Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Geldpolitik: Nicht ohne Risiken und Nebenwirkungen

03.06.2013  |  Carsten Klude
- Seite 3 -
Da von Seiten der Politik zu wenig getan wird, um die strukturellen Schwächen der Eurozone zu beseitigen, deutet vieles darauf hin, dass die EZB auf Sicht der nächsten Jahre an ihrer Niedrigzinspolitik festhalten wird und festhalten muss, selbst wenn der Erfolg einer solchen Politik begrenzt ist. Ähnlich wie es in Japan der Fall ist, droht der Eurozone somit eine "verlorene Dekade“, wobei der Leitzins in Japan schon seit Mitte der 1990er Jahre bei 0,5% und tiefer liegt. Ähnlich wie in Japan wird ein niedriger Leitzins allein
nicht helfen, die Wirtschaft der Eurozone wieder auf Wachstumskurs zu bringen.

Open in new window


Doch wie wird sich die amerikanische Notenbank verhalten? Wird die Fed in absehbarer Zeit ihre Geldpolitik ändern? Wir glauben nicht, dass dies der Fall sein wird. Zwar gibt es derzeit viele Spekulationen darüber, ob sich schon bald eine Mehrheit im Offenmarktausschuss (FOMC) finden könnte, die zumindest für eine Rückführung oder sogar ein Ende des Anleihenaufkaufprogramms votieren könnte. Doch die entscheidenden Personen im FOMC, Fed-Präsident Ben Bernanke und seine Stellvertreterin (und mögliche Nachfolgerin) Janet Yellen, haben bis zuletzt immer wieder auf die positiven Effekte der expansiven Geldpolitik hingewiesen.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt scheint uns die US-Konjunktur noch nicht robust genug zu sein, um einen Ausstieg in Erwägung zu ziehen. Denn trotz der Erholung am Immobilienmarkt, trotz optimistischerer Verbraucher und Rekordständen am Aktienmarkt bremsen die fiskalische Konsolidierung und das schwache globale Konjunkturumfeld die US-Wirtschaft. Mehr als 1,5 bis 2 Prozent Wirtschaftswachstum sind für dieses Jahr in den USA unseres Erachtens nicht zu erwarten.

Und wenn sich das Wirtschaftswachstum doch stärker erholt? Selbst in diesem Fall dürfte die US-Notenbank an ihrer expansiven Geldpolitik festhalten. Denn in dem Moment, in dem sie einen Kurswechsel ankündigt, dürfte es zu einem deutlichen Renditeanstieg am Rentenmarkt kommen. Auch wenn schwer abschätzbar ist, was genau unter einem "deutlichen“ Renditeanstieg zu verstehen ist, sprechen wir hier vermutlich nicht über einen Anstieg von 50 Basispunkten, sondern eher über eine Größenordnung von 100 bis 200 Basispunkten.

Ein solcher Zinsanstieg käme zwar vielen Anlegern gelegen, die händeringend nach Anlagealternativen suchen, doch könnte sich eine solche Entwicklung für die US-Wirtschaft als ziemlich verheerend entpuppen. Denn so positiv eine zinssensitive Volkswirtschaft in Bezug auf das Wirtschaftswachstum bei sinkenden Zinsen reagiert, so negativ fällt die konjunkturelle Reaktion im umgekehrten Fall steigender Zinsen aus. Ganz abgesehen davon, dass die wenigsten Staaten angesichts der mittlerweile erreichten Staatsschuldenquoten in der Lage wären, einen Zinsanstieg in dieser Größenordnung zu verkraften.

Zudem besteht ein nicht zu unterschätzendes Risiko darin, dass im Falle eines Zinsanstieges viele Anleger erkennen müssen, dass sie Risiken eingegangen sind, die sie eigentlich nicht tragen können. In einem solchen Fall könnte die Finanzstabilität erneut gefährdet sein. Denn die "Jagd nach Rendite“ war schon verantwortlich für den Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahre 2007, weil sich Kreditnehmer in der Annahme dauerhaft niedriger Zinsen hoch verschuldeten und Anleger Wertpapiere mit hoher Rendite kauften, deren zugrundeliegenden Risiken sie nicht kannten. Soll sich so etwas nicht wiederholen, könnte es der US-Notenbank, aber auch all den anderen, die es ihr gleich getan haben, somit ähnlich ergehen wie seinerzeit Goethes Zauberlehrling:

"… Herr und Meister! Hör mich rufen!
Ach, da kommt der Meister!
Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister
Werd ich nun nicht los. …"


Open in new window


© Carsten Klude, Dr. Christian Jasperneite, Matthias Thiel, Martin Hasse, Darian Heede
M.M.Warburg Investment Research

Quelle: Auszug aus "Konjunktur und Strategie". Den Berichten, Tabellen und Grafiken liegen vertrauenswürdige Informationen aus öffentlichen Quellen zugrunde. Für die Richtigkeit können wir jedoch keine Gewähr übernehmen. Der Inhalt ist urheberrechtlich geschützt.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"