Kupfer und der SPX
07.06.2013 | Scott Wright
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Die London Metal Exchange ist die führende Börse für Buntmetalle, an der mehr als 80% des weltweiten Geschäfts mit Buntmetallen stattfinden. Neben ihrer Funktion als Handelsplatz verwaltet die LME ein weltweites Netzwerk an Lagerhäusern, in denen physisches Metall aufbewahrt wird. Die Lagerung ist äußerst wichtig, da sie nicht nur zur Erfüllung eines Vertrages dient, sondern auch einen Zufluchtsort für ein Überangebot bietet. Da der Großteil des geförderten Kupfers im Anschluss an die Veredelung direkt zum Endverbraucher transportiert wird, ist das Volumen, das sich in den LME-Lagern befindet, recht unbedeutend. Obwohl diese Lagerbestände überschaubar sind, sind sie als Puffer zwischen Produzent und Konsument unglaublich wichtig.
Zudem spielen die LME-Bestandszahlen eine wichtige Rolle, weil sie Händlern eine Vorstellung vom wirtschaftlichen Gleichgewicht am Kupfermarkt geben. Geringe und/oder fallende Bestandzahlen deuten auf ein knapperes Angebot hin, wohingegen hohe und/oder steigende Bestandszahlen auf ein Überangebot infolge von Überproduktion und/oder eines Nachfrageschwunds hindeuten.
Natürlich können diese Faktoren den Preis erheblich beeinflussen. Da die LME die Bestandszahlen als Echtzeitdaten erfasst, bekommen wir einen einzigartigen und genauen Einblick in das wirtschaftliche Gleichgewicht des Kupfermarktes. Ein kurzer Blick auf die aktuellen Bestandszahlen gibt Aufschluss über die Abspaltung des Kupferpreises vom SPX.
In den vergangenen fünf Jahren wurden weltweit pro Tag ungefähr 53 000 Tonnen Kupfer verbraucht. LME-Bestände in Höhe von 530 000 Tonnen entsprechen also einem Kupferverbrauch von zehn Tagen. Während dieser Wert ganz bestimmt nicht auf das Ende des Bullenmarktes hindeutet, deutet er ebenso wenig auf ein angespanntes wirtschaftliches Gleichgewicht hin.
Angebotsknappheit würde bedeuten, dass die Bestände dem Verbrauch von weniger als fünf Tagen entsprechen. Die LME-Lagerbestände befanden sich im Vorfeld der Panik mehr als vier Jahre lang in dieser Gefahrenzone. Im Jahr 2005 lösten alarmierend geringe LME-Bestandzahlen, die dem Verbrauch von nur einem Tag entsprachen, neue Rekordhöchstwerte beim Kupferpreis aus.
Die inverse Korrelation in den Jahren vor der Panik verdeutlicht die Bedeutung der LME-Lagerbestände für den Preis. In jener Zeit hatten die Minengesellschaften Schwierigkeiten, mit der Nachfrage mitzuhalten, wodurch die Lagerbestände zwischen einem zwei- und viertägigen Verbrauch lagen. Als die Bestandzahlen sich ihrem Support näherten, stiegen die Preise. Als sie sich der Resistance näherten, fielen die Preise. Diese Wechselbeziehung, die für ein hohes Bestimmtheitsmaß von 73% sorgte, fand durch die berühmt-berüchtigte Börsenpanik ein Ende.
Als Weltuntergangsstimmung herrschte, hatten es die Minengesellschaften plötzlich schwieriger, Käufer zu finden, wodurch die LME-Lagerbestände einen Zuwachs erlebten. Die LME-Bestandszahlen schossen daher gleichzeitig mit dem Kupferpreisrückgang in die Höhe. Und schlussendlich gerieten die Bestandszahlen in den anschließenden Jahren durch die von der Panik ausgelöste Unsicherheit bezüglich der weltweiten wirtschaftlichen Lage aus den Fugen.
Im Großen und Ganzen kann es als positiv gesehen werden, dass Kupfer dem SPX nach der Panik folgte. Wenn dies nicht der Fall gewesen wäre und die ursprünglichen LME-Bestandskorrelation weiter bestanden hätte, wäre sein Preis nicht dementsprechend verlaufen, weil sich das wirtschaftliche Ungleichgewicht, das das Angebot belastete, entspannte.
Interessanterweise sind die höheren Bestandszahlen im Anschluss an den Anstieg während der Panik teilweise auf die Bestandsverwaltung der Verbraucher zurückzuführen. Angesichts der Unsicherheit bezüglich der wirtschaftlichen Lage strafften die Hersteller ihre Bestände, entweder aus freien Stücken oder weil sie aufgrund der mangelnden finanziellen Mittel dazu gezwungen waren.
Die wahre Lage des Kupfermarktes wurde ebenso von dem im Anschluss an die Panik stattfindenden Zuwachs der LME-Lagerbestände verschleiert, wodurch die kurzfristigen Fundamentaldaten laut International Copper Study Group (ICSG) immer noch bullisch waren. Interessanterweise blieb die Produktion von veredeltem Kupfer (wovon ungefähr 85% bergbaulich gefördert wurden) von 2009 bis 2012 um 817 000 Tonnen hinter dem Verbrauch zurück. Der Kupfermarkt verzeichnete also ein Angebotsdefizit.
Auch wenn die LME-Bestände nicht deutlich unter die Fünf-Tages-Bestandsgrenze fielen, die Händlern Anlass zur Sorge gibt, erlebten sie nach dem Anstieg während der Panik einen Abwärtstrend. Auch wenn Kupfer dem SPX stets auf den Fersen blieb, unterstützte diese Entwicklung zweifellos die höheren Kupferpreise.