Platin so günstig gegenüber Gold wie noch nie
04.10.2011 | Eugen Weinberg
Energie
Der Brentölpreis ist am Morgen auf gut 100 USD je Barrel gefallen. WTI handelt bei 77 USD je Barrel. Das ist jeweils der niedrigste Stand seit acht Wochen. Die Auszahlung der nächsten Kredittranche an Griechenland dürfte sich verzögern, nachdem am Wochenende bekannt wurde, dass die gesetzten Defizitziele von Athen erneut verfehlen werden. Dies schürt Ängste vor einem Staatsbankrott und vor einer weltweiten Rezession. Gleichzeitig scheint sich die Angebotslage am Ölmarkt schneller zu entspannen als von vielen gedacht.
Dem Chef der staatlichen libyschen Ölgesellschaft zufolge könnte Libyen bereits Ende des Jahres ein Produktionsniveau von 700 Tsd. Barrel pro Tag erreicht werden. Wir hatten wiederholt darauf hingewiesen, dass Libyen relativ schnell ein nennenswertes Produktionsniveau erreichen wird und u.a. darauf unsere im Vergleich zum Markt niedrigere Ölpreisprognose basiert. Dies scheint sich nun zu bewahrheiten. Dass der Preis noch schneller gefallen ist, liegt in erster Linie an der Eintrübung des allgemeinen Marktumfeldes. Dies macht sich auch im Verhalten der spekulativen Finanzanleger bemerkbar. Diese haben ihre Netto-Long-Positionen bei WTI in der Woche zum 27. September um 11,3 Tsd. auf 141.534 Kontrakte reduziert und liegen damit nur knapp über dem vor 5-Wochen verzeichneten Jahrestief.
Gleiches gilt für Brent, wo die Netto-Long-Positionen um 26,7 Tsd. auf 43.314 Kontrakten zurückgegangen sind und ebenfalls nur knapp über dem Tief von Mitte August liegen. Angesichts des fortgesetzten Preisrückgangs könnten beide Tiefs mittlerweile unterschritten sein.
Edelmetalle
Gold kann von seinem Ruf als sicherer Hafen in Krisenzeiten profitieren und gegen den Trend fallender Rohstoffpreise zulegen. Der Preis für die Feinunze steigt am Morgen auf ein Wochenhoch von 1.670 USD. Der schwächere Euro führt dazu, dass der Goldpreis in Euro ebenfalls deutlich zulegen kann. Mit 1.270 EUR je Feinunze kostet Gold bereits wieder knapp 100 Euro mehr als Ende letzter Woche. Der Preisrückgang um bis zu 20 Prozent vom Anfang September verzeichneten Allzeithoch ging wie von uns vermutet in erster Linie vom Futures-Markt aus.
Die spekulativen Netto-Long-Positionen bei Gold fielen in der Woche zum 27. September um 29 Tsd. auf 122,5 Tsd. Kontrakte, den niedrigsten Stand seit Mai 2009. Innerhalb von drei Wochen sind die spekulativen Netto-Long-Positionen um 66 Tsd. Kontrakte gefallen. Der Ausverkauf in der zweiten Septemberhälfte hat den Markt weitgehend bereinigt. Allerdings lagen die spekulativen Netto-Long-Positionen in der vergangenen Woche noch immer mehr als doppelt so hoch wie nach der Korrektur im Herbst 2008. Gegen eine schnelle Rückkehr zum Rekordhoch spricht auch, dass der Goldpreis mittlerweile 190 USD höher liegt als der Platinpreis.
Platin wird durch eine Anhebung der Sicherheitsanforderungen durch die CME belastet, was spekulativen Finanzanleger zur Auflösung von Long-Positionen veranlassen dürfte. Die bislang einmalige Preiskonstellation könnte dazu führen, dass Gold bei der physischen Nachfrage durch Platin substituiert wird.
Industriemetalle
Die Tatsache, dass der Kupferpreis binnen nur acht Handelstagen um 15% zurückging, mahnt in doppelter Hinsicht zur Vorsicht. Zum einen zeigt sich noch nicht die starke Nachfrage, die angesichts des anhaltenden Produktionsdefizits eigentlich unterstützend wirken sollte. Die Lagerbestände in Shanghai sind zwar zuletzt gefallen, liegen aber mit rund 98 Tsd. Tonnen noch deutlich höher als in der Wirtschaftskrise 2008/09. Außerdem gibt es in China Kupfervorräte von einigen hundert Tausend Tonnen außerhalb der SHFE-Lager, was den Importsog kurzfristig dämpft.
Zum anderen wird die Preisentwicklung von "Dr. Kupfer" oft als vorlaufender Konjunkturbarometer angesehen. Die aktuelle Preisschwäche verunsichert die Marktteilnehmer also auch, weil dieser Indikator auch die Krise von 2008 gut vorausgesagt hat. Auch wenn die Gefahren für die Weltkonjunktur nicht von der Hand zu weisen sind, glauben wir, dass der Markt kurzfristig übertreibt. Denn die Situation außerhalb der Eurozone scheint sich zurzeit zumindest zu stabilisieren.
Zuletzt haben die Einkaufsmanagerindizes in China und Großbritannien als auch der ISM-Index und die Autoabsatzzahlen in den USA sogar positiv überrascht. Dass die physischen Marktteilnehmer die aktuellen Preise bereits als attraktiv sehen, sieht man an der Entwicklung der sog. cancelled warrants an der LME, die zur Auslieferung gemeldeten Bestände anzeigen. Besonders stark sind diese zuletzt in Asien gestiegen. Allein heute steigen sie um 84% gegenüber dem Vortag auf 60 Tsd. Tonnen, den höchsten Stand seit Mai 2009. Die starke physische Nachfrage dürfte den Kupferpreis um 7.000 USD unterstützen.
Agrarrohstoffe
Insbesondere wegen der starken Preisrückgänge im September ging für viele Agrarrohstoffe das dritte Quartal mit deutlichen Preiseinbußen zu Ende. Besonders stark sanken die Preise bei Baumwolle (-39%), Kaffee (Arabica -15%, Robusta -21%) und Kakao (-18%). Auch Mais und Weizen schlossen im Minus.
Das makroökonomische Umfeld, der stärkere US-Dollar und die zunehmende Risikoaversion waren hierfür von großer Bedeutung, doch haben auch marktspezifische Nachrichten zum Rückgang beigetragen. Am Freitag hatte das USDA mit 1,128 Mrd. Scheffel zwar einen Rückgang der Maisbestände zum 1. September um 34% gegenüber dem Vorjahr gemeldet. Jedoch war der Rückgang deutlich geringer als vom Konsens erwartet. Dies trug dazu bei, dass die Notierungen für Mais allein in den letzten fünf Handelstagen um 10% nachgaben.
Die zuvor im Bereich eines Drei-Jahreshoch liegenden Preise haben auch die Nachfrage gebremst. Aus den Lagerdaten lässt sich für die drei Monate bis Ende August ein um 2,3% geringerer Verbrauch an US-Mais ablesen als im Vorjahr. Auch bei Weizen lagen die Bestände mit 2,15 Mrd. Scheffel über den Erwartungen. Während bei Mais die Anleger per Ende September noch relativ positiv gestimmt waren, ist der Pessimismus der Großanleger bei Weizen gemessen an deren Netto-Short-Positionen an der CBOT so hoch wie zuletzt im Juni 2010 kurz bevor der Weizenpreis deutlich anstieg.
CFTC Daten: Netto-Long Positionen spekulativer Finanzanleger vs. Preis
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der Brentölpreis ist am Morgen auf gut 100 USD je Barrel gefallen. WTI handelt bei 77 USD je Barrel. Das ist jeweils der niedrigste Stand seit acht Wochen. Die Auszahlung der nächsten Kredittranche an Griechenland dürfte sich verzögern, nachdem am Wochenende bekannt wurde, dass die gesetzten Defizitziele von Athen erneut verfehlen werden. Dies schürt Ängste vor einem Staatsbankrott und vor einer weltweiten Rezession. Gleichzeitig scheint sich die Angebotslage am Ölmarkt schneller zu entspannen als von vielen gedacht.
Dem Chef der staatlichen libyschen Ölgesellschaft zufolge könnte Libyen bereits Ende des Jahres ein Produktionsniveau von 700 Tsd. Barrel pro Tag erreicht werden. Wir hatten wiederholt darauf hingewiesen, dass Libyen relativ schnell ein nennenswertes Produktionsniveau erreichen wird und u.a. darauf unsere im Vergleich zum Markt niedrigere Ölpreisprognose basiert. Dies scheint sich nun zu bewahrheiten. Dass der Preis noch schneller gefallen ist, liegt in erster Linie an der Eintrübung des allgemeinen Marktumfeldes. Dies macht sich auch im Verhalten der spekulativen Finanzanleger bemerkbar. Diese haben ihre Netto-Long-Positionen bei WTI in der Woche zum 27. September um 11,3 Tsd. auf 141.534 Kontrakte reduziert und liegen damit nur knapp über dem vor 5-Wochen verzeichneten Jahrestief.
Gleiches gilt für Brent, wo die Netto-Long-Positionen um 26,7 Tsd. auf 43.314 Kontrakten zurückgegangen sind und ebenfalls nur knapp über dem Tief von Mitte August liegen. Angesichts des fortgesetzten Preisrückgangs könnten beide Tiefs mittlerweile unterschritten sein.
Edelmetalle
Gold kann von seinem Ruf als sicherer Hafen in Krisenzeiten profitieren und gegen den Trend fallender Rohstoffpreise zulegen. Der Preis für die Feinunze steigt am Morgen auf ein Wochenhoch von 1.670 USD. Der schwächere Euro führt dazu, dass der Goldpreis in Euro ebenfalls deutlich zulegen kann. Mit 1.270 EUR je Feinunze kostet Gold bereits wieder knapp 100 Euro mehr als Ende letzter Woche. Der Preisrückgang um bis zu 20 Prozent vom Anfang September verzeichneten Allzeithoch ging wie von uns vermutet in erster Linie vom Futures-Markt aus.
Die spekulativen Netto-Long-Positionen bei Gold fielen in der Woche zum 27. September um 29 Tsd. auf 122,5 Tsd. Kontrakte, den niedrigsten Stand seit Mai 2009. Innerhalb von drei Wochen sind die spekulativen Netto-Long-Positionen um 66 Tsd. Kontrakte gefallen. Der Ausverkauf in der zweiten Septemberhälfte hat den Markt weitgehend bereinigt. Allerdings lagen die spekulativen Netto-Long-Positionen in der vergangenen Woche noch immer mehr als doppelt so hoch wie nach der Korrektur im Herbst 2008. Gegen eine schnelle Rückkehr zum Rekordhoch spricht auch, dass der Goldpreis mittlerweile 190 USD höher liegt als der Platinpreis.
Platin wird durch eine Anhebung der Sicherheitsanforderungen durch die CME belastet, was spekulativen Finanzanleger zur Auflösung von Long-Positionen veranlassen dürfte. Die bislang einmalige Preiskonstellation könnte dazu führen, dass Gold bei der physischen Nachfrage durch Platin substituiert wird.
Industriemetalle
Die Tatsache, dass der Kupferpreis binnen nur acht Handelstagen um 15% zurückging, mahnt in doppelter Hinsicht zur Vorsicht. Zum einen zeigt sich noch nicht die starke Nachfrage, die angesichts des anhaltenden Produktionsdefizits eigentlich unterstützend wirken sollte. Die Lagerbestände in Shanghai sind zwar zuletzt gefallen, liegen aber mit rund 98 Tsd. Tonnen noch deutlich höher als in der Wirtschaftskrise 2008/09. Außerdem gibt es in China Kupfervorräte von einigen hundert Tausend Tonnen außerhalb der SHFE-Lager, was den Importsog kurzfristig dämpft.
Zum anderen wird die Preisentwicklung von "Dr. Kupfer" oft als vorlaufender Konjunkturbarometer angesehen. Die aktuelle Preisschwäche verunsichert die Marktteilnehmer also auch, weil dieser Indikator auch die Krise von 2008 gut vorausgesagt hat. Auch wenn die Gefahren für die Weltkonjunktur nicht von der Hand zu weisen sind, glauben wir, dass der Markt kurzfristig übertreibt. Denn die Situation außerhalb der Eurozone scheint sich zurzeit zumindest zu stabilisieren.
Zuletzt haben die Einkaufsmanagerindizes in China und Großbritannien als auch der ISM-Index und die Autoabsatzzahlen in den USA sogar positiv überrascht. Dass die physischen Marktteilnehmer die aktuellen Preise bereits als attraktiv sehen, sieht man an der Entwicklung der sog. cancelled warrants an der LME, die zur Auslieferung gemeldeten Bestände anzeigen. Besonders stark sind diese zuletzt in Asien gestiegen. Allein heute steigen sie um 84% gegenüber dem Vortag auf 60 Tsd. Tonnen, den höchsten Stand seit Mai 2009. Die starke physische Nachfrage dürfte den Kupferpreis um 7.000 USD unterstützen.
Agrarrohstoffe
Insbesondere wegen der starken Preisrückgänge im September ging für viele Agrarrohstoffe das dritte Quartal mit deutlichen Preiseinbußen zu Ende. Besonders stark sanken die Preise bei Baumwolle (-39%), Kaffee (Arabica -15%, Robusta -21%) und Kakao (-18%). Auch Mais und Weizen schlossen im Minus.
Das makroökonomische Umfeld, der stärkere US-Dollar und die zunehmende Risikoaversion waren hierfür von großer Bedeutung, doch haben auch marktspezifische Nachrichten zum Rückgang beigetragen. Am Freitag hatte das USDA mit 1,128 Mrd. Scheffel zwar einen Rückgang der Maisbestände zum 1. September um 34% gegenüber dem Vorjahr gemeldet. Jedoch war der Rückgang deutlich geringer als vom Konsens erwartet. Dies trug dazu bei, dass die Notierungen für Mais allein in den letzten fünf Handelstagen um 10% nachgaben.
Die zuvor im Bereich eines Drei-Jahreshoch liegenden Preise haben auch die Nachfrage gebremst. Aus den Lagerdaten lässt sich für die drei Monate bis Ende August ein um 2,3% geringerer Verbrauch an US-Mais ablesen als im Vorjahr. Auch bei Weizen lagen die Bestände mit 2,15 Mrd. Scheffel über den Erwartungen. Während bei Mais die Anleger per Ende September noch relativ positiv gestimmt waren, ist der Pessimismus der Großanleger bei Weizen gemessen an deren Netto-Short-Positionen an der CBOT so hoch wie zuletzt im Juni 2010 kurz bevor der Weizenpreis deutlich anstieg.
CFTC Daten: Netto-Long Positionen spekulativer Finanzanleger vs. Preis
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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