Euroland & Gold-Erholung
18.10.2011 | Jim Willie CB
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Jetzt die Euro-TrendwendeDer FOREX-Markt ist enorm gehebelt und aktiv. Hier wird Arbitrage der aktuellen wie erwarteten Zinssätze betrieben. Der Euro fängt schon an zu steigen. Erst diese Woche stieg er innerhalb nur eines Tages um 140 Basispunkte (1,4%). Heute kam es wieder zu einer großen Aufwärtsbewegung; der Euro stieg weiter 160 Basispunkte und berührte das 138-Punkte-Niveau. Schauen Sie sich an, wie sich der Abwärtstrend des Euro umkehrt. Hier gibt es eine schwach verteidigte Kurslücke zwischen 136 und 140, die gefüllt werden wird. Die Umkehr läuft. Momentum baut sich auf. Dass es bisher keine Zinssatzsenkungen gab, wird immer mehr zum Thema. Der Momentum-Indikator MACD zeigt, dass sich eine Umkehr vollzieht. Plötzlich gibt es für die Forex-Händler hier Aufwärtspotential. Die fundamentale Begründung, dass es zu einer schrumpfenden Zinsdifferenz relativ zum US-Dollar kommen werde, bewahrheitete sich nicht. Der Währungsmarkt ist dominiert von hebelnden Anleihespekulanten, die beten und die Zinsdifferenzen gegeneinander abwägen.
In Großbritannien und auf dem europäischen Festland wird aktiv Geld gedruckt, Anleihen angekauft und auch anderweitig Währungsentwertung betrieben. Nachdem die EZB ihren Leitzins bei 1,5% beließ, kam Knall auf Fall die große Ankündigung der Bank of England, man werde 75 Mrd. Pfund (=115 Mrd. US $) in die Finanzmärkte schießen. Die EZB kündigte an, man werde wieder gedeckte Pfandbriefe (covered bonds) ankaufen und wieder große Kredite an Banken vergeben.
Mit gewaltigen Terminpositionen wettete man darauf, dass der Euro relativ zum US-Dollar sinken werde. Die Glattstellungen der Short-Positionen setzt jetzt ernsthaft ein.
Die Begründung, dass aller Voraussicht eine Zinssatzsenkung ansteht, bewahrheitete sich nicht. Die Umkehr läuft - mit einigem Schwung. Es zeichnet sich ganz klar eine Verschiebung in der Risikostimmung ab, die den US-Dollars favorisierte und die ab jetzt sinken wird. Die Dollar-Kursgewinne gründeten auf der Euroschwäche, und nicht auf der Stärke der USA. Die US-amerikanischen Probleme bleiben enorm und kaum lösbar.
Gold in Euro verliert an Glanz
Mein Bauchgefühl sagte mir, die EZB werde den Leitzins nicht senken. Sie erschaudert beim Gedanken, dem amerikanischen Beispiel zu folgen. 2009 senkten sie zögerlich den Leitzins, im Wissen darum, dass das spekulative Probleme und einen steigenden Euro mit sich bringen würde, der den deutschen Export schaden würde. Trotzig erhöhten Sie den Leitzins gleich Anfang 2011 und verärgerten damit die Amerikaner, weil sie einen Abstand zu ihnen schufen. Sie empörten sich über das Erscheinen Geithners auf dem G-7-Treffen in Polen letzten Monat - wegen der Scheinheiligkeit und der Arroganz, mit der er Maßnahmen forderte.
Die erwartete Zinssatzsenkung (zu der es nie kam) war das wichtige, kurzfristige Brecheisen, um den Euro 1.000 Basispunkte nach unten zu hämmern - von 142 auf 132. Ich war aber davon ausgegangen, die Trichet-EZB möchte eine Senkung des offiziellen Leitzinses in einem Umfeld steigender Preisinflation innerhalb Europas eher vermeiden. Bislang ist der Euro wieder um 500 Basispunkte gestiegen - die Hälfte also geschafft (so wie es von mir erwartet und in privater Email-Kommunikation letzte Woche auch erwähnt wurde). Interessanterweise erwarteten sehr wenige Ökonomen eine Senkung des Leitzinses, aber der 1000 BSP-Verlust beim Euro wurde dennoch exakt einer solchen Leitzinssenkung zugeschrieben. Der Euro-Goldpreis prophezeite keine solche Senkung. Der €-Goldpreis könnte ohne Weiteres wieder auf die 1.100 €-Marke fallen - dort, wo er vor dem großen Kursverfall des Euro stand. Denn die fundamentale Rechtfertigung dafür ist nicht mehr gegeben. Ein steigender Euro und ein starker Goldpreisanstieg könnten den €-Goldpreis vielleicht dennoch stetig im 1.200er-Bereich halten.
Anders als in Euro wird dann die Goldpreisentwicklung in US $ aussehen. In US-Dollar steht Gold nun vor steigenden Kursen - möglicherweise kräftig steigenden Kursen. In Euro wird er hingegen sinken. Schauen Sie, wie der €-Goldpreis unterhalb des 50-Tage-Durchschnitts kämpft. Es bleibt abzuwarten, ob er schon bald unter den 100-Tage-Durchschnitt sinkt. Im MACD ist es noch nicht zu einer Überschneidung gekommen, obwohl nah dran. Wahrscheinlich werden die Linien herumtanzen und sich berühren - sich aber nicht bullisch überschneiden. Man sollte ebenfalls beachten, dass der Goldpreis in US $ von seinem 1.600-Impulsboden abgeprallt ist.