überginge, die Finanzierungbedingungen für Staaten und Unternehmen und Haushalte direkt zu verbessern, könnte die Geldpolitik mehr Wirkung entfalten. Doch dies würde vermutlich auf eine explizite (und verbotene) Staatsfinanzierung hinauslaufen, also beispielsweise auf ein OMT-Programm, das nicht an Bedingungen geknüpft wird. Damit würde man dann letztendlich eine Geldpolitik betreiben, wie sie heute schon in den USA, aber auch in Japan praktiziert wird. Zudem könnte die EZB versuchen, die Kreditvergabe an Unternehmen und Haushalte anzukurbeln, beispielsweise indem sie Banken erlaubt, Kredite zu verpacken und an die EZB zu verkaufen.

Ob eine derartige radikale Veränderung der Geldpolitik von der EZB beschlossen wird, ist unseres Erachtens jedoch offen. Zum einen würde dies die bestehenden "Spielregeln“ endgültig ad absurdum führen, zum anderen ist fraglich, ob es wirklich eine Mehrheit im EZB-Rat für einen solchen drastischen Politikwechsel geben würde.

Open in new window


Eine abermalige Zinssenkung, die wir spätestens im dritten Quartal für wahrscheinlich halten, wird sich dagegen kaum positiv auf die Konjunktur auswirken. Auch die Überlegung, Banken mit Hilfe eines negativen Einlagenzinses zu einer stärkeren Kreditvergabe zu bewegen, dürfte ins Leere laufen. So würden sich die Probleme der Banken wegen weiter rückläufiger Zinserträge nochmals verschärfen. Dass Banken bereit sein werden, mehr Kredite und damit mehr Risiken einzugehen, ist aufgrund der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung in der Eurozone dagegen sehr unwahrscheinlich. Im Gegenteil: Sie könnten sogar versuchen, dem zunehmenden Druck bei den Zinserträgen dadurch auszuweichen, dass die Zinsen für Neukredite erhöht werden und nicht - wie es die eigentliche Absicht dieser Art der Geld-politik ist - diese zu senken.

Wenn im Unterschied zu den USA die Wirtschaft der Eurozone tatsächlich weniger zinsreagibel ist, dann wird die Geldpolitik alleine auch zukünftig nicht die gewünschten Effekte für das wirtschaftliche Wachstum mit sich bringen. Von daher wäre es notwendig, dass die europäischen Volkswirtschaften schneller als bisher versuchen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Dies ist ein schwieriger und unbequemer Weg, vor allem auch deshalb, weil er Politikern Wählerstimmen kosten kann. Nichtsdestotrotz ist dies aus unserer Sicht die einzig sinnvolle Möglichkeit für die Eurozone, zukünftig wieder stärker zu wachsen. Allerdings ist nicht damit zu rechnen, dass es schnelle Erfolge geben wird. Das Beispiel Deutschlands hat gezeigt, dass es ungefähr 10 Jahre dauern kann (von Mitte der 90er Jahre an), bis sich die deutsche Wirtschaft vom "kranken Mann“ zur Wachstumslokomotive gemausert hat.




Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"